STUTTGART (dpa/lsw) — Schwan­ge­re haben verschie­de­ne Möglich­kei­ten, wo sie ihr Kind gebären wollen: klassisch im Kreiß­saal, in spezi­el­len Geburts­häu­sern oder etwa bei sich zu Hause. In Baden-Württem­berg gibt es eine inter­es­san­te Entwicklung.

Die Zahl der Babys, die nicht in Kranken­häu­sern zur Welt kommen, steigt in Baden-Württem­berg — und zwar deutlich stärker als die der Gebur­ten insge­samt. Im vergan­ge­nen Jahr wurden sogar weniger Kinder als im Vorjahr geboren: 108 024 nach 108 985, wie aus einer Antwort des Stutt­gar­ter Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums auf eine Anfra­ge des CDU-Landtags­ab­ge­ord­ne­ten Micha­el Preusch hervor­geht. Die Zahl der «geplant außer­kli­nisch begon­ne­nen Gebur­ten» — so heißt es in der offizi­el­len Statis­tik — stieg aber von 1806 auf 2096. Damit gemeint sind Hausge­bur­ten und Gebur­ten in Einrich­tun­gen, die von Hebam­men geführt werden, wie sogenann­te Geburtshäuser.

Nun war das Jahr 2020 wegen der Corona-Pande­mie ein beson­de­res. Der gesund­heits­po­li­ti­sche Sprecher der CDU-Frakti­on und Notfall­me­di­zi­ner Preusch vermu­tet daher auch ein gestie­ge­nes Sicher­heits­be­dürf­nis als Grund für die deutli­che Entwick­lung im vergan­ge­nen Jahr. Die Vorsit­zen­de des Hebam­men­ver­bands Baden-Württem­berg, Jutta Eichen­au­er, sagte ebenso, gerade im vergan­ge­nen Jahr könnte die Corona-Pande­mie bei der Entwick­lung eine entschei­den­de Rolle gespielt haben. Paare hätten große Sorge gehabt, dass der Partner bezie­hungs­wei­se die Partne­rin nicht oder nur einge­schränkt bei der Geburt in der Klinik dabei sein darf. Die Angst vor Anste­ckung oder dauer­haf­tem Maske-Tragen aufsei­ten der Gebären­den sei ebenfalls groß gewesen.

Aber auch das Bewusst­sein der Frauen steige, erklär­te die Verbands­vor­sit­zen­de. Wer beispiels­wei­se eine trauma­ti­sche Geburt in einem Kreiß­saal erlebt habe, entschei­de sich bei einer zweiten eher für ein Geburts­haus oder eine Hausge­burt, sagte Eichenauer.

Der Anteil von über 1,9 Prozent außer­kli­ni­schen Gebur­ten im Südwes­ten liegt höher als der Bundes­schnitt von 1,8 Prozent, den die Gesell­schaft für Quali­tät in der außer­kli­ni­schen Geburts­hil­fe (QUAG) ausweist. Das ist eine Entwick­lung, die schon seit Jahren anhält.

Preusch sagte: «Ich kann aus medizi­ni­scher Sicht nur raten, in ein Kranken­haus zu gehen.» Klini­ken böten eine enorme Sicher­heit und hätten das nötige Perso­nal. Die Lage sei in großen Zentren nochmal besser, weshalb werden­de Eltern unter Umstän­den auch länge­re Wege in Kauf nehmen sollten. Der Eppin­g­er Abgeord­ne­te verwies auf die Antwort des Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums, wonach im vergan­ge­nen Jahr in 462 Fällen die Versor­gung durch den Notarzt außer­halb der Klinik erfolgte.

Zu Risiko­schwan­ger­schaf­ten und zur Weiter­ver­sor­gung von Neuge­bo­re­nen in einer Kinder­kli­nik fehlen dem Minis­te­ri­um Angaben, wie es in der Antwort heißt, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Mit Blick auf mehr Frauen, die im höheren Alter Mutter werden, sowie auf größer und schwe­rer werden­de Babys sei Know-how für eine siche­re Versor­gung gefragt, sagte Preusch. «Für die Verbes­se­rung der Versor­gung von Gebären­den und Neuge­bo­re­nen benöti­gen wir eine solide Daten­ba­sis.» Generell seien Schwan­ger­schaf­ten und Gebur­ten in Deutsch­land aber sicher. «Die Säuglings­sterb­lich­keit ist auf einem histo­ri­schen Tief.»