BIBERACH — Umwelt­freund­li­che­re Antriebs­kon­zep­te für Fahrzeu­ge und Maschi­nen sind wichti­ger denn je, um CO2-Emissio­nen zu reduzie­ren. Eine wichti­ge Rolle bei Liebherr spielen hydrier­te Pflan­zen­öle, auch bekannt als Hydro­trea­ted Vegeta­ble Oils (kurz HVO). HVO ist ein alter­na­ti­ver Kraft­stoff, der in Reinform oder als Zugabe zu fossi­lem Diesel ab sofort einen Großteil der Liebherr-Bauma­schi­nen, Krane und Mining­ge­rä­te antrei­ben kann.

Die große Produkt­viel­falt der Firmen­grup­pe mit den unter­schied­lichs­ten Einsatz­be­rei­chen stellt Liebherr vor die Heraus­for­de­rung, welches Antriebs­kon­zept für welche Anwen­dung einge­setzt werden kann. Maxima­le Leistung soll hierbei mit größt­mög­li­cher Umwelt­ver­träg­lich­keit verbun­den werden. Einen immer wichti­ge­ren Platz nehmen bei Liebherr nachhal­ti­ge, synthe­ti­sche Kraft­stof­fe ein. Zu diesen zählt auch HVO, der erste kommer­zi­ell erwerb­ba­re Kraft­stoff, mit dem Verbren­nungs­mo­to­ren nahezu klima­neu­tral betrie­ben werden können. Viele Maschi­nen der Firmen­grup­pe mit Liebherr-Motoren können so schon heute überall auf der Welt weitge­hend klima­neu­tral arbeiten.

Hydrier­te Pflan­zen­öle – ab sofort in einem Großteil der Liebherr-Maschi­nen einsetzbar

Bei der Arbeit an neuen Antriebs­kon­zep­ten setzt Liebherr unter anderem auf HVO als alter­na­ti­ven Kraft­stoff. Dessen Herstel­lung ist klima­neu­tral, wenn bei der Erzeu­gung ausschließ­lich Strom aus regene­ra­ti­ven Energie­quel­len genutzt wird. Zudem erzeugt es beim Einsatz gerin­ge­re Emissio­nen als eine mit fossi­lem Diesel-Kraft­stoff betrie­be­ne Maschi­ne. Im Vergleich wird deutlich: Während des Lebens­zy­klus eines Produkts können die Treib­haus­gas­emis­sio­nen um bis zu 90 % gesenkt werden, wenn die Maschi­ne anstel­le von fossi­lem Diesel mit Neste MY Renewa­ble Diesel (= HVO 100), von einem der wichtigs­ten HVO-Liefe­ran­ten der Firmen­grup­pe, betankt wird. Diese Berech­nung für Neste MY Renewa­ble Diesel ist im Einklang mit den Vorga­ben der EU Renewa­ble Energy Direc­ti­ve II (2018/2001/EU). Die beson­ders langle­bi­gen Liebherr-Maschi­nen, die oft jahre­lang bei Kunden im Einsatz sind, müssen weder ausge­tauscht noch umgerüs­tet werden. Sie können statt­des­sen unmit­tel­bar mit HVO-Kraft­stoff weiterarbeiten.

HVO in Liebherr-Produkten

Die Liebherr-Werk Ehingen GmbH betankt seit Anfang Septem­ber 2021 ihre Mobil- und Raupen­kra­ne ausschließ­lich mit reinem HVO-Kraft­stoff. Die Umstel­lung von fossi­lem Diesel auf HVO gilt für die Kranab­nah­me und Testfahr­ten sowie für die Erstbe­tan­kung vor Auslie­fe­rung. Des Weite­ren wurde auch beina­he der gesam­te Werks­ver­kehr in Ehingen auf HVO umgestellt. Das Liebherr-Werk in Ehingen kann künftig einen signi­fi­kan­ten Beitrag zum Klima­schutz leisten: Durch die Umstel­lung auf HVO werden jährlich 2,5 Millio­nen Liter fossi­ler Diesel und bis zu 6.500 Tonnen Treib­haus­gas eingespart.

In Europa erfährt HVO zudem in der Branche des mariti­men Güter­um­schlags derzeit einen deutli­chen Nachfra­ge­zu­wachs, der insbe­son­de­re in Großbri­tan­ni­en und skandi­na­vi­schen Ländern zu spüren ist. Alle Produk­te der Liebherr-Sparte Mariti­me Krane können bereits mit HVO betrie­ben werden, ein Umstieg von fossi­lem Diesel auf HVO für alle Werks­an­wen­dun­gen sowie im Rahmen der Erstbe­tan­kung und Inbetrieb­nah­me der Hafen­mo­bil­kra­ne ist für Beginn des Jahres 2022 geplant. Zu den ersten wichti­gen Kunden im Bereich Port Equip­ment zählt der Hafen von Söder­täl­je in Schwe­den, der einen LHM 420 mit HVO betreibt und damit das Ziel verfolgt, ein Green Port zu werden.

Auch im Produkt­seg­ment Erdbe­we­gungs- und Materi­al­um­schlag­ma­schi­nen der Firmen­grup­pe kommt HVO bei emissi­ons­kri­ti­schen Spezi­al­ein­sät­zen auf Wunsch des Kunden zum Einsatz. Dies geschieht insbe­son­de­re in Gebie­ten mit hohen Umwelt­auf­la­gen, wie beispiels­wei­se in Skandi­na­vi­en. Als erstes Werk des Segments wird die Liebherr-Hydrau­lik­bag­ger GmbH in Kirch­dorf a.d. Iller ab Januar 2022 fossi­len Diesel durch HVO-Kraft­stoff erset­zen. Diese Umstel­lung wird zukünf­tig neben der Erstbe­tan­kung aller Neuma­schi­nen vor Auslie­fe­rung auch für Maschi­nen­ab­nah­men, bei Vorfüh­run­gen und Validie­rungs­ein­sät­zen im Werk gelten. Auch der Werks­ver­kehr soll sukzes­si­ve auf HVO-Kraft­stoff umgestellt werden. So werden schritt­wei­se alle Arbeits­ma­schi­nen in der Produk­ti­on, wie beispiels­wei­se Gabel­stap­ler, künftig mit HVO-Kraft­stoff betankt.

In der Mining-Branche spielen alter­na­ti­ve Antrie­be eine beson­ders große Rolle. Auch hier ist HVO in einem Großteil der Liebherr-Mining­pro­duk­te bereits einsetz­bar. Die flächen­de­cken­de Nutzung von HVO ist in dieser Branche aufgrund hoher Energie­be­dar­fe und nur begrenz­ter Verfüg­bar­keit des Kraft­stoffs in naher Zukunft aber nicht realistisch.

Alter­na­ti­ve Antriebs­kon­zep­te bei Liebherr: Techno­lo­gie­of­fe­ner Ansatz

Liebherr verfolgt bei der Arbeit an Antriebs­kon­zep­ten einen techno­lo­gie­of­fe­nen Ansatz. Dabei befasst sich das Unter­neh­men mit den heute und in abseh­ba­rer Zukunft verfüg­ba­ren Techni­ken der Energie­um­wand­lung („Motoren“) und den hierfür geeig­ne­ten Energie­trä­gern („Kraft­stof­fe“). Zu den Techni­ken der Energie­um­wand­lung zählen derzeit Elektro­mo­to­ren, Brenn­stoff­zel­len, Batte­rien, Verbren­nungs­mo­to­ren oder die Kombi­na­ti­on in Form eines Hybrid­an­triebs. Zu den Energie­trä­gern gehören u.a. elektri­sche Energie, Wasser­stoff, Ammoni­ak, E‑Fuels, Metha­nol, Biodie­sel, fossi­ler Diesel – und HVO.

HVO ist sowohl in der Herstel­lung als auch der Benut­zung weitge­hend klima­neu­tral, wenn ausschließ­lich auf regene­ra­ti­ve Energie­quel­len zurück­ge­grif­fen wird. HVO wird aus Speise­öl­ab­fäl­len, Fettres­ten, Abfall­fet­ten und Pflan­zen­öl gewon­nen. Anschlie­ßend wird es durch den Prozess der Hydrie­rung unter kataly­ti­schen Bedin­gun­gen, d.h. der Zugabe von Wasser­stoff bei starker Erhit­zung, in Kohlen­was­ser­stof­fe umgewan­delt. Diese wieder­rum sind ein Energie­trä­ger und somit ein poten­ti­el­ler Kraft­stoff. Inwie­fern sich HVO auch langfris­tig im Markt durch­set­zen wird, hängt primär davon ab, wie sich die weltwei­te Produk­ti­ons­men­ge des Kraft­stoffs und die damit verbun­de­ne Verfüg­bar­keit entwi­ckeln wird. Trotz deutlich steigen­der Produk­ti­on ist HVO erst in wenigen Ländern in Europa flächen­de­ckend zugäng­lich. Für Liebherr steht fest, dass HVO nur dann eine umwelt- und sozial­ver­träg­li­che Lösung darstellt, wenn in der Herstel­lung auf Palmöl sowie die etwaige Rodung von Regen­wäl­dern zur Gewin­nung neuer Anbau­flä­chen verzich­tet wird. Dies stellt die Firmen­grup­pe zusam­men mit ihren HVO-Liefe­ran­ten sicher.