OSTHEIM VOR DER RHÖN (dpa/lby) — Liebe­voll verzier­te Eier, fröhli­che Schoko­ha­sen, safti­ge Hefezöp­fe: Ostern ist nach Weihnach­ten vor allem für Kinder eine Zeit zum Schlem­men. Während in weiten Teilen Deutsch­lands viele auf den Oster­ha­sen warten, ist in der Rhön und in Südthü­rin­gen ein anderes Getier gefragt.

Der Storch ist in der Oster­zeit in einigen Dörfern am Fuße der Rhön seit Jahrhun­der­ten mindes­tens so wichtig wie der Hase. Und so steht Bäcker­meis­te­rin Julia­ne Witthau­er aus Ostheim (Landkreis Rhön-Grabfeld) in der Karwo­che wieder stunden­lang in ihrer Backstu­be und formt Störche aus Hefeteig, verziert mit gefärb­tem Zucker. Gründon­ners­tag verkauft die 42-Jähri­ge das ungewöhn­li­che Gebäck — wie viele Teilchen, will sie nicht verra­ten. «Jeder Körper wird mit der Hand geformt. Da gibt es keinen Ausste­cher für», erzählt sie.

Der aufge­streu­te Zucker — rot, grün, gelb und weiß — verweist nach Witthau­ers Worten auf den christ­li­chen Glauben. Rot stehe für die Liebe — «Gottes Sohn ging aus Liebe zu den Menschen in den Tod». Grün signa­li­sie­re die Hoffnung auf die Aufer­ste­hung, Gelb als Farbe des Lichts symbo­li­sie­re die Oster­son­ne. Als Farbe der Reinheit stehe Weiß für den Neuanfang.

Seit 1683 werden in der frühe­ren Bäcke­rei von Witthau­ers Eltern Oster­stör­che gebacken. Zwar sei die Bäcke­rei seit sieben Jahren geschlos­sen, doch sie öffne an Gründon­ners­tag extra der Oster­stör­che wegen, weil die Nachfra­ge im Ort so groß sei. Familie und Freun­de hülfen Witthau­er zuvor die ganze Nacht beim Backen und Verzieren.

In einigen Rhöndör­fern in Südthü­rin­gen und Unter­fran­ken ist der Storch seit Jahrhun­der­ten an Ostern präsent, denn er bringt die Eier, nicht der Oster­ha­se. Kinder suchen das gefüll­te Oster­nest dann in Gärten und Scheu­nen — oft schon am Gründon­ners­tag und nicht erst am Oster­sonn­tag, wie der Heimat­pfle­ger des Landes­krei­ses Rhön-Grabfeld, Reinhold Albert, einst schrieb. Diese Tradi­ti­on sei vor allem in evange­li­schen Ortschaf­ten verbreitet.

Witthau­er zufol­ge ist der Oster­storch etwa in den Thürin­ger Ortschaf­ten Herpf, Stepfers­hau­sen (beide Landkreis Schmal­kal­den-Meinin­gen) und Römhild (Landkreis Hildburg­hau­sen) bekannt — vor allem bei Älteren. Ostheim vor der Rhön sei früher ebenfalls thürin­gisch gewesen, erst 1945 unter bayeri­sche Verwal­tung gestellt worden und heute ein evange­li­scher Ort in der katho­lisch gepräg­ten Region.

Der Glaube an den Oster­ha­sen ist in Deutsch­land seit 1682 belegt. Auch wenn Kinder wissen, dass Hasen keine Eier legen, sind es dennoch vieler­orts die wusche­li­gen Tiere, die an Ostern die Nester mit bunten Eiern und kleinen Geschen­ken füllen.