WEINGARTEN – Ein feier­li­cher Gottes­dienst mit dem Rotten­bur­ger General­vi­kar Clemens Strop­pel beschloss den diesjäh­ri­gen Weingar­te­ner Blutritt am Freitag nach Chris­ti Himmel­fahrt. Zuvor ließen 13 Reiter in Frack und Zylin­der mit ihren Standar­ten die Stadt hinter sich und zogen durch die Fluren. In ihrer Mitte ritt auch in diesem Jahr Dekan Ekkehard Schmid, der die Heilig-Blut-Reliquie trug. Corona-bedingt war zum zweiten Mal nur eine sehr reduzier­te Form der ansons­ten größten Reiter­pro­zes­si­on Europas mit über 2.000 Pferden möglich.

Trotz der Geheim­hal­tung des Weges, versam­mel­ten sich etliche Pilge­rin­nen und Pilger mit Abstand am festlich geschmück­ten Außen­al­tar in Köpfin­gen. Die Stati­on bot bei blauem Himmel und Sonnen­schein einen weiten Blick über das Schus­sen­tal. Hier spende­te der Dekan im Beisein von Weingar­tens Oberbür­ger­meis­ter Markus Ewald und dem Bürger­meis­ter der Nachbar­ge­mein­de Baien­furt, Günter A. Binder, nach einer Andacht den Segen mit der Reliquie, die einen Tropfen des Blutes Chris­ti enthal­ten soll.

Die Rückkehr der Reiter in den äußeren Kloster­hof mit dem feier­li­chen Schluss­se­gen am dorti­gen Altar konnten die Gläubi­gen auch zu Hause über einen Livestream im Inter­net mitver­fol­gen. Ebenso den anschlie­ßen­den Festgot­tes­dienst. In dieser beson­de­ren Pande­mie­si­tua­ti­on und wegen einer noch ausste­hen­den Satzungs­än­de­rung vertrau­ten die Verant­wort­li­chen auf die über viele Jahre erfah­re­nen männli­chen Standar­ten­rei­ter, obwohl seit einer Grund­satz­ent­schei­dung im vergan­ge­nen Novem­ber erstmals eine Teilnah­me von Frauen möglich gewesen wäre.

Über den Verlauf des “Blutritt­le”, wie Dekan Ekkehard Schmid diese Form im vergan­ge­nen Jahr getauft hatte, zeigte er sich am Ende sehr zufrie­den. „Der Blutfrei­tag kann klein sein oder groß oder anders — im Wesen bleibt er immer gleich”, beton­te der Weingar­te­ner Basili­ka-Pfarrer. Die Heilig-Blut-Vereh­rung solle aufhel­fen und Kraft geben für den Alltag. Felix Habis­reu­tin­ger, Sprecher der Festord­ner, freute sich beson­ders, dass umlie­gen­de Gemein­den nicht nur Andach­ten und Gottes­diens­te in Verbun­den­heit mit dem Blutritt feier­ten, sondern Blutrei­ter­grup­pen vor Ort zeitgleich eine eigene Reiter­pro­zes­si­on veranstalteten.

Seine langjäh­ri­ge tiefe Verbun­den­heit zum Blutfrei­tag brach­te General­vi­kar Clemens Strop­pel bereits bei der Festpre­digt am Vorabend zum Ausdruck. Er pilger­te in den vergan­ge­nen 33 Jahren meist zu Fuß von Rotten­burg nach Oberschwa­ben und ritt dann bei der Blutrei­ter­grup­pe Herber­tin­gen als Geist­li­cher mit. Der gute Hirte, wie Jesus sich im Johan­nes­evan­ge­li­um selbst bezeich­net, sei einer, der sich um jeden Einzel­nen kümme­re und der Verant­wor­tung überneh­me. „Er nimmt sich nicht, was er braucht, sondern gibt den Menschen, was sie brauchen”, erklär­te der promo­vier­te Theolo­ge in seiner Predigt.

Schlech­te Hirten gebe es genug. Strop­pel verwies auf populis­ti­sche Narziss­ten in der Politik oder Ratten­fän­ger in der Gesell­schaft, aber auch auf Kirchen­leu­te, „die sich als Hirten gebär­den, aber Missbrau­cher sind.” Er forder­te diese Verbre­chen vorbe­halts­los aufzu­ar­bei­ten, was auch struk­tu­rel­le Verän­de­run­gen einschlie­ße. Corona habe außer­dem der Kirche das Festtags­kleid ausge­zo­gen. Für Stoppel bedeu­tet das aber trotz­dem bleiben statt gehen. Kirche in dieser beschei­den fröhli­che­ren und demütig hoffnungs­vol­le­ren Gestalt brauche Menschen, die „sich in dieser Welt dem guten Hirten zur Verfü­gung stellen” und andere spüren lassen: Es geht um dich.