BIBERACH — „Mindf*ck“ von Christopher Wylie zeigt Möglichkeiten, Unentbehrlichkeit und Missbrauch der Social-media. Eine Buchbesprechung von Wolfgang Heinzel:
Manipulation der Inhalte sozialer Medien hat den knappen Wahlerfolg Trumps und die ebenso knappe Zustimmung der britischen Wahlbeteiligten zum Brexit vor vier Jahren möglich gemacht. Die Firma, die das bewerkstelligte, hieß Cambridge Analytica. Sie wurde wesentlich mitkonzipiert und ‑programmiert vom jungen kanadischen Informatiker Christopher Wylie, Jahrgang 1989. Nach seinem Ausstieg fasste er seine Erfahrungen in einem Thriller aus dem realen Leben zusammen, in dem er die wesentlichen Abläufe aufdeckt und die notwendigen Schlussfolgerungen für die demokratisch gewählten Gesetzgebenden benennt.
Im Lauf des Jahres 2016 wurde Wylie endgültig klar, was übers Social Web möglich ist, um Menschen gegen deren eigene Interessen in Stellung zu bringen. Destruktivität (z. B. mit Rassismus gegen die Würde Anderer) bekommt größere politische Unterstützung, wenn Gewohnheiten und Schwächen der Internetnutzenden erkannt werden, um psychische Stabilität, ethische Standards und soziales Verhalten erst zu zersetzen und dann durch vermeintlich klare und rasch wirksame Lösungsmöglichkeiten auszutauschen.
Man pflegt „die Kunst, den Leuten zu zeigen, was sie sehen wollen, ob real oder nicht, um dadurch ihr Verhalten zu steuern“ (Wylie, S. 157) – sie müssen einem abkaufen, was man ihnen geben will.
Journalistische Fertigkeiten für Social-media-Missbrauch
Wichtig dafür sind journalistische Fertigkeiten wie gute Recherche im Vorfeld und einfühlsame Interviews sowie wissenschaftliche Expertise in der Psychologie und der Wirkung von Sprache. Gepaart werden muss das allerdings mit Skrupellosigkeit und technischem Verständnis für die Funktionsweise digitaler Maschinen und deren Leistungsfähigkeit sowie sehr viel Geld.
Am effizientesten beginnt die Beeinflussung, wenn zum einen gezielt zuerst eher asoziale Persönlichkeiten angesprochen und zum anderen die Schrankenlosigkeiten im Erzielen von Aufmerksamkeit im Web ausgenutzt werden, dann schwappen Mitteilungen schnell in den Mainstream. Cambridge Analytica hat dazu Beeinflussungstools entworfen. Deren Design wurde wesentlich bestimmt durch wissenschaftliche Studien und einfühlsame stundenlange Gespräche mit Menschen aus vorher per Facebookanalyse ausgewählten Gebieten.
Die Persönlichkeit vor dem Rechner gibt frei, wer sie ist, weil sie nicht weiß, welch großen materiellen Wert die Persönlichkeitsdaten haben, die sie mit jedem Tastendruck und jeder Mauszeigerbewegung spendet, denn sie wird nicht dafür bezahlt. „Es gibt eine eigene Branche, die sich mit der Bewertung, dem Verkauf und der Lizenzierung von Datenbeständen beschäftigt.“ (Wylie, S. 421) Gleichzeitig werden die Nutzenden angelogen mit der Behauptung, ein Programm, eine Plattform oder ein Dienst sei „kostenlos“, weil sie diesen nicht selbst direkt mit Geld bezahlen.
Informationsungleichheiten zwischen Nutzenden und Anbietenden
Dies ist die erste Informationsungleichheit; die zweite eine große Ahnungslosigkeit, was alles erschließbar ist aus menschlichem Tun an mobilen, Taschen‑, Tablet- oder Desktopcomputern; die dritte, wie die Daten verknüpft werden; die vierte, welche Schlussfolgerungen d