BERLIN (dpa) — In der Corona-Pande­mie holte Scholz einen General ins Kanzler­amt, der sich um die Impfkam­pa­gne kümmern soll. Sollte dieses Beispiel Schule machen? Darüber gibt es unter­schied­li­che Ansichten.

Das von Nancy Faeser (SPD) gelei­te­te Bundes­in­nen­mi­nis­te­ri­um steht Überle­gun­gen zu einer zentra­len Rolle der Bundes­wehr bei der Bewäl­ti­gung von Krisen im Inland skeptisch gegen­über. Die FDP pocht dagegen auf struk­tu­rel­le Refor­men und sieht dabei auch die Bundes­wehr mit im Boot.

«Inner­halb der Bundes­re­gie­rung bestehen bereits Krisen­ma­nage­ment­struk­tu­ren, die — je nach Art und Umfang der Krise — inein­an­der greifen», teilte eine Spreche­rin des Bundes­in­nen­mi­nis­te­ri­ums auf Nachfra­ge mit. Die Feder­füh­rung überneh­me dabei jeweils das am stärks­ten betrof­fe­ne Ressort, wie etwa das Landwirt­schafts­mi­nis­te­ri­um bei Tierseu­chen. Bei schwer­wie­gen­den Gefah­ren für die Innere Sicher­heit werde der Krisen­stab des Bundes­in­nen­mi­nis­te­ri­ums aufge­ru­fen. Auch bei anderen Krisen­la­gen ist das der Fall, wenn sie die öffent­li­che Sicher­heit und Ordnung sowie den gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halt bedrohen.

General­leut­nant für Impfkam­pa­gne im Kanzleramt

Ende Septem­ber war in Berlin das neue Führungs­kom­man­do der Bundes­wehr für das Inland in Dienst gestellt worden. Befehls­ha­ber des Terri­to­ria­len Führungs­kom­man­dos ist General­leut­nant Carsten Breuer. Ihn hatte die Ampel-Regie­rung im Herbst 2021 für einige Monate ins Kanzler­amt geholt, um die Corona-Impfkam­pa­gne voran­zu­trei­ben. Im Inter­view mit der Deutschen Presse-Agentur sagte Breuer vor rund einem Monat, das neue Komman­do solle auch die «Hülle für einen natio­na­len Krisen­stab zur Verfü­gung stellen». Das Militär hält also Perso­nal und Technik bereit, damit die Bundes­re­gie­rung Entschei­der und Exper­ten künftig schnel­ler an einem Tisch versam­meln kann.

Aus dem Bundes­in­nen­mi­nis­te­ri­um hieß es dazu nun aller­dings, das vom Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um neu aufge­stell­te Terri­to­ria­le Führungs­kom­man­do der Bundes­wehr diene der ressort­in­ter­nen Vorbe­rei­tung des Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums auf seine Aufga­ben. Ein Kontakt des Komman­dos zum Innen­mi­nis­te­ri­um und dem Bundes­amt für Bevöl­ke­rungs­schutz und Katastro­phen­hil­fe (BBK) sei gleich­wohl etabliert worden.

Krisen­ma­nage­ment muss besser werden

Nach den jüngs­ten Erfah­run­gen mit Stark­re­gen, Waldbrän­den, Pande­mie und Engpäs­sen bei der Unter­brin­gung von Flücht­lin­gen beschäf­ti­gen sich viele Politi­ker und Exper­ten mit der Frage, wo das staat­li­che Krisen­ma­nage­ment besser werden muss. Die Innen­mi­nis­ter von Bund und Ländern hatten im Juni die finale Verein­ba­rung für ein Gemein­sa­mes Kompe­tenz­zen­trum unter­zeich­net. In dem neuen Zentrum in Bonn, das seine Arbeit inzwi­schen aufge­nom­men hat, sollen künftig unter anderem gemein­sa­me Lagebil­der entste­hen, Krisen­ma­nage­ment betrie­ben und eine verbes­ser­te Fortbil­dung der für den Katastro­phen­schutz vor Ort Verant­wort­li­chen organi­siert werden.

Laut Grund­ge­setz sind die Länder und Kommu­nen für den Katastro­phen­schutz verant­wort­lich und der Bund für den Schutz der Bevöl­ke­rung im Kriegs- oder Spannungs­fall. Vor allem aus der FDP kommt immer wieder der Ruf nach einer Neure­ge­lung der Zustän­dig­kei­ten — auch mit Blick auf die sogenann­te hybri­de Kriegs­füh­rung. Darun­ter versteht man, wenn eine gegne­ri­sche Macht neben klassi­schen Militär­ein­sät­zen etwa auch wirtschaft­li­chen Druck, Hacker­an­grif­fe und Desin­for­ma­ti­ons­kam­pa­gnen nutzt.

FDP für eine Reform

Die Flutka­ta­stro­phe im Ahrtal, die Corona-Pande­mie und der völker­rechts­wid­ri­ge Angriffs­krieg Russlands auf die Ukrai­ne hätten gezeigt, «dass wir unsere Krisen­stabs­struk­tur in Deutsch­land refor­mie­ren müssen», sagte die FDP-Obfrau im Innen­aus­schuss des Bundes­ta­ges, Sandra Buben­dor­fer-Licht, der dpa. Das Gemein­sa­me Kompe­tenz­zen­trum Bevöl­ke­rungs­schutz (GekoB) sei dabei «ein wichti­ger erster Schritt, auf dem aber weiter aufge­baut werden muss».

Die Bundes­wehr und das Terri­to­ria­le Führungs­kom­man­do als wichti­ger Player im Bevöl­ke­rungs­schutz müssten bei Großscha­dens­la­gen eng durch das neue Zentrum in Bonn mitein­be­zo­gen werden, sagte die FDP-Politi­ke­rin. Anders als in der Corona-Pande­mie, als Solda­ten teilwei­se in Gesund­heits­äm­tern bei der Nachver­fol­gung von Infek­ti­ons­ket­ten ausge­hol­fen hätten, müsse künftig aber darauf geach­tet werden, dass die Bundes­wehr nicht für verwal­tungs­tech­ni­sche Aufga­ben genutzt werde.

Damit in Bayern die Koope­ra­ti­on von Bundes­wehr und Polizei bei Terror­an­schlä­gen und anderen lebens­be­droh­li­chen Einsatz­la­gen reibungs­los funktio­niert, gibt es jetzt erstma­lig einen Leitfa­den mit klaren Handlungs­an­wei­sun­gen. Breuer und Bayerns Innen­mi­nis­ter Joachim Herrmann (CSU) unter­rich­te­ten darüber vor einigen Tagen bei einer Tagung in München. Breuer nannte den Einsatz­leit­fa­den für Bayern eine mögli­che Blaupau­se auch für andere Bundes­län­der. Auch andere Länder hätten sich eine besse­re Zusam­men­ar­beit mit der Bundes­wehr auf die Fahnen geschrieben.

Von Anne-Beatri­ce Clasmann, dpa