ROTTERDAM (dpa) — Ein spannen­der und musika­lisch abwechs­lungs­rei­cher 65. Eurovi­si­on Song Contest in Rotter­dam: Am Ende landet Deutsch­land mal wieder ganz hinten.

Itali­en hat mit dem rocki­gen Protest­song «Zitti e buoni» der Band Månes­kin den Eurovi­si­on Song Contest in Rotter­dam gewon­nen. Deutsch­land lande­te mal wieder ganz weit hinten.

Der Hambur­ger Jendrik («I don’t feel hate») setzte mit Platz 25 die deutsche Misserfolgs­se­rie fort, die 2018 einmal unter­bro­chen wurde, als Micha­el Schul­te überra­schend auf Platz vier kam. Für Itali­en ist es der dritte Sieg bei dem Musik­wett­be­werb — nach 1990 und 1964. Auf Platz zwei kam Frank­reich, auf Rang drei die Schweiz.

Das Sieger­lied «Zitti e buoni» ist ein energe­ti­scher Rockbei­trag, der stark von der Stimme des Front­sän­gers Damia­no David lebt. Übersetzt heißt der Songti­tel der Band aus Rom «Still und brav». Im Text geht es darum, sich nicht Konven­tio­nen zu beugen, sondern ausge­flippt und anders als die anderen zu sein. Da die Bassis­tin Victo­ria aus Dänemark stammt, wählte die Gruppe als Band-Namen das dänische Wort für Mondschein: Måneskin.

Die Rockband wurde 2017 mit ihrer Teilnah­me an der italie­ni­schen Ausga­be der Casting­show «X‑Factor» bekannt. Die Mitglie­der lernten sich in der Schule kennen und gründe­ten die Gruppe 2016.

Sie gewan­nen Anfang März das diesjäh­ri­ge Festi­val di Sanre­mo und waren damit von der RAI, der öffent­lich-recht­li­chen Rundfunk­an­stalt Itali­ens, als ESC-Teilneh­mer automa­tisch gesetzt.

Der Auftritt von Jendrik mit Glitzer-Ukule­le im pinkfar­be­nen Sakko mit kurzen Ärmeln hatte die Start­num­mer 15. Er ging um 22.10 Uhr über die Bühne. Im Prinzip lief alles glatt, aber das fröhli­che Anti-Hass-Lied des Hambur­gers konnte nieman­den so recht begeistern.

Musika­lisch war es ein starker Jahrgang mit Balla­den, Chansons, Hymnen, Eurodance, Swing, Rock, Synthie­pop, viel Frauen­power und Epower­ment, Windma­schi­ne und Blondi­nen in Silberglitzer.

Der 65. Eurovi­si­on Song Contest fand in Rotter­dam statt, weil 2019 der nieder­län­di­sche Sänger Duncan Laurence mit seiner Balla­de «Arcade» in Tel Aviv gewon­nen hatte. Letztes Jahr fiel der ESC wegen der Corona-Pande­mie aus.

Jetzt im Jahr 2021 gehör­te der gesam­te Song Contest zu einem wissen­schaft­li­chen Feldver­such. Unter stren­gen Bedin­gun­gen sollte geprüft werden, wie man Großereig­nis­se auch während der Pande­mie veran­stal­ten kann. Alle Besucher mussten ein negati­ves Testergeb­nis vorwei­sen und Maske tragen, sobald sie ihren Sitzplatz verlas­sen. Auch alle Künst­ler, ihre Teams und alle Mitar­bei­ter wurden mehrfach getestet.

Die Delega­tio­nen befan­den sich in Rotter­dam in Quasi-Quaran­tä­ne. Sie durften ihre Hotels nur zu den Proben und Auftrit­ten verlas­sen. Da es bei Islands Gruppe einen positi­ven Corona-Test-Fall gab, trat die Band nicht live auf, sondern wurde nur als Video eingespielt.

26 Lieder konkur­rier­ten im Finale. Insge­samt nahmen am ESC in diesem Jahr 39 Länder teil. 13 Beiträ­ge wurden in den beiden Semifi­nals aussor­tiert, darun­ter die Beiträ­ge aus Öster­reich, Tsche­chi­en, Dänemark und dem seit 2015 teilneh­men­den Australien.

Neben Deutsch­land sind als große Geldge­ber automa­tisch Frank­reich, Großbri­tan­ni­en, Itali­en und Spani­en fürs Finale gesetzt, ebenso der Gastge­ber, also diesmal die Niederlande.

Die Zuschau­er konnten wie immer über den Sieger mit abstim­men, jedoch nicht fürs eigene Land. Ihr Voting wurde ergänzt von Juroren.

2021 war die Punkte­ver­kün­dung von Fachju­rys und Publi­kum zum fünften Mal getrennt, zuerst wurde per Schal­te in alle 39 Teilneh­mer­län­der das Juryvo­ting abgefragt, das die Schweiz gewann. Dann verla­sen die Modera­to­ren das Televo­te (die Zuschau­er­stim­men), bei dem sich Itali­en am Ende mit 524 Punkten vor Frank­reich mit 499 durchsetzte.

Die Jury-Punkte aus Deutsch­land gab zum sechs­ten Mal Barba­ra Schöne­ber­ger bekannt. Sie war live aus Hamburg zugeschal­tet. Deutsch­lands Höchst­punkt­zahl der Jury (Janin Ullmann, Ivy Quainoo, Matthi­as Arfmann, Uwe Kanthak und Constan­tin Zöller) ging nach Frankreich.

Für die Zuschau­er des Ersten kommen­tier­te inzwi­schen zum 23. Mal der Musik­jour­na­list Peter Urban (73) die Show. Den ESC gibt es seit 1956.

Deutsch­land hat bisher zweimal gewon­nen: 1982 mit Nicole («Ein bisschen Frieden») und 2010 mit Lena («Satel­li­te»).