LONDON (dpa) — Itali­en feiert. Die Squadra Azzur­ra behält im hochklas­si­gen Spiel gegen Spani­en die Nerven vom Punkt. Am Sonntag warten England oder Dänemark zur EM-Entschei­dung. Die Spani­er dagegen trauern.

Die italie­ni­schen Elfme­ter­hel­den waren überra­schend schnell verschwun­den. Kurz nach der Gefühls­explo­si­on vor Tausen­den Tifosi in der Kurve des Wembley-Stadi­ons verab­schie­de­ten sich die Italie­ner Richtung Umkleidekabine.

Das Grinsen im Gesicht von Giorgio Chiel­li­ni, Feder­i­co Chiesa und Co. war nicht zu überse­hen. Mit dem 4:2 im Elfme­ter­schie­ßen im Gigan­ten­du­ell mit Spani­en war das ganz große Ziel aber noch nicht erreicht — am Sonntag greift die Squadra Azzur­ra gegen England oder Dänemark nach dem ersten großen Titel seit dem WM-Triumph 2006.

Doch Itali­ens Coach Rober­to Manci­ni musste zugeben, dass gegen starke Spani­er für sein Team eine große Porti­on Glück notwen­dig war. «Es war ein hartes Spiel, sie haben uns in Schwie­rig­kei­ten gebracht und wir haben gelit­ten», urteil­te der 56-Jähri­ge. Mit einer großen Energie­leis­tung hatten sich die Azzur­ri in die Verlän­ge­rung und schließ­lich ins Elfme­ter­schie­ßen geret­tet, wo Mittel­feld­spie­ler Jorginho den entschei­den­den Versuch verwan­del­te. «Elfme­ter­schie­ßen ist immer eine Lotte­rie», gab Manci­ni zu. «Kompli­ment an Spanien.»

Chiesa: «schöns­te Nacht meiner Karriere»

Die Italie­ner genos­sen dieses beson­de­ren Triumph. «Das war ohne Zweifel die schöns­te Nacht meiner Karrie­re. Ein unglaub­li­cher Traum», sagte Offen­siv­spie­ler Chiesa, der die Azzur­ri in Führung gebracht hatte (60. Minute). Beim Jubeln auch dabei war ein Trikot des verletz­ten Leonar­do Spinaz­zo­la, der sich im Viertel­fi­na­le die Achil­les­seh­ne riss und mehre­re Monate ausfällt. Auch für ihn wollen die Italie­ner nun den Titel gewin­nen. «Ein azurblau­es Märchen ohne Ende», schrieb die «Gazzet­ta dello Sport».

Denn die außer­ge­wöhn­li­che Geschich­te dieser Mannschaft, die noch vor drei Jahren nach der verpass­ten WM 2018 am Tiefpunkt war, soll nicht mit einer Final-Nieder­la­ge enden. «Jetzt fehlt noch ein Spiel», sagte Manci­ni mit Blick auf das Endspiel am Sonntag im Wembley-Stadi­on gegen Gastge­ber England oder Dänemark. Chiesa kündig­te an, dass das Team heute entspannt das zweite Halbfi­na­le verfol­gen werde — ohne einen Wunsch für den Gegner: «Wir müssen uns auf uns konzen­trie­ren, das hat uns bis ins Finale gebracht», forder­te er.

Gute Verlie­rer

Die Spani­er trotte­ten nach dem Fehlschuss ihres letzten Elfme­ter­schüt­zen Álvaro Morata über den gesam­ten Platz zu ihren Fans auf der anderen Seite, die trösten­den Applaus spende­ten. «Im Sport müssen wir lernen, wie man gewinnt, und lernen, wie man eine Nieder­la­ge hinnimmt», sagte Enrique, der nach dem Spiel vom grauen zum roten Pullover gewech­selt hatte. «Deshalb möchte ich Itali­en gratu­lie­ren. Wir reisen nach Hause nach Spani­en in dem Wissen, dass wir eindeu­tig zu den besten Teams des Konti­nents gehören.»

Jungstar Pedri, mit 18 Jahren das große Verspre­chen für die Zukunft der Furia Roja war noch auf dem Rasen von Enrique und dem frühe­ren Bayern-Profi Thiago getrös­tet worden. Vom Trainer gab es im Anschluss ein Sonder­lob. «Kein 18-Jähri­ger hat bei irgend­ei­nem anderen großen Turnier das geleis­tet, was Pedri hier geleis­tet hat», sagte Enrique. «Egal ob es eine EM, WM oder die Olympi­schen Spiele waren.» RB Leipzigs Dani Olmo bekam ebenfalls warme Worte ab: «Er war außer­ge­wöhn­lich heute.»