Sean Connery war natür­lich James Bond. Aber er war auch der Vater von India­na Jones, er war William von Basker­ville. Und er war ein Charak­ter­kopf, der für ein unabhän­gi­ges Schott­land kämpf­te — ohne dafür gleich schlech­tes Golfwet­ter in Kauf zu nehmen.

Connery war das beste Beispiel dafür, dass ein Holly­wood-Star auch in Würde altern kann. Nun ist er mit 90 Jahren gestor­ben. Das teilte der briti­sche Sender BBC am Samstag unter Berufung auf seine Familie mit. Connery sei in seinem Zuhau­se in Nassau auf den Bahamas gestor­ben, hieß es. Connery war der erste James-Bond-Darstel­ler — und für viele Fans auch der beste. Der Schot­te spiel­te den briti­schen Geheim­agen­ten zwischen 1962 und 1983 sieben mal.

In den letzten Jahren seines Lebens hatte sich Sir Sean — so durfte er sich seit dem Ritter­schlag durch Königin Eliza­beth II. nennen — aus der Öffent­lich­keit zurück­ge­zo­gen. Seine letzte Filmrol­le hatte er 2003 in dem Film «Die Liga der außer­ge­wöhn­li­chen Gentle­men». Nur gelegent­lich sah man den Rentner danach noch auf Fotos und in Videos, die seine Enkelin Saskia Connery bei Insta­gram veröffentlichte.

Inter­views gab der Charak­ter­kopf mit dem eisgrau­en Bart schon lange nicht mehr. Und wer gedacht hatte, dass er in seiner 2008 erschie­ne­nen Autobio­gra­fie süffi­san­te Anekdo­ten preis­ge­ben würde, sah sich getäuscht: «Mein Schott­land, mein Leben» war vor allem eine Hommage an seine Heimat.

Bevor Connery zur Schau­spie­le­rei kam, hatte er als Milch­mann und Lkw-Fahrer gearbei­tet. Er posier­te am Edinburgh College of Art als Aktmo­dell für Kunst­stu­den­ten und lande­te 1953 bei der Wahl zum Mr. Univer­sum auf dem dritten Platz. Außer­dem war er ein begab­ter Fußbal­ler. Eine mögli­che Profi­kar­rie­re lehnte der junge Connery ab, weil er langfris­tig mehr Poten­zi­al in der Schau­spie­le­rei sah.

Er selbst studier­te nicht. Die vielen Hinweis auf die schot­ti­sche Geschich­te und Litera­tur in seinen Memoi­ren verra­ten aber deutlich den Stolz des Autodi­dak­ten, der sein Wissen selbst erwor­ben hat. Als junger Mann fuhr er jeden Morgen mit dem Fahrrad in die Stadt­bü­che­rei, um dort engli­sche Klassi­ker zu lesen.

Bond-Erfin­der Ian Fleming war anfangs gar nicht angetan von dem ungeschlif­fe­nen jungen Mann, den die Filme­ma­cher für die Titel­rol­le in «James Bond jagt Dr. No» auser­ko­ren hatten. Connery, der als Sohn einer Putzfrau und eines Arbei­ters 1930 in einem Vorort von Edinburgh geboren wurde, war dem versnob­ten Fleming nicht mondän genug. «Ich suche Comman­der Bond und keinen zu groß gerate­nen Stunt­man!», soll Fleming gesagt haben. Doch der Autor ließ sich überzeu­gen — und gab Bond in seinen Romanen sogar schot­ti­sche Wurzeln.

Sieben mal schlüpf­te Connery in die Rolle des engli­schen Elite-Killers. Seinen schot­ti­schen Akzent mit dem merkwür­dig vernu­schel­ten «sch» an Stellen, wo man eigent­lich ein «s» erwar­tet hätte, legte er dabei nie ab. Die unver­wech­sel­ba­re Stimme fehlte natür­lich in der deutschen Synchron­fas­sung, doch dem Sprecher Gert Günther Hoffmann (1929–1997) gelang es durch­aus, Connerys lässi­ge Selbst­be­herr­schung rüber­zu­brin­gen. Sie dürfte seinen Sex-Appeal wesent­lich ausge­macht haben.

Da Connery nicht auf die Bond-Rolle festge­legt werden wollte, hörte er mit «Man lebt nur zweimal» 1967 auf, nur um dann 1971 für «Diaman­ten­fie­ber» erneut zurück­zu­keh­ren. Danach wollte er die Rolle eigent­lich nie wieder spielen, drehte dann aber doch noch den ironisch betitel­ten «Sag Niemals Nie», ein inoffi­zi­el­les Remake seines eigenen Bond-Films «Feuer­ball» (1965), das 1983 in Konkur­renz zu Roger Moores «Octopus­sy» lief.

Der Ur-Bond blieb er immer, für viele auch der beste. Nicht alles, was danach folgte, ist erinne­rungs­wür­dig, so trat er 1974 in dem grotes­ken Science-Fiction-Film «Zardoz» in einem knall­ro­ten Badean­zug auf, der den Borat-Manki­ni vorwegnahm.

Unver­ges­sen bleibt er als Archäo­lo­gie-beses­se­ner Vater von India­na Jones — dessen Darstel­ler Harri­son Ford nur zwölf Jahre jünger war als er — und natür­lich als mittel­al­ter­li­cher Sherlock Holmes in «Der Name der Rose». Der Franzis­ka­ner­pa­ter William von Basker­ville, der sich der Heili­gen Inqui­si­ti­on entge­gen­stellt, ohne dabei auch nur einmal mehr als unbedingt nötig mit der Augen­braue zu zucken, war in Europa seine erfolg­reichs­te Rolle nach Bond.

Eine der schöns­ten Szenen des Films ist, wie der junge Novize Adson von Melk (Chris­ti­an Slater) nach seiner Verfüh­rung durch ein junges Mädchen zu seinem Meister William von Basker­ville kommt und ihn fragt, ob er schon mal jeman­den geliebt habe. «Natür­lich», erwidert der: «Aristo­te­les.» Dies aus dem Munde des «Sexiest Man of the Centu­ry» — das ist einfach von bestechen­dem Witz.

Connery wurde in den letzten 20 Jahren seiner Laufbahn vor allem als Lehrmeis­ter und Mentor von Jünge­ren gecas­tet, etwa in «Highlan­der» mit Chris­to­pher Lambert und in «Die Unbestech­li­chen» mit Kevin Costner. Für seine Neben­rol­le in diesem Polizei­film aus dem Chica­go von Al Capone erhielt er 1988 seinen einzi­gen Oscar. Einige große Rollen ließ er sich entge­hen: So lehnte er den Part des Zaube­rers Gandalf in Peter Jacksons «Herr der Ringe»-Verfilmung ab, weil sich ihm das Drehbuch nicht erschloss.

Die Erhebung in den Adels­stand durch die Queen ließ bis zum Jahr 2000 auf sich warten. Nach seiner festen Überzeu­gung hatte das damit zu tun, dass er — der Ihrer Majes­tät als Comman­der Bond so treue Diens­te geleis­tet hatte — privat eifrig am Zerfall des Verei­nig­ten König­reichs arbei­te­te: Connery war ein treuer Förde­rer der Scottish Natio­nal Party und machte sich für ein unabhän­gi­ges Schott­land stark.

Anderer­seits ging seine Vater­lands­lie­be auch wieder nicht so weit, dass er dafür schlech­tes Golfwet­ter in Kauf genom­men hätte. Den größten Teil des Jahres verbrach­te der Erz-Schot­te unter südli­cher Sonne, weshalb ihn seine politi­schen Gegner als «Abgeord­ne­ten von den Bahamas» verspotteten.

Connery war seit 1975 mit der ein Jahr älteren franzö­si­schen Malerin Miche­li­ne Roque­bru­ne verhei­ra­tet. Aus seiner ersten Ehe mit der austra­li­schen Schau­spie­le­rin Diane Cilen­to (1933–2011) entstammt sein Sohn Jason, der Regis­seur ist. Schlag­zei­len in der Klatsch­pres­se hat er selten gemacht. Seine Autobio­gra­fie schließt mit dem kurzen Satz: «Ich habe viele gute Zeiten erlebt.»