Berlin (AFP) — Rund 30 Prozent der homo- und bisexu­el­len Menschen in Deutsch­land werden einer Umfra­ge zufol­ge am Arbeits­platz diskri­mi­niert. Fast ein Drittel verschweigt demnach die eigene sexuel­le Orien­tie­rung gegen­über Kolle­gen. Die am Mittwoch veröf­fent­lich­te Studie des Deutschen Insti­tuts für Wirtschafts­for­schung (DIW) ergab, dass die rund 4300 Befrag­ten vor allem dann offen mit ihrer Geschlech­ter­iden­ti­tät umgehen, wenn sie sich in ihrer Branche vergleichs­wei­se stark vertre­ten fühlen.

So sind dem DIW zufol­ge im produ­zie­ren­den Gewer­be und in der Forst- und Landwirt­schaft homo- und bisexu­el­le sowie trans‑, queer und inter­se­xu­el­le Menschen (LGBTQI) unter­re­prä­sen­tiert. Antei­lig häufi­ger vertre­ten sind sie dagegen im Gesund­heits- und Sozial­we­sen. Auffäl­lig sei, dass im produ­zie­ren­den Gewer­be nur 57 Prozent offen mit ihrer sexuel­len Orien­tie­rung und Geschlechts­iden­ti­tät umgehen, während dies im Gesund­heits- und Sozial­we­sen knapp drei Viertel der Befrag­ten tun, erklär­te das Forschungs­in­sti­tut. Dies lege den Schluss nahe, “dass LGBTQI-Menschen bestimm­te Branchen meiden, weil sie dort mehr Diskri­mi­nie­rung befürchten”.

Bernhard Franke, kommis­sa­ri­scher Leiter der Antidis­kri­mi­nie­rungs­stel­le des Bundes, sagte der “Funke Medien­grup­pe”, dass sich die Zahlen des DIW mit Erhebun­gen seiner Behör­de deckten. Im Arbeits­le­ben müssten homo- und bisexu­el­le Menschen häufig neben Mobbing auch sexuel­le Beläs­ti­gung erfah­ren und hielten deshalb ihre geschlecht­li­che Identi­tät geheim, sagte er.

Seinen Angaben zufol­ge haben insbe­son­de­re Trans­se­xu­el­le mit Diskri­mi­nie­rung am Arbeits­platz zu kämpfen. Oft würden Namens­än­de­run­gen nicht akzep­tiert, Dokumen­te nicht geändert, noch würden Namens­schil­der angepasst. Dem entspra­chen die Ergeb­nis­se der DIW-Studie. Mit 40 Prozent gaben Trans­se­xu­el­le an, beson­ders stark von Diskri­mi­nie­rung betrof­fen zu sein.

Katja Mast, stell­ver­tre­ten­de Vorsit­zen­de der SPD-Bundes­tags­frak­ti­on, forder­te eine Kultur des Hinschau­ens, nicht des Wegschau­ens. “Diskri­mi­nie­rung am Arbeits­platz geht überhaupt nicht. Es darf eigent­lich nicht sein, dass wir das immer wieder klarstel­len müssen”, sagte sie.

Der FDP-Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­te Jens Branden­burg forder­te Politik und Wirtschaft auf, zu reagie­ren. Gerade kleine­re Unter­neh­men bräuch­ten Unter­stüt­zung, sagte er. “Für seine sexuel­le oder geschlecht­li­che Identi­tät soll sich niemand verste­cken müssen.” Der Staat müsse mit gutem Beispiel voran­ge­hen. Ein natio­na­ler Aktions­plan gegen Homo-und Trans­pho­bie mit einer frühen Schul­auf­klä­rung könne helfen, Vorur­tei­le abzubauen.

Die Befra­gung fand mit Unter­stüt­zung der Univer­si­tät Biele­feld im Rahmen einer groß angeleg­ten sozio-ökono­mi­schen Erhebung statt, die im Septem­ber 2018 begon­nen hatte und noch bis Oktober 2021 andau­ert, und wurde vom Bundes­mi­nis­te­ri­um für Bildung und Forschung gefördert.