LONDON (dpa) — Die «Partygate»-Affäre hat nun doch ernst­haf­te Konse­quen­zen für Boris Johnson: In seiner Konser­va­ti­ven Partei wendet sich die Stimmung gegen den briti­schen Premierminister.

Der durch die «Partygate»-Affäre stark in die Kritik gerate­ne briti­sche Premier­mi­nis­ter Boris Johnson muss sich einem Misstrau­ens­vo­tum seiner Konser­va­ti­ven Partei stellen.

Dafür sei die notwen­di­ge Anzahl an Anträ­gen — mindes­tens 54 — von Tory-Abgeord­ne­ten einge­gan­gen, teilte der Chef des zustän­di­gen Partei­ko­mi­tees, Graham Brady, am Montag in London mit. Damit wurde die notwen­di­ge Schwel­le von 15 Prozent der 359 konser­va­ti­ven Parla­men­ta­ri­er erreicht. Johnson kann die Abstim­mung, die noch am Montag­abend zwischen 18.00 und 20.00 Uhr (Ortszeit) statt­fin­den sollte, gewin­nen und sein Amt behal­ten. Aller­dings gilt allein die Abstim­mung als weite­rer schwe­rer Schlag für den Premier. Stimmt eine Mehrheit gegen Johnson, ist er sein Amt als Premier vorerst los.

Kritik aus den eigenen Reihen

Johnson ist auch in den eigenen Reihen wegen etlicher Lockdown-Partys in seinem Amtssitz in der Downing Street während der Pande­mie stark in die Kritik geraten. Wegen seiner Teilnah­me an einer der Feiern war gegen Johnson eine Geldstra­fe verhängt worden. Damit ist er der erste amtie­ren­de briti­sche Premier­mi­nis­ter, der gegen das Gesetz versto­ßen hat. Ein Unter­su­chungs­be­richt wirft ihm und anderen Verant­wort­li­chen Führungs­ver­sa­gen und schwe­re Verfeh­lun­gen bei der Einhal­tung von Corona-Regeln vor. Im Unter­haus in London entschul­dig­te sich der 57-Jähri­ge mehrmals. Einen Rücktritt lehnt er jedoch ab.

Um Johnson abzuwäh­len, müssen bei dem Misstrau­ens­vo­tum mindes­tens 180 Abgeord­ne­te gegen ihn stimmen. Dies gilt als hohe Hürde, zumal etwa 150 Tory-Parla­men­ta­ri­er einen teilwei­se bezahl­ten Regie­rungs­job inne haben, den sie im Fall einer Abwahl Johnsons verlie­ren könnten. Zudem weisen Exper­ten darauf hin, dass es derzeit keine echte Alter­na­ti­ve zum Premier gebe, der zudem als wichtigs­ter Wahlkämp­fer der Konser­va­ti­ven Partei gilt.

Wenn Johnson das Votum gewinnt, darf es nach den aktuel­le Partei­re­geln ein Jahr lang keinen weite­ren Versuch geben, ihn abzuwäh­len. Das Ergeb­nis des Misstrau­ens­vo­tums sollte noch nach der Abstim­mung am Montag­abend verkün­det werden.