HAMBURG (dpa) — Eine neue Studie zeigt auf, wie unter­schied­lich Jugend­li­che journa­lis­ti­sche Angebo­te nutzen. Viele sehen keinen direk­ten Bezug zu ihrem Alltag. Was die Studi­en­ma­cher Medien­schaf­fen­den empfehlen.

Vielen Jugend­li­chen in Deutsch­land geht einer Studie zufol­ge das Nachrich­ten­an­ge­bot an ihrer eigenen Lebens­welt vorbei.

«Die Hälfte der Jugend­li­chen hält es nicht für wichtig, sich über Neuig­kei­ten und aktuel­le Ereig­nis­se zu infor­mie­ren. Bei journa­lis­ti­schen Nachrich­ten fehlt ihnen oft der Bezug zu ihrem persön­li­chen Alltag», heißt es in der am Mittwoch vorge­stell­ten Studie als ein Kerner­geb­nis zur Nachrich­ten­kom­pe­tenz Jugend­li­cher und junger Erwach­se­ner in der digita­len Medienwelt.

Die Studie mit reprä­sen­ta­ti­ver Befra­gung ist Teil des Projekts #UseThe­News. Das bundes­wei­te Projekt ist von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) und der Hambur­ger Behör­de für Kultur und Medien initi­iert und koordi­niert, zahlrei­che Partner­insti­tu­tio­nen unter anderem aus Medien und Wissen­schaft betei­li­gen sich. Das Leibniz-Insti­tut für Medien­for­schung erstell­te die Studie.

Weite­re Kerner­geb­nis­se, die die Autoren auflis­ten: Journa­lis­ti­sche Angebo­te sind demnach nur noch eine von vielen genutz­ten Infor­ma­ti­ons­quel­len. 46 Prozent der 14- bis 17-Jähri­gen widmen sich mehrmals pro Woche journa­lis­ti­schen Angebo­ten, 58 Prozent schau­en auch auf nicht-journa­lis­ti­sche Akteure.

Die Studie beschreibt auch, dass für junge Leute der wichtigs­te Grund, sich auf dem Laufen­den zu halten, ist, sich an Gesprä­chen und Diskus­sio­nen im Freun­des- und Famili­en­kreis betei­li­gen zu können. «Auffäl­lig ist zudem, dass die Jugend­li­chen, die das Gefühl haben, politisch etwas bewir­ken zu können, deutlich mehr Inter­es­se an Infor­ma­tio­nen über das aktuel­le Gesche­hen äußern.»

Der Medien­for­scher und Studi­en­lei­ter Uwe Hasebrink vom Leibniz-Insti­tut betont, dass es inner­halb dersel­ben Alters­grup­pe sehr unter­schied­li­che Typen bei der Nachrich­ten­ori­en­tie­rung gebe. Die Studie listet jeweils vier Teilgrup­pen inner­halb der Alters­grup­pen 14 bis 17 Jahre, 18 bis 24 Jahre sowie 40 bis 50 Jahre auf und schlüs­selt die Ergeb­nis­se auf. «Der Anteil derje­ni­gen, die als journa­lis­tisch-infor­ma­ti­ons­ori­en­tiert zu bezeich­nen sind, steigt konti­nu­ier­lich an.» Er steige mit dem Alter an, aber auch inner­halb der Alters­grup­pen mit der Bildung. «Es gibt starke Bildungs­ef­fek­te in diesem Zusammenhang.»

Studi­en­au­tor Sascha Hölig teilte zur Studie unter anderem dies mit: «Insge­samt stellen wir fest, dass vielen Jugend­li­chen bei journa­lis­ti­schen Nachrich­ten der Bezug zu ihrem eigenen Alltag fehlt. Auch das Wissen über Funktio­nen und Arbeits­wei­sen des Journa­lis­mus ist begrenzt, und dass dieser sich dadurch von anderen Infor­ma­ti­ons­lie­fe­ran­ten unterscheidet.»

Hölig schluss­fol­ger­te: «An beiden Stellen sollten sowohl Bildungs­in­itia­ti­ven als auch Nachrich­ten­an­bie­ter anset­zen. In der Medien­bil­dung sollten Aufga­ben und Funktio­nen des Journa­lis­mus in einer Demokra­tie verständ­li­cher gemacht werden und was die von ihm erbrach­ten Leistun­gen mit dem eigenen Leben zu tun haben.» Für den Journa­lis­mus werde es wichtig sein, sich von anderen Akteu­ren abzugren­zen und einen tatsäch­li­chen Mehrwert zu liefern. «Dazu gehören solides Handwerk und die Liefe­rung von relevan­ten und zuver­läs­si­gen Informationen.»

Hasebrink beton­te bei der Vorstel­lung der Studie auch, dass Journa­lis­mus zwar in den Sozia­len Medien präsent, aber dort als solcher erkenn­bar sein müsse. Er sollte Strate­gien der zahlrei­chen nicht-journa­lis­ti­schen Akteu­re in den Sozia­len Medien nicht vorschnell übernehmen.

Aus dem Kurato­ri­um von #UseThe­News gaben Mitglie­der Einschät­zun­gen. So sagte etwa die Aufsichts­rats­vor­sit­zen­de der Funke Medien­grup­pe, Julia Becker: «Gerade weil Jugend­li­che die sozia­len Medien so inten­siv nutzen, braucht es solide recher­chier­ten, verläss­li­chen Journa­lis­mus, der auf Fakten und Vielstim­mig­keit setzt, nicht auf eine Agenda, die Algorith­men oder Influen­cer festge­legt haben.» Mehr denn je leiste­ten Verla­ge diese demokra­tie­be­wah­ren­de Arbeit. «Wir müssen bei aller Verläss­lich­keit und Glaub­wür­dig­keit jedoch auch die Wellen­län­ge junger Menschen treffen — etwa durch digita­le Forma­te wie Podcasts, Videos oder Online-Beiträ­ge direkt aus der Lebens­welt dieser Generation.»

Der Senator für Kultur und Medien der Freien und Hanse­stadt Hamburg, Carsten Brosda, beton­te: «Ziel profes­sio­nel­ler Redak­tio­nen muss es sein, den Wert guter journa­lis­ti­scher Arbeit gerade auch für das Leben junger Menschen deutlich zu machen. Zugleich muss die Vermitt­lung von Nachrich­ten­kom­pe­tenz und der Rolle des Journa­lis­mus für die demokra­ti­sche Öffent­lich­keit besser gelin­gen.» ZDF-Chefre­dak­teur Peter Frey verwies hierauf: «Beson­ders wichtig ist, dass wir eine noch besse­re Überset­zungs­leis­tung erbrin­gen und erklä­ren, welche konkre­ten Auswir­kun­gen Nachrich­ten aus Politik und Wirtschaft auf den Alltag von jungen Menschen haben.»

Der Vorsit­zen­de der dpa-Geschäfts­füh­rung, Peter Kropsch, beton­te: «Die Ergeb­nis­se der Studie zeigen eindring­lich, dass die Medien­bran­che stärker auf junge Menschen zugehen muss. Anbie­ter journa­lis­ti­scher Nachrich­ten­for­ma­te stehen vor der Heraus­for­de­rung, sich ihre Relevanz immer wieder neu zu erkämp­fen.» Nur ein Journa­lis­mus, der für das Leben der jungen Genera­ti­on einen echten und spürba­ren Wert hat, könne seine gesell­schaft­li­che Aufga­be langfris­tig erfüllen.