BERLIN (dpa) — Für Reise­rück­keh­rer wird es vorerst keine neuen stren­ge­ren Regelun­gen geben. Änderun­gen sind dagegen im Herbst bei den Impfzen­tren geplant.

Fast jede zweite Neuin­fek­ti­on in Deutsch­land dürfte bereits auf die anste­cken­de­re Delta-Varian­te zurück­zu­füh­ren sein, schätzt das Robert Koch-Insti­tut. Für Urlau­ber ändert sich vorerst aber nichts.

EINREISE

Trotz wachsen­der Sorge vor einem vermehr­ten Einschlep­pen der anste­cken­de­ren Delta-Varian­te müssen sich Reisen­de vorerst nicht auf schär­fe­re Corona-Bestim­mun­gen einstel­len. Das ist das Ergeb­nis von Beratun­gen von Bund und Ländern vom Montag, wie die Deutsche Presse-Agentur in Berlin erfuhr. Die gelten­de Einrei­se­ver­ord­nung wird demnach nicht kurzfris­tig geändert. Mehre­re Minis­ter­prä­si­den­ten hatten schär­fe­re Bestim­mun­gen gefor­dert, um eine erneu­te Verschär­fung der Corona-Lage zu verhindern.

Bundes­in­nen­mi­nis­ter Horst Seeho­fer (CSU) ist für Kontrol­len von Reise­rück­keh­rern an den Grenzen, will dabei aber Chaos vermei­den. Für statio­nä­re Grenz­kon­trol­len sehe er derzeit keinen Anlass. «Wir müssen schau­en, dass wir uns nicht ein Infek­ti­ons­ge­sche­hen zusätz­lich ins Land holen», sagte der CSU-Politi­ker der «Süddeut­schen Zeitung». Nach eigener Aussa­ge schwebt ihm statt statio­nä­rer Grenz­kon­trol­len ein ähnli­ches System wie im vergan­ge­nen Jahr vor: eine sogenann­te «Schlei­er­maß­nah­me», bei der die Reisen­den auf Plätzen möglichst dicht nach der Grenze kontrol­liert werden. Auch dass dort wieder Schnell­test­sta­tio­nen einge­rich­tet werden könnten, sei vorstellbar.

Saarlands Minis­ter­prä­si­dent Tobias Hans forder­te schär­fe­re Überprü­fun­gen von Reise­rück­keh­rern. «Ich rechne nicht mit einem schnel­len Ende der Corona-Pande­mie. Es wäre naiv zu glauben, dass die Infek­ti­ons­zah­len bei uns nicht mehr steigen. Das zeigt sich ja auch in Ländern wie Großbri­tan­ni­en und Israel, die trotz hoher Durch­imp­fung ihrer Bevöl­ke­rung derzeit eine vierte Welle durch­le­ben», sagte der CDU-Politi­ker der «Rheini­schen Post».

Gerade die Urlaubs­rei­sen in den Sommer­fe­ri­en könnten ein Nährbo­den für eine weite­re Pande­mie-Welle werden. «Für die Rückkehr aus bestimm­ten Risiko-Ländern oder für Flugrei­sen­de gelten ja bereits Testpflich­ten, diese sollten auch an den Flughä­fen stärker kontrol­liert werden.» Von Reisen­den, die mit dem Auto oder der Bahn beispiels­wei­se aus Spani­en oder Frank­reich zurück­kehr­ten, sei es aber schwie­rig, die Tests zu überprü­fen. «Deshalb müssen wir weiter­hin an regel­mä­ßi­gen Tests etwa in Schulen, Restau­rants, Fitness­stu­di­os oder Betrie­ben festhalten.»

VIRUSVARIANTENGEBIETE

Wegen der starken Verbrei­tung der Delta-Varian­te des Corona­vi­rus sind Portu­gal und Russland seit um Mitter­nacht als Virus­va­ri­an­ten­ge­bie­te einge­stuft. Damit gilt ein weitge­hen­des Beför­de­rungs­ver­bot für Flugge­sell­schaf­ten, Bus- und Bahnun­ter­neh­men. Sie dürfen nur noch deutsche Staats­bür­ger und Auslän­der mit Wohnsitz in Deutsch­land über die Grenze bringen. Für dieje­ni­gen, die einrei­sen dürfen, gilt eine strik­te 14-tägige Quaran­tä­ne­pflicht, die nicht durch einen Test verkürzt werden kann und auch für vollstän­dig Geimpf­te und Genese­ne gilt.

IMPFZENTREN

Die Gesund­heits­mi­nis­ter der Bundes­län­der wollen im Herbst den Betrieb der Impfzen­tren zurück­fah­ren. Auch über den 30. Septem­ber hinaus setze man bei der Eindäm­mung der Corona-Pande­mie auf staat­li­che oder kommu­na­le Impfan­ge­bo­te. Der Schwer­punkt dabei solle zuneh­mend aber auf mobilen Impfteams liegen, hieß es in einem Beschluss der Gesund­heits­mi­nis­ter­kon­fe­renz vom Montag­abend. Die Länder könnten dabei selbst über die künfti­ge Infra­struk­tur des Impfan­ge­bots entschei­den. Im Bedarfs­fall sollen die Impfzen­tren in jedem Fall aber auch schnell wieder aktiviert werden können.

SCHULEN

Der Städte- und Gemein­de­bund fordert Maßnah­men, um weite­re Schul­schlie­ßun­gen im Herbst zu verhin­dern. «Das größte Problem sehe ich momen­tan in den Schulen, weil die meisten Kinder nicht geimpft sind, auch nicht geimpft werden können. Das birgt die Gefahr, dass wir in unseren Bildungs­be­rei­chen wieder in einen Lockdown kommen. Das muss verhin­dert werden», sagte Haupt­ge­schäfts­füh­rer Gerd Lands­berg der «Passau­er Neuen Presse».

Um die Hygie­ne­maß­nah­men an den Schulen effek­tiv umzuset­zen, bräuch­ten die Kommu­nen als Schul­trä­ger eine Finan­zie­rungs­zu­sa­ge durch Bund und Länder, forder­te Lands­berg in den Zeitun­gen der Funke-Medien­grup­pe. Dabei solle auf zeitin­ten­si­ve Förder­pro­gram­me verzich­tet werden. «Wir müssen uns immer wieder klar machen, dass wir uns nach wie vor in einem Wettlauf mit dem Virus befin­den und dementspre­chend keine Zeit zu verlie­ren haben.»

IMPFUNGEN BEI KINDERN

Kinder- und Jugend­ärz­te haben sich in der Debat­te um Risiken durch die Delta-Varian­te für Kinder hinter die Beurtei­lung der Ständi­gen Impfkom­mis­si­on (Stiko) gestellt. «Wir Kinder- und Jugend­ärz­te folgen der Einschät­zung der Ständi­gen Impfkom­mis­si­on. Diese hat prinzi­pi­ell die Corona-Impfung für Kinder und Jugend­li­che zwischen 12 und 17 Jahren nur bei bestimm­ten Vorer­kran­kun­gen empfoh­len», sagte der Präsi­dent der Deutschen Gesell­schaft für Kinder- und Jugend­me­di­zin, Jörg Dötsch, der «Rheini­schen Post»). «Daran ändert nach aktuel­lem Wissens­stand auch die Delta-Varian­te nichts.» Er schät­ze die Gesund­heits­ri­si­ken durch eine Corona-Infek­ti­on für Kinder und Jugend­li­che derzeit als so gering ein, dass auch Abwar­ten auf neue Erkennt­nis­se zur Impfung eine Option für zöger­li­che Menschen sein könne.

DELTA

Die anste­cken­de­re Delta-Varian­te greift in Deutsch­land immer mehr um sich. Sie mache mittler­wei­le einen Anteil von mindes­tens 35 Prozent an unter­such­ten Proben aus, sagte der Präsi­dent des Robert Koch-Insti­tuts (RKI), Lothar Wieler, am Montag in einer Schal­te der Gesund­heits­mi­nis­ter von Bund und Ländern, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilneh­mer­krei­sen erfuhr. Da die Daten bereits einige Tage alt seien, sei der Anteil derzeit tatsäch­lich sogar auf rund 50 Prozent zu schät­zen. Offizi­ell veröf­fent­licht das RKI die neuen Angaben zu den Virus­va­ri­an­ten-Antei­len stets am Mittwochabend.