BERLIN (dpa) — Fieber­säf­te und andere Medika­men­te für Kinder sind derzeit in vielen Apothe­ken nicht zu bekom­men — und das während einer akuten Krank­heits­wel­le. Der Kinder­ärz­te-Verband erwar­tet Hilfe der Regierung.

Wegen Liefer­pro­ble­men bei Klein­kind-Medika­men­ten wie Fieber­säf­ten fordert der Berufs­ver­band der Kinder- und Jugend­ärz­te ein kurzfris­ti­ges Einschrei­ten der Bundes­re­gie­rung. «Wir brauchen jetzt eine von der Politik angescho­be­ne Beschaf­fungs­ak­ti­on, um wie zu Beginn der Corona-Pande­mie in einer Notla­ge schnell an Fieber­saft, bestimm­te Antibio­ti­ka und andere selten gewor­de­ne Präpa­ra­te für kleine Kinder zu kommen», sagte Verbands­prä­si­dent Thomas Fisch­bach der «Rheini­schen Post». Die von Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) vorge­stell­ten Pläne für Geset­zes­än­de­run­gen kämen zu spät.

«Wir erleben eine sehr hohe Nachfra­ge nach fieber­sen­ken­den Medika­men­ten wie Ibuprofen oder Paracet­amol, weil derzeit extrem viele Kinder erkrankt sind», schil­der­te Fisch­bach. «Es ist ein Armuts­zeug­nis, dass so simple Medika­men­te wie ein Fieber­saft häufig nicht mehr verfüg­bar sind.» Verzwei­fel­te Eltern kämen in die Praxen, die Apothe­ker müssten unver­schul­det den Ärger aushal­ten. «Es gibt zu wenige Anbie­ter solcher Mittel, weil die Festpreis­re­ge­lung bei uns zu einem Abwan­dern der Produk­ti­on in Billig­lohn­län­der wie Indien und China geführt hat», kriti­sier­te der Kinder­arzt. «Dort gibt es nun Liefer­ket­ten­pro­ble­me, was wieder­um zu Liefer­eng­päs­sen führt.»

Änderung des Verga­be­rechts geplant

Auch bei manchen Medika­men­ten für Erwach­se­ne hatte es zuletzt Liefer­eng­päs­se gegeben. Die Bundes­re­gie­rung will als Reakti­on das Verga­be­recht ändern. Ziel sei, Liefer­ket­ten breiter anzule­gen, damit die Abhän­gig­keit von einzel­nen Herstel­lern abnimmt, sagte ein Sprecher des Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums Ende Novem­ber. Die Situa­ti­on sei trotz vorhan­de­ner Instru­men­te zu Ausweich­prä­pa­ra­ten bei Engpäs­sen unbefrie­di­gend. Lauter­bach hatte dem ARD-Haupt­stadt­stu­dio gesagt, die Kranken­kas­sen sollten nicht länger gezwun­gen sein, Medika­men­te und Wirkstof­fe dort einzu­kau­fen, wo sie am billigs­ten sind.

Für Apothe­ken sind die Engpäs­se ein Ärger­nis, da sie für Patien­ten Alter­na­ti­ven zu Medika­men­ten finden oder teilwei­se selbst herstel­len müssen — das ist aufwen­dig und teuer. Die Präsi­den­tin der Bundes­ver­ei­ni­gung Deutscher Apothe­ker­ver­bän­de (ABDA), Gabrie­le Regina Overwi­ening, forder­te deshalb ein Zusatz-Honorar: «Für das Manage­ment der Liefer­eng­päs­se brauchen Apothe­ken dringend ein Honorar, um den hohen Zeit- und Perso­nal­auf­wand stemmen zu können», sagte sie der «Rheini­schen Post». «Mittel- und langfris­tig brauchen wir in Europa wieder mehr Produk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten für wichti­ge Medika­men­te, wie zum Beispiel Antibiotika.»