BERLIN (dpa) — Wo geht es lang bei der SPD in der Ukrai­ne-Krise? Partei­füh­rung und Kanzler haben eine Positi­on vorge­ge­ben. Doch nicht alle ziehen mit. An deren Adres­se richtet Partei­chef Kling­beil nun ein Machtwort.

Nach einem Spitzen­tref­fen der SPD zur Ukrai­ne-Krise sieht Partei­chef Lars Kling­beil den Kurs von Kanzler Olaf Scholz und der Partei­füh­rung gefestigt.

«Wir sagen ganz klar, von wem die Eskala­ti­on ausgeht. Wir sagen deutlich: Alle Optio­nen liegen auf dem Tisch. Und jetzt geht es darum, Diplo­ma­tie und Frieden zu organi­sie­ren», sagte Kling­beil nach Beratun­gen von 20 führen­den Sozial­de­mo­kra­ten aus Bund und Ländern am Montag­abend in den ARD-«Tagesthemen». Das sei der gemein­sa­me Weg der SPD, «und der wird von allen getra­gen, die Verant­wor­tung in der Sozial­de­mo­kra­tie übernom­men haben und übernehmen».

Den abwei­chen­den Positio­nen der frühe­ren SPD-Vorsit­zen­den Gerhard Schrö­der und Sigmar Gabri­el begeg­ne­te Kling­beil mit einem Macht­wort. Die Entschei­dung über die SPD-Positi­on würde von ihm selbst, seiner Co-Vorsit­zen­den Saskia Esken und dem Kanzler getrof­fen, sagte er. «Das, was wir sagen, gilt für die gesam­te SPD.»

Auch Schwe­sig bei Beratun­gen dabei

An den Beratun­gen nahm nach dpa-Infor­ma­tio­nen auch Mecklen­burg-Vorpom­merns Minis­ter­prä­si­den­tin Manue­la Schwe­sig teil. Sie hat auch nach der Zuspit­zung der Krise weiter für eine Inbetrieb­nah­me der umstrit­te­nen Gas-Pipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutsch­land gewor­ben. In ihrem Land hängen zahlrei­che Arbeits­plät­ze an dem Projekt.

Bei der Frage nach den Sankti­ons­mög­lich­kei­ten gegen Russland bei einem Einmarsch in die Ukrai­ne verzich­tet Kling­beil weiter­hin darauf, Nord Stream 2 beim Namen zu nennen — anders als Außen­mi­nis­te­rin Annale­na Baerbock von den Grünen. «Ich glaube, der Satz, dass alle Optio­nen auf dem Tisch liegen, der ist gar nicht falsch zu verste­hen, das heißt, dass nichts daneben liegt», sagte Kling­beil. Konkre­ter werde er nicht, weil man sich von Russland nicht in die Karten schau­en lassen sollte.

Kritik von Bündnispartnern

Die von der SPD geführ­te Bundes­re­gie­rung war in den vergan­ge­nen Tagen wegen ihres Agierens in der Ukrai­ne-Krise inter­na­tio­nal immer stärker in die Kritik geraten. Deutsch­land wird vorge­wor­fen, Russland in der Krise nicht stark genug unter Druck zu setzen.

Scholz (SPD) hatte lange gezögert, bevor er sich klar positio­nier­te. Dann erteil­te er gleich­zei­tig mit der Sankti­ons­dro­hung an Russland der Liefe­rung tödli­cher Waffen an die Ukrai­ne eine klare Absage — anders als einige Bündnis­part­ner. Das wird von der Ukrai­ne, aber auch von Ländern wie Polen oder den balti­schen Staaten kriti­siert. In den USA wird ebenfalls die Frage gestellt, ob Deutsch­land noch ein verläss­li­cher Partner ist.

Kling­beil signa­li­siert Ableh­nung von Haubitzen-Lieferung

Das SPD-Präsi­di­um hatte sich bereits vor einer Woche auf einer Klausur­ta­gung hinter die Linie von Kanzler Scholz gestellt. Schrö­der und Gabri­el — beide inzwi­schen nicht mehr partei­po­li­tisch aktiv — setzten sich aller­dings von der Partei­li­nie ab. Schrö­der warf der Ukrai­ne am Freitag «Säbel­ras­seln» vor, Gabri­el forder­te anschlie­ßend eine Diskus­si­on über Waffen­lie­fe­run­gen «ohne Tabus».

Bei diesem Thema steht für die Bundes­re­gie­rung eine konkre­te Entschei­dung an. Estland will neun Artil­le­rie­ge­schüt­ze aus frühe­ren DDR-Bestän­den in die Ukrai­ne liefern und hat die Bundes­re­gie­rung um Zustim­mung gebeten. Kling­beil hat bereits signa­li­siert, dass er gegen eine Geneh­mi­gung ist. «Ich halte nichts von Waffen­lie­fe­run­gen in Krisen­ge­bie­te, egal aus welchem Land sie kommen», sagte er bereits am Sonntag im ZDF auf eine Frage nach den Haubitzen.

Gysi fordert Gesprä­che zwischen Scholz und Putin

Der CDU-Außen­po­li­ti­ker Norbert Röttgen nannte die Kritik an Deutsch­land in der Ukrai­ne-Krise «gravie­rend und alarmie­rend». Scholz kriti­sier­te er für «einen Mangel an Kommu­ni­ka­ti­on». «Die Lage ist so ernst und Deutsch­land so wichtig, dass sich viele mehr Kommu­ni­ka­ti­on durch den Bundes­kanz­ler wünschen», sagte Röttgen der «Passau­er Neuen Presse».

Linken-Außen­po­li­ti­ker Gregor Gysi forder­te Scholz auf, direk­te Gesprä­che mit Russlands Präsi­den­ten Waldimir Putin aufzu­neh­men. «Mir ist unver­ständ­lich, warum gerade aufgrund unserer Geschich­te nicht Bundes­kanz­ler Scholz die Gesprä­che mit dem russi­schen Präsi­den­ten Putin aufge­nom­men hat, sondern der franzö­si­sche Präsi­dent Macron», sagte Gysi dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND) mit Blick auf ein Telefo­nat Macrons mit Putin in der vergan­ge­nen Woche.