BAD SCHUSSENRIED — Schaut man sich nur die Durch­schnitts­wer­te an, könnte man meinen, dass der letzte Monat des Jahres 2022 ein mittel­mä­ßi­ger, aus meteo­ro­lo­gi­scher Sicht wenig auffäl­li­ger war. Denn die meisten der Wetter­pa­ra­me­ter wie Tempe­ra­tur, Frost- und Eista­ge, Luftfeuch­te, Nieder­schlag, Tage mit Schnee und Sonnen­schein­dau­er liegen in etwa im Normbe­reich. Aber weit gefehlt! 

Nach dem deutlich zu milden Herbst passten sich die Tempe­ra­tu­ren zwar allmäh­lich der Jahres­zeit an, doch das Wetter hatte noch keinen echten Plan. Tagelang eintö­ni­ges Boden- und Hochne­bel­grau. Dann kam über Nacht und mit aller Macht der Winter. Vom 09. bis 19. stell­te sich klirren­de Eises­käl­te ein und die Schnee­fäl­le verwan­del­ten die Landschaft in ein Winter­mär­chen. Am 4. Advents­wo­chen­en­de (17./18.) herrsch­te nach langer Zeit mal wieder herrli­ches, strah­lend sonni­ges Winter(sport)wetter, zumin­dest außer­halb der Nebel­fel­der. Über dem frisch gefal­le­nen Schnee sank das Queck­sil­ber in den sternen­kla­ren Nächten auf gefrier­schrankt­aug­li­che Kälte­gra­de. In Walten­ho­fen und Maier­hö­fen im Allgäu, in Obersta­di­on, Dunnin­gen und Hoßkirch wurden minus 17 Grad gemes­sen, in Hüfin­gen minus 18,2 und bei Bad Saulgau gar minus 19,1 Grad. Gefrie­ren­der Regen kündig­te das Ende der Eiszeit an. Milde Spani­en­luft machte sich auf den Weg nach Süddeutsch­land. Während sie sich auf den Berghö­hen rasch durch­set­zen konnte, dauer­te es in den Niede­run­gen Oberschwa­bens, an der Donau und in Schwa­ben sowie auf der Ostalb einige Zeit bis die aller­letz­ten Kaltluft­res­te ausge­räumt waren. Das Resul­tat war inten­si­ver Eisre­gen, wie man ihn auch nicht alle Jahre erlebt. Er führte zu teils chaoti­schen Verkehrs­ver­hält­nis­sen, Eisbruch und einzel­nen Strom­aus­fäl­len. Zu diesem Zeitpunkt hätte es wohl kaum jemand für möglich gehal­ten, dass dieser bis dahin viel zu kalte Dezem­ber unterm Strich noch zu mild ausfal­len würde. 

Zwar präsen­tier­ten sich wenige Tage vor Weihnach­ten weite Teile des Landes im weißen Winter­kleid, doch es kam wie es kommen musste. Das sprich­wört­li­che und äußerst zuver­läs­si­ge Weihnachts­tau­wet­ter ließ die weiße Pracht im Sause­schritt dahin­schmel­zen. Aus der Traum! Zum zwölf­ten Mal in Folge eine grüne Besche­rung. Von Winter keine Spur mehr, nicht mal auf den Höhen der Adelegg und der Schwä­bi­schen Alb. Selbst auf dem Feldberg, der mit 1493 Metern höchs­ten Erhebung Baden-Württem­bergs war an Winter­sport nicht zu denken. Ein Weihnachts­fest, so warm wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeich­nun­gen der Wetter­war­te Süd im Jahre 1968.

Aber der Jahres­wech­sel toppte alles. Unter­stützt von viel Sonnen­schein ließ die nun einflie­ßen­de Saharaluft die Thermo­me­ter auf nicht geahn­te Höhen steigen. Dabei wurden die erst vor einem Jahr aufge­stell­ten Rekord­wer­te regel­recht pulve­ri­siert. In dem 134 Wetter- und 130 Nieder­schlags­sta­tio­nen umfas­sen­den Messnetz der Wetter­war­te Süd wurden flächen­de­ckend 14 bis 17 Grad regis­triert. Spitzen­rei­ter an Silves­ter waren Peißen­berg mit 20,3 Grad Celsi­us, Bad Krozin­gen mit 19,7°C, gefolgt von Reichen­bach an der Fils mit 19,6°C und dem föhnan­ge­hauch­ten Walten­ho­fen im Allgäu mit 18,3°C. Aus Biber­ach, im häufig neblig-trüben Rißtal, nicht unbedingt bekannt für große Winter­wär­me und zumeist fernab ab von milden Föhnwin­den wurden schier unglaub­li­che 17,5 Grad gemeldet. 

Noch in der Neujahrs­nacht lagen die Tempe­ra­tu­ren verbrei­tet im zweistel­li­gen Bereich. Zum Jahres­be­ginn verla­ger­te sich die Wärme­bla­se ein wenig nach Südos­ten, sodass dann die östli­che Boden­see­re­gi­on mit Föhnun­ter­stüt­zung die höchs­ten Werte verzeich­ne­te: Fried­richs­ha­fen, 19,2°C und Lindau-Insel, 18,8°C. Tempe­ra­tur­ver­hält­nis­se, wie sonst Ende April oder Anfang Mai. Selbst im Sommer gibt es Tage, die kühler sind.