STUTTGART (dpa/lsw) — Die Opposi­ti­on hat in den vergan­ge­nen Tagen kein gutes Haar an der Regie­rungs­ar­beit seit der Wahl gelas­sen. Nun zieht Grün-Schwarz nach fast 100 Tagen im Amt eine eigene Bilanz. Die dürfte deutlich besser ausfallen.

Fast 100 Tage nach Unter­zeich­nung des Koali­ti­ons­ver­trags schaut die grün-schwar­ze Koali­ti­on zurück und zieht eine erste Bilanz. Ebenso tradi­tio­nell wie die Opposi­ti­on den Anlass stets nutzt, um ihre Kritik an der Regie­rung scharf­zün­gig zu formu­lie­ren, stellt das Bündnis bei der Gelegen­heit am heuti­gen Diens­tag (10.00 Uhr) die gemein­sa­men Erfol­ge der ersten drei Monate heraus.

Grün-Schwarz dürfte neben dem Kampf gegen das Corona­vi­rus vor allem die Beschlüs­se und Vorha­ben zum Klima­schutz nennen. Mit dem Klima­schutz­ge­setz als erstes großes Projekt der Landes­re­gie­rung in der neuen Wahlpe­ri­ode greift die Koali­ti­on die Solar­an­la­gen­pflicht für Neubau­ten und Pläne zum Ausbau der Windkraft auf. Das Land soll nach den grün-schwar­zen Vorstel­lun­gen bis zum Jahr 2040 klima­neu­tral werden. Bisher waren 90 Prozent bis 2050 das Ziel.

Während das Klima­schutz­ge­setz bereits verab­schie­det wurde, ist das Ringen um ein neues Landtags­wahl­recht noch in vollem Gang: Grüne und CDU wollen das Wahlrecht ändern und damit den Landtag für Frauen und jünge­re Wähler attrak­ti­ver machen. Im Land soll es ähnlich wie im Bund ein Zwei-Stimmen-Wahlrecht geben. Zudem sollen Jünge­re wie schon bei Kommu­nal­wah­len ab 16 Jahren wählen dürfen. Da die Reform eine Änderung der Landes­ver­fas­sung nötig macht, braucht die Koali­ti­on eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag. Am 20. Oktober könnte sich die Koali­ti­on die Verab­schie­dung im Landtag vorstellen.

Die Zwischen­bi­lanz der Opposi­ti­on fällt dagegen ernüch­ternd aus. SPD und FDP sprechen von einem Fehlstart, von einem neuen Impuls sei nichts zu spüren. Auch von «enkel­ge­rech­ten Finan­zen», wie sie Innen­mi­nis­ter Thomas Strobl (CDU) verspro­chen hatte, sei nichts zu erken­nen. Die Regie­rung hatte einen Nachtrags­haus­halt beschlos­sen. Sie darf somit die Ausnah­me­klau­sel der Schul­den­brem­se nutzen und neue Kredi­te in Höhe von 1,2 Milli­ar­den Euro aufneh­men. Nach Ansicht von SPD, FDP und AfD nimmt sie aber ohne Grund neue Schul­den auf. Sie habe genügend Reserven.

Auch der Stellen­zu­wachs in den Minis­te­ri­en ist der Opposi­ti­on ein Dorn im Auge. Es wurden ein neues Minis­te­ri­um (Landes­ent­wick­lung, Wohnen) und vier weite­re Posten für Staats­se­kre­tä­re geschaf­fen. Die Opposi­ti­on wirft Grün-Schwarz vor, den Regie­rungs­ap­pa­rat aufzu­blä­hen. Außer­dem sei die Lage an den Schulen nicht nur mit Blick auf die Pande­mie und die schlech­te Vorbe­rei­tung problematisch.

Winfried Kretsch­mann (Grüne) hatte sich nach der Landtags­wahl gegen Experi­men­te und für eine Neuauf­la­ge mit der CDU entschie­den, die nun viel grüner sein will als zuvor. Am 12. Mai wählte der Landtag den 73-Jähri­gen zum dritten Mal zum Minis­ter­prä­si­den­ten. Nach 100 Tagen wird tradi­tio­nell eine erste Bilanz gezogen.