GENF (dpa) — 2016 war das wärms­te bislang gemes­se­ne Jahr, 2022 liegt nicht weit dahin­ter. Nun gibt es Anzei­chen für ein Wetter­phä­no­men, das mit Blick auf die Durch­schnitts­tem­pe­ra­tu­ren nichts Gutes verheißt.

2022 war eines der wärms­ten Jahre seit Beginn der Messun­gen 1850. Das ist auch deshalb beunru­hi­gend, weil es in eine Phase mit dem kühlend wirken­den Wetter­phä­no­men La Niña fiel.

Nun mehren sich die Anzei­chen, dass die mit drei Jahren ungewöhn­lich lange La-Niña-Phase zu Ende geht. Folgen könnte schon bald das Pendant El Niño, das die Tempe­ra­tu­ren zusätz­lich in die Höhe treiben kann.

Die US-Klima­for­schungs­be­hör­de NOAA rechne­te Anfang Januar mit dem Übergang von La Niña in eine neutra­le Phase zwischen Januar und März. «Außer­ge­wöhn­lich warme Tiefen­ge­wäs­ser im tropi­schen Westpa­zi­fik deuten das nächs­te El-Niño-Ereig­nis 2023 an», schrieb Klima­ex­per­te Kevin Trenberth von der Univer­si­tät Auckland schon im Septem­ber. Dies könne zu globa­len Tempe­ra­tur­re­kor­den 2024 führen — weil ein Teil der Meeres­wär­me in die Atmosphä­re abgege­ben wird.

Im Novem­ber schätz­te die Weltwet­ter­or­ga­ni­sa­ti­on (WMO) in Genf die Wahrschein­lich­keit auf 25 Prozent, dass im Sommer eine El-Niño-Phase beginnt. Die Wahrschein­lich­keit, dass der bishe­ri­ge Rekord des heißes­ten Jahres bis 2026 übertrof­fen wird, liege bei 93 Prozent. Das Rekord­jahr war 2016 mit einer globa­len Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur von 1,3 Grad über dem Niveau von 1850 bis 1900.

Was sind La Niña und El Niño?

Korrekt heißt es «El Niño Southern Oscil­la­ti­on» oder abgekürzt «Enso». Es bezeich­net ein gekop­pel­tes Zirku­la­ti­ons­sys­tem von Ozean und Atmosphä­re im tropi­schen Pazifik. Bei der Warmpha­se El Niño bringt die Strömung Meeres­wär­me in höhere Breiten, die teils über Verduns­tung in die Atmosphä­re abgege­ben wird. La Niña gilt als Kaltpha­se, in der die Strömung die Erwär­mung über die Sonnen­ein­strah­lung in tiefe Gewäs­ser des Westpa­zi­fiks führt, wo sie gespei­chert wird. Weil Fischer in Peru die Erwär­mung zum Jahres­en­de merkten, nannten sie das Phäno­men El Niño (das Christ­kind). Zwischen den beiden Extre­men spricht man von einer neutra­len Phase.

Starke und mäßige El-Niño-Ereig­nis­se tragen nach Angaben der WMO zur Erwär­mung bei und erhöhen die durch­schnitt­li­che globa­le Oberflä­chen­tem­pe­ra­tur. «Obwohl die stärks­ten Auswir­kun­gen von El Niño im äquato­ria­len Pazifik zu spüren sind, können sie Folgen für das Wetter auf der ganzen Welt haben, weil sie Hoch- und Tiefdruck­sys­te­me, Winde und Nieder­schlä­ge beein­flus­sen», erklä­ren Klima­for­scher der Colum­bia-Univer­si­tät. «Da das wärme­re Ozean­was­ser überschüs­si­ge Energie (Wärme) an die Atmosphä­re abgibt, steigen die globa­len Temperaturen.»

WMO-Chef Pette­ri Taalas warnte im August 2022: «Es ist sehr außer­ge­wöhn­lich, in drei aufein­an­der­fol­gen­den Jahren La-Niña-Ereig­nis­se zu haben. Der kühlen­de Effekt hat den Anstieg der globa­len Tempe­ra­tu­ren vorüber­ge­hend gebremst, aber das wird den langfris­ti­gen Erwär­mungs­trend nicht stoppen oder umkehren.»

2022 war nach einer vorläu­fi­gen Progno­se trotz La Niña eines der wärms­ten Jahre seit Beginn der Indus­tria­li­sie­rung. Die WMO schätz­te die globa­le Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur im Novem­ber auf etwa 1,15 Grad über dem Durch­schnitt der Jahre 1850 bis 1900. Zudem waren die Jahre 2015 bis 2022 die acht wärms­ten Jahre.