MANNHEIM (dpa/lsw) — Bis ein Kind «sauber» ist, wird es durch­schnitt­lich 5000 bis 6000 Mal gewickelt. Die Kommu­nen müssen die gebrauch­ten Plastik­win­deln entsor­gen. Zu ihrer Entlas­tung versu­chen sie, den Eltern den Umstieg auf Alter­na­ti­ven finan­zi­ell zu versüßen.

Etliche Städte im Südwes­ten entlas­ten Famili­en, wenn sie Stoff- statt Einweg­win­deln für ihren Nachwuchs verwen­den. Jetzt belohnt mit Mannheim auch eine der großen Kommu­nen das Umwelt­be­wusst­sein der Eltern. Zunächst bis Ende dieses Jahres sollen Zuschüs­se von bis zu 100 Euro für Mehrweg­win­deln gewährt werden. «So vermei­den wir nicht nur Plastik­ab­fall, sondern schonen auch wertvol­le Ressour­cen, die bei der Herstel­lung von Einweg­win­deln verbraucht werden», erklär­te die unter anderem für Abfall­wirt­schaft zustän­di­ge Bürger­meis­te­rin Diana Pretzell (Grüne).

Die Alter­na­ti­ve zu Einweg­win­deln sind beispiels­wei­se Baumwoll­win­deln mit Vlies­ein­la­ge, die durch eine Überho­se zusam­men­ge­hal­ten werden. Mit in der Regel einma­li­gen Prämi­en wollen viele Kommu­nen Eltern zum Umstieg animie­ren und so ihre Abfall­men­ge signi­fi­kant verringern.

Manche Kommu­nen fördern zudem Inkon­ti­nenz­win­deln. So etwa Göppin­gen, wo in beiden Fällen bis zu 50 Euro beantragt werden können. Auch Singen (Landkreis Konstanz) hat Menschen mit Blasen­schwä­che im Blick und stellt ihnen wie den Klein­kin­dern auf Antrag 100 Euro bereit.

Der Boden­see­kreis ruft seine Bürger ebenfalls auf, auf Einweg­win­deln zu verzich­ten. Dadurch könnten schon in den ersten zwei bis drei Lebens­jah­ren eines Kindes rund 1100 Kilogramm Abfall einge­spart werden. Dem Abfall­wirt­schafts­amt ist das — oder die Nutzung eines Windel­diens­tes — eine Unter­stüt­zung von 30 Euro pro Kind wert. «Das ist ein großer Teil unseres Hausmülls», betont die Stadt Rhein­stet­ten im Landkreis Karls­ru­he auf ihrer Inter­net­sei­te. Einma­lig 50 Euro pro Kind lässt sich die Verwal­tung die Abkehr vom Einweg kosten.

Fast 95 Prozent aller Kinder in Deutsch­land tragen laut Bundes­um­welt­mi­nis­te­ri­um in den ersten Lebens­jah­ren Einweg­win­deln. In der gesam­ten Wickel­pha­se kommt man demnach auf rund 5000 Windeln pro Kind, die Stadt Mannheim geht sogar von bis zu 6000 Stück aus. Täglich würden insge­samt zehn Millio­nen Einweg­win­deln verbraucht, heißt es beim Bundes­mi­nis­te­ri­um. So kämen fast 155 000 Tonnen Windeln pro Jahr allein in Deutsch­land zusammen.

Zusätz­lich sind bundes­weit auch rund fünf Millio­nen Menschen von Inkon­ti­nenz betrof­fen. Allein in der ambulan­ten Versor­gung durch die gesetz­li­chen Kranken- und Pflege­kas­sen werden dem Minis­te­ri­um zufol­ge täglich etwa 4,9 Millio­nen Inkon­ti­nenz­pro­duk­te eingesetzt.

Im Detail gibt es Unter­schie­de bei der Handha­bung des Themas bei den Kommu­nen. Im Landkreis Calw etwa sind nur Babys im Alter von maximal sechs Monaten für eine Förde­rung von 50 Euro antrags­brech­tigt. In Singen, Mannheim und Rhein­stet­ten (Landkreis Karls­ru­he) endet die Antrags­frist mit dem dritten Lebensjahr.

Die Kommu­nen heben die gesund­heit­li­chen Vortei­le von Stoff­win­deln hervor: Es komme mehr Luft an Babys Popo. Durch weniger Einsatz von Chemie seien Reizun­gen, Hautin­fek­tio­nen und Windel­all­er­gien selte­ner. Da es zudem in der Windel nicht so warm werde, könnten sich Keime schlech­ter vermeh­ren als in Einweg­win­deln. Zudem seien stoff­ge­wi­ckel­te Kinder meist schnel­ler trocken.

Mannheim betont auch wirtschaft­li­che Aspek­te: Mehrweg­win­deln seien im Vergleich zu Einweg­win­deln günsti­ger. «Einmal angeschafft, können Mehrweg­win­deln belie­big oft gewaschen, von Geschwis­ter­kin­dern getra­gen oder nach der Wickel­zeit weiter­ver­kauft werden.»