HAMBURG (dpa) — Konzer­te können wieder ohne Masken und Abstand besucht werden. Doch obwohl die coronabe­ding­ten Regeln wegge­fal­len sind, hat die Veran­stal­tungs­bran­che noch immer schwer zu kämpfen.

Obwohl es seit vielen Monaten wieder Festi­vals, Konzer­te und Tourneen gibt, ist die Konzert- und Veran­stal­tungs­bran­che noch immer weit entfernt von ihrer alten Stärke. Die Gründe dafür sind vor allem schlech­te Vorver­käu­fe, zu hohe Produk­ti­ons­kos­ten und fehlen­des Personal.

So seien die Veran­stal­tun­gen mit inter­na­tio­na­len Mega-Stars zwar häufig ausver­kauft, sagte Jens Michow, Präsi­dent des Bundes­ver­ban­des der Konzert- und Veran­stal­tungs­wirt­schaft, der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg. «Das gilt jedoch nicht für den Rest und damit die absolu­te Mehrzahl der aktuel­len Konzertangebote.»

Zurück­hal­tung beim Ticketkauf

Denn viele Musik­fans sind beim Kauf der Tickets — auch aufgrund gestie­ge­ner Kosten und des Ukrai­ne-Krieges — zurück­hal­ten­der gewor­den. Bei halbvol­len Hallen werden die Veran­stal­tun­gen häufig abgesagt, weil die ohnehin oft knapp kalku­lier­te Rechnung dann nicht mehr aufgeht. Das sei vor allem bei Nachhol­kon­zer­ten aus den Jahren 2020 und 2021 so, weil diese mit den Preisen von 2019 geplant wurden. Erschwe­rend hinzu komme der akute Perso­nal­man­gel in der Branche.

Michow hofft deshalb darauf, dass die Staats­hil­fen auch 2023 weiter gezahlt werden. Die Branche werde sich sonst «nicht so schnell wieder erholen». Für 2023 erwar­te er nochmals ein sehr schwie­ri­ges Jahr für die Kultur­ver­an­stal­tungs­wirt­schaft. «Wenn nicht sogar das schwierigste».

«In der Pande­mie haben alle gedacht, dass es total abgehen würde, wenn man die Tore wieder aufschlie­ßen darf. Das ist aber nur in Teilen einge­tre­ten», ergänzt Frehn Hawel von der Karsten Jahnke Konzert­di­rek­ti­on in Hamburg. «Es ist im Moment eine schwie­ri­ge Gemenge­la­ge. Corona ist noch nicht wirklich vorbei. Die Spätfol­gen treffen auf die Teuerun­gen und den Krieg. Und das löst eine Unsicher­heit auf zu vielen Seiten aus.»

Beson­ders schwer für Newcomer

Der Vorver­kauf laufe bei vielen Musike­rin­nen, Musikern und Bands deutlich schlech­ter an, als die Branche das üblicher­wei­se gewöhnt sei. «Vieles versan­det bei einer 20-Prozent-Marke, die Leute kaufen teilwei­se kurzfris­ti­ger. Aber du weißt auch nicht, ob sie es tun. Das macht die Planun­gen einer Europa­tour für viele Acts extrem schwie­rig», sagte Hawel dazu. Bei halbvol­len Hallen werden die Veran­stal­tun­gen häufig abgesagt. Für Bands, die sich ihr Publi­kum über Live-Auftrit­te erst noch erspie­len müssen, ist das ein Schlag ins Kontor. Denn sie sind auf die Einnah­men durch die Touren angewiesen.

Nachwuchs­man­gel in der Branche

Zusätz­lich bremst der Perso­nal­man­gel die Branche. So würden sogar ausver­kauf­te Konzer­te abgesagt, weil mittler­wei­le schlicht Perso­nal fehle, sagte die Hambur­ger Musik­ma­na­ge­rin Salome Agyekum. Viele vor, auf und hinter der Bühne arbei­ten­de Männer und Frauen hatten sich aufgrund der coronabe­ding­ten Unwäg­bar­kei­ten neue Jobs gesucht. «Die meisten Leute kommen nicht mehr zurück», sagte Agyekum.

Sie hat deshalb vor wenigen Tagen in Hamburg das kosten­lo­se Strea­ming-Benefiz-Konzert «All Hands on Deck» mitor­ga­ni­siert, um die Lücken aufzu­zei­gen. Stars wie Clueso, Zoe Wees, Alvaro Soler, Jeanette Bieder­mann, Beatri­ce Egli und Lina nutzten ihre Auftrit­te, um auf den enormen Nachwuchs­man­gel in der Branche aufmerk­sam zu machen. Musik­be­geis­ter­te mit Lust auf diesen Job seien deshalb dringend gesucht.