Wirklich froh dürfte Landrat Eininger nicht sein über den Titel: Sein Esslingen ist nun auch offiziell ein Corona-«Hotspot». Das hat Folgen — für Feiern, für Betriebe und auch für Reisen, die Esslinger unternehmen wollen.
STUTTGART (dpa/lsw) — Angesichts des deutlichen Anstiegs der Corona-Fälle im Kreis Esslingen hat der Landrat des derzeit einzigen baden-württembergischen «Hotspots» die Menschen in der Region ermahnt. «Die Sorglosigkeit muss jetzt enden», sagte Heinz Eininger der «Eßlinger Zeitung» (Donnerstag). Die Abstände müssten auch im privaten Umfeld eingehalten werden, sonst würden die Zahlen rasch weiter steigen.
Der Kreis Esslingen hatte am Vortag als erste Region im Land die kritische Marke von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen überschritten und gilt nun offiziell als einer von aktuell rund zehn innerdeutschen «Hotspots». Eininger will am Donnerstag (14.00 Uhr) über konkrete Maßnahmen gegen die weitere Verbreitung des Virus informieren. Möglich wären unter anderem weitere Auflagen für private Feiern, Besuchsverbote für bestimmte Einrichtungen und Betriebe sowie eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum. Einschränkungen müssten «verhältnismäßig» sein. «Wir machen keine globalen Lockdowns, sondern gehen sehr differenziert vor», sagte Eininger.
Allerdings könnte der neue Corona-Wert auch Folgen haben für Reisen, die aus oder in den Kreis unternommen werden. Denn als Reaktion auf die steigenden Fallzahlen hatten die Bundesländer am Mittwoch mehrheitlich beschlossen, dass innerdeutsche Urlauber aus Risikogebieten nur dann beherbergt werden dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorweisen können. Greifen soll dies in der Regel für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen — also nach dem derzeitigen Stand auch für den Kreis Esslingen.
Landrat Eininger führt die steigenden Corona-Zahlen vor allem auf Reiserückkehrer aus den Balkanstaaten und aus der Türkei zurück, die das Virus in ihren hier lebenden Familien verbreiteten. Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) sieht das ähnlich und spricht von einer «besorgniserregenden Entwicklung». Das Land stehe im engen Kontakt mit dem Landkreis, auch was die anstehenden schärferen Maßnahmen betreffe.
Nach dem Erreichen der sogenannten Eingriffstufe dürfen in Kreisen und Kommunen an privaten Feiern in öffentlichen oder angemieteten Räumen höchstens noch 25 Menschen teilnehmen. Voraussetzung für diese Stufe ist eine Sieben-Tages-Inzidenz von 50 Fällen pro 100 000 Einwohner in der Region. In privaten Räumen werden dann nicht mehr als zehn Teilnehmer empfohlen.
Wird in einem Landkreis binnen sieben Tagen die Zahl von 35 Corona-Fällen pro 100 000 Einwohner überschritten, soll die Zahl der Teilnehmer einer Feier in öffentlichen oder angemieteten Räumen auf maximal 50 Teilnehmer festgelegt werden. In privaten Räumen werden dann 25 Teilnehmer empfohlen. Diese regionalen Maßnahmen werden nicht über die allgemeine Corona-Verordnung des Landes geregelt, sondern von den Gesundheitsbehörden in den Städten und Kreisen.
Bereits am Montag hatte der Kreis Esslingen die Auflagen für private Feiern und Zusammenkünfte eingeschränkt, weil die Vorwarnstufe von mehr als 35 Corona-Neuinfektionen überschritten worden war. Auch Stuttgart (38,4), Mannheim (37,3) und der Stadtkreis Heilbronn (35,5) lagen zuletzt über der kritischen Marke von 35 Neuinfektionen.
Mit der Verschärfung folgen die Kreise und Kommunen der Empfehlung der Bund-Länder-Kommission von Ende September, die insbesondere der Verbreitung von Infektionen im Rahmen von Feierlichkeiten im Familien- und Freundeskreis vorbeugen soll.
Die Zahl der nachgewiesenen Coronavirus-Infektionen im ganzen Land stieg am Mittwoch im Vergleich zum Vortag um 652 Fälle. Insgesamt haben sich nun 52 222 Menschen nachweislich mit dem Erreger Sars-CoV‑2 angesteckt, wie das Landesgesundheitsamt mitteilte. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus stieg um vier auf 1898.