STUTTGART (dpa/lsw) — Baden-Württem­bergs Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann will bei der Corona-Notbrem­se in Hotspot-Regio­nen keine Verzö­ge­rung mehr zulas­sen. «Das wird strikt durch­ge­setzt. Da gibt es kein Vertun mehr», sagte der Grünen-Regie­rungs­chef am Samstag der Nachrich­ten­agen­tur dpa in Stutt­gart. In der Landes­re­gie­rung wächst dem Verneh­men nach der Ärger über Stadt- und Landkrei­se, die die Notbrem­se zunächst nicht konse­quent anwen­den, obwohl sie den Grenz­wert von 100 Neuin­fek­tio­nen auf 100 000 Einwoh­ner in einer Woche schon mehr als 3 Tage lang überschrit­ten haben.

Zum Beispiel hatte Stutt­gart erklärt, erst die neue Corona-Verord­nung abwar­ten und frühes­tens am Diens­tag die Notbrem­se ziehen zu wollen. Dann müssten zum Beispiel Geschäf­te und Museen wieder geschlos­sen werden. Die Landes­haupt­stadt liegt seit Mittwoch über der Inzidenz von 100.

Kretsch­mann beton­te, die Notbrem­se sei «ein schar­fes Instru­ment, vor allem bei uns, weil wir sie mit Ausgangs­be­schrän­kun­gen machen». Wenn die Sieben-Tage-Inzidenz an drei Tagen hinter­ein­an­der den Wert 100 überschrei­tet, soll das Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um die betrof­fe­nen Landrä­te anwei­sen, Regeln wie etwa Ausgangs­be­schrän­kun­gen von 21.00 Uhr bis 5.00 Uhr umzusetzen.

Schon am Freitag hatte die Landes­re­gie­rung aber erklärt, über Ostern werde es eine Ausnah­me bei den Kontakt­be­schrän­kun­gen geben. Treffen von 2 Haushal­ten mit bis zu 5 Perso­nen sollen die kommen­den Tage auch in Gegen­den mit mehr als 100 Neuin­fek­tio­nen auf 100 000 Einwoh­ner erlaubt sein. Kinder bis 14 Jahre werden dabei nicht mitge­zählt. Für Hochin­zi­denz­re­gio­nen wie Schwä­bisch Hall gelten stren­ge­re Regeln. Der Kreis Schwä­bisch Hall hat mit einer Inzidenz von 438,1 (Stand: Freitag) nach wie vor mit Abstand die höchs­ten Fallzahlen.

Die Zahl der Corona-Infek­tio­nen und die Sieben-Tage-Inzidenz in Baden-Württem­berg steigen weiter rasant. Der Inzidenz­wert stieg von 115,3 auf 121,2. Über der 200er-Marke liegen derzeit 4 Stadt- und Landkrei­se, weite­re 26 liegen über 100.

Kretsch­mann sagte dazu: «Es läuft schlecht.» Man habe überlegt, wieder landes­wei­te Regeln zu erlas­sen und es nicht den Kreisen zu überlas­sen, sie durch­zu­set­zen — doch dies aus Gründen der Verhält­nis­mä­ßig­keit wieder verwor­fen. «Das ist immer ein Grat, auf dem wir da wandern und da müssen wir hoffen, dass wir nicht abstürzen.»

Der Regie­rungs­chef kündig­te an, neben Tübin­gen weite­re Modell­pro­jek­te für Locke­run­gen mit Hilfe von verstärk­ten Tests zulas­sen zu wollen — aber noch nicht so schnell. «Ja, das nehmen wir mal ins Auge.» Mit Blick auf die steigen­den Infek­ti­ons­zah­len sagte er: «Es sieht aber jeder, dass jetzt gerade nicht die günstigs­te Zeit ist.» Da müsse man noch ein bisschen warten, bis die ersten wissen­schaft­li­chen Ergeb­nis­se aus Tübin­gen vorlägen.

Grund­sätz­lich sei das aber seine Linie: «Sehr hart sein, dort aber, wo man sich freites­ten kann, auch lockern.» Er werde sich weiter an den Anste­ckungs­zah­len orien­tie­ren. «Aber wir verbin­den es mit dem Testen und Impfen.» Und dann könne man «auch risiko­arm einzel­ne Berei­che öffnen».