STUTTGART (dpa/lsw) — Lehrer leiden unter zuneh­men­dem Druck. Es gibt zu wenig Perso­nal, die Bürokra­tie wächst vielen über den Kopf, es fällt etlichen immer schwe­rer, die Klassen im Griff zu halten und ordent­lich zu unter­rich­ten. Könnte es helfen, wenn Lehrer einen Bonus bekommen?

In selte­nem Einver­neh­men ertei­len Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann und die Gewerk­schaf­ten mögli­chen Leistungs­prä­mi­en für beson­ders engagier­te Lehre­rin­nen und Lehrer eine Absage. «Das bedeu­tet einen sehr hohen Aufwand, ist fehler­an­fäl­lig und hat nicht zu dem geführt, was man sich davon erhofft hat», kanzel­te der Regie­rungs­chef einen entspre­chen­den Vorschlag von Bundes­bil­dungs­mi­nis­te­rin Betti­na Stark-Watzin­ger (FDP) ab. Außer­dem sei die Höhe der Leistungs­zu­la­gen doch eher beschei­den gemes­sen am Gehalt.

Die Bundes­mi­nis­te­rin plädiert hinge­gen dafür, angesichts des drama­ti­schen Lehrer­man­gels Anrei­ze zu schaf­fen und nicht nur «altbe­kann­te Pfade» abzuschrei­ten. «Eine leistungs­ori­en­tier­te Bezah­lung könnte ein Weg sein, um den Job attrak­ti­ver zu machen», argumen­tiert sie. In manchen Bundes­län­dern gebe es das schon. Es werde nur nicht wirklich gelebt. Bildung liegt in der Hand der Bundes­län­der. Als Bundes­bil­dungs­mi­nis­te­rin kann Stark-Watzin­ger zwar keine Vorga­ben machen, sie kann aber Debat­ten anstoßen.

Aller­dings stößt die Idee aus der Bundes­re­gie­rung auch auf wenig Gegen­lie­be bei der Lehrer­ge­werk­schaft GEW. Es sei zwar schön, wenn der Lehrbe­ruf attrak­ti­ver gemacht werde, damit sich junge Menschen freiwil­lig und begeis­tert für die Ausbil­dung entschie­den, sagte die baden-württem­ber­gi­sche GEW-Landes­vor­sit­zen­de Monika Stein. Aller­dings sei das nicht zu errei­chen, wenn nur Teilen des Lehrper­so­nals eine Prämie in Aussicht gestellt werde. Mit einem Zuschlag nur für einen Teil eines Kolle­gi­ums steige vor allem das Konkur­renz­den­ken, kriti­sier­te Stein. Das sei nicht der richti­ge Weg. Wichtig sei es vielmehr, zusätz­li­ches Perso­nal einzu­stel­len und Lehrkräf­te zu entlas­ten. Gute Lehre­rin­nen und Lehrer wählten den Berufs auch nicht wegen des Geldes.

Kretsch­mann sieht das ähnlich. «Es liegt an den stres­si­gen Arbeits­be­din­gun­gen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Wir müssen über die Rahmen­be­din­gun­gen und die Attrak­ti­vi­tät des Lehrer­be­rufs sprechen.» Prämie hin oder her: «Der Beamte muss sowie­so mit vollem Einsatz arbei­ten», sagte der Grünen-Politi­ker. «Das steht im Beamtengesetz.»

Der zweite große Bildungs­ver­band in Baden-Württem­berg, der VBE, schlägt eine Alter­na­ti­ve zur Prämie vor: «Lehrer brauchen kein Geld, sie brauchen Zeit», sagte der Landes­vor­sit­zen­de des Verbands Bildung und Erzie­hung, Gerhard Brand, der dpa. Es wäre eine Beloh­nung für einen überdurch­schnitt­li­chen Einsatz auch in der Freizeit, wenn zum Beispiel das Deputat — also die Zahl der Pflicht­stun­den — verkürzt würde. Eine Leistungs­prä­mie hinge­gen müsse an Krite­ri­en gekop­pelt sein, die sich einheit­lich kaum fassen ließen. «Außer­dem bekommt man Unfrie­den ins Lehrer­zim­mer», sagte Brand.

Den Deutschen Lehrer­ver­band weiß Bundes­mi­nis­te­rin Stark-Watzin­ger dagegen auf ihrer Seite. «Man kann durch­aus erken­nen, welche Lehrkraft gut ist», sagte der Bundes­vor­sit­zen­de Heinz-Peter Meidin­ger der «Bild» bereits Anfang Dezem­ber. Die meisten Bundes­län­der verfüg­ten bereits über Geset­ze, die Zusatz­leis­tun­gen für gute Lehrer ermög­li­chen. Üppig seien diese Töpfe aber nicht, und nur die wenigs­ten Länder nutzten diese Option. Mehr Mittel seien erfor­der­lich, sagte Meidin­ger: «Die Prämie müsste zehn Prozent eines Gehalts umfas­sen können.»