Die baden-württem­ber­gi­schen Corona-Regeln bleiben zwar erstmal wie sie sind — doch warnt Minis­ter­prä­si­dent Kretsch­mann vor neuen Maßnah­men, wenn sich die Lage nicht deutlich verbes­sert. Harte Zeiten ständen an. Es gelte, «eine Schip­pe draufzulegen».

Die Infek­ti­ons­zah­len stagnier­ten zwar. Sie seien aber zu hoch, um die aktuel­len Einschrän­kun­gen zu lockern. «Wir müssen alle noch eine Schip­pe drauf­le­gen», appel­lier­te Kretschmann.

Zuvor hatten Bund und Länder in einer mehrstün­di­gen Beratung verein­bart, die weite­re Entwick­lung zunächst noch zu beobach­ten. Am 25. Novem­ber wollen Merkel und die Minis­ter­prä­si­den­ten die Lage erneut bewer­ten und dann gegebe­nen­falls auch Vorschrif­ten verschär­fen. Das Offen­hal­ten von Kitas und Schulen habe aber nach wie vor eine Priori­tät, sagte Kretsch­mann. «Klar ist: wenn sich in den kommen­den Tagen kein deutli­cher Abwärts­trend zeigt, werden wir um stren­ge­re Maßnah­men nicht herum­kom­men», warnte der Ministerpräsident.

Die Bürger rief er unter anderem dazu auf, priva­te Kontak­te noch einmal deutlich zu reduzie­ren — «auf das absolu­te und unbedingt notwen­di­ge Minimum». Sie sollten gänzlich auf priva­te Feiern verzich­ten und priva­te Zusam­men­künf­te mit Freun­den, Verwand­ten und Bekann­ten auf einen festen weite­ren Hausstand beschrän­ken. Das schlie­ße auch Kinder und Jugend­li­che mit ein. «Treffen Sie sich nicht heute mit den einen und morgen mit den anderen», appel­lier­te er.

Im Beschluss von Bund und Ländern heißt es zudem, Bürger sollten auch auf nicht notwen­di­ge priva­te Reisen und touris­ti­sche Tages­tou­ren verzich­ten, außer­dem auf Besuche in Berei­chen mit Publi­kums­ver­kehr. Beson­ders gefähr­de­te Menschen sollen mit günsti­gen FFP2-Masken vor einer Anste­ckung mit dem Corona-Virus bewahrt werden. Über 65-Jähri­ge und Menschen mit bestimm­ten Vorer­kran­kun­gen sollen insge­samt 15 dieser Masken gegen eine gerin­ge Eigen­be­tei­li­gung erhal­ten können. Die Kosten dafür trägt der Bund.

Die notwen­di­ge Trend­wen­de sei noch nicht erreicht worden, warnte Kretsch­mann in seiner Anspra­che weiter. «Die Kraft der zweiten Welle ist noch nicht gebro­chen.» Sie sei stärker als die erste, in der länge­re Tage und höhere Tempe­ra­tu­ren gehol­fen hätten.

Zuvor hatten sich führen­de baden-württem­ber­gi­sche Politi­ker bereits skeptisch zu Locke­run­gen, aber auch zu schär­fe­ren Aufla­gen geäußert. CDU-Frakti­ons­chef Wolfgang Reinhart rechne­te vor Beginn der Gesprä­che nicht mit weite­ren Verschär­fun­gen oder Locke­run­gen. «Wir sollten noch eine weite­re Woche warten, bis wir die Auswir­kun­gen der Maßnah­men realis­tisch beurtei­len können. Dann lässt sich besser in den Rückspie­gel schau­en», sagte der CDU-Politi­ker vor Beginn der Beratungen.

Notwen­dig sei auch eine Strate­gie, die über den Novem­ber hinaus­rei­che, forder­te SPD-Chef Andre­as Stoch. Dies gelte sowohl für den Fall einer kontrol­lier­ten Wieder­eröff­nung derzeit geschlos­se­ner Berei­che als auch für den Fall, dass die Lage sich nicht besse­re. «Es müssen ausge­wo­ge­ne und diffe­ren­zier­te Konzep­tio­nen auf den Tisch, die die enormen Kraft­an­stren­gun­gen insbe­son­de­re in den Berei­chen Kunst, Kultur und Sport berück­sich­ti­gen», sagte Stoch. «Allein auf das Prinzip Hoffnung zu setzen, war bisher leider immer falsch.» Stoch forder­te auch einheit­li­che Corona-Regeln und klare Ansagen für die Advents- und Weihnachts­märk­te. Weite­re Corona-Hotspots von Feiern­den vor Weihnach­ten müssten unbedingt verhin­dert werden.

Das Landes­ge­sund­heits­amt unter­mau­er­te den Appell Kretsch­manns zur Vorsicht mit den jüngs­ten Zahlen zu den Infek­tio­nen: Demnach sind in Baden-Württem­berg inner­halb eines Tages 1739 neue Corona-Infek­tio­nen regis­triert worden. Die Zahl der nachweis­lich mit dem Erreger Sars-CoV‑2 angesteck­ten Perso­nen stieg damit auf mehr als 118 700, wie die Behör­de am Montag (Stand 16.00 Uhr) mitteil­te. Landes­weit legte der Wert für Neuin­fek­tio­nen pro 100 000 Einwoh­ner inner­halb von sieben Tagen auf 134,3 leicht zu.

Im Zusam­men­hang mit dem Virus starben bisher landes­weit 2296 Menschen — das waren 32 mehr als am Vortag. Unter anderem kamen in den vergan­ge­nen Tagen nach Corona-Ausbrü­chen in zwei Alten- und Pflege­hei­men in Mannheim acht Bewoh­ner ums Leben. In einem Heim im Stadt­teil Garten­stadt seien vier Frauen und drei Männer im Alter zwischen 77 und 88 Jahren am Wochen­en­de und vergan­ge­nen Woche gestor­ben, teilte die Evange­li­sche Kirche Mannheim als Betrei­ber mit. 51 der 90 Bewoh­ner seien infiziert. Auch 20 Mitar­bei­ter hätten sich mit dem Corona­vi­rus angesteckt. Besuche seien aktuell nicht gestattet.