KIEW/MOSKAU (dpa) – Ein Licht­blick für die Menschen in der umkämpf­ten ukrai­ni­schen Stadt Mariu­pol: Frank­reich will zusam­men mit der Türkei und Griechen­land eine Evaku­ie­rungs­ak­ti­on starten. Die Entwick­lun­gen im Überblick.

Die russi­schen Streit­kräf­te haben nach eigenen Angaben bei einem Raketen­an­griff in der Ukrai­ne erneut ein Arsenal mit Waffen und Militär­tech­nik zerstört.

Vier Raketen vom Typ «Kaliber» seien von einem Kriegs­schiff im Schwar­zen Meer abgefeu­ert und in dem Depot in der Nähe der Großstadt Schyto­myr einge­schla­gen. Die wichti­ge Indus­trie­stadt Schyto­myr liegt rund ein 120 Kilome­ter westlich von Kiew. Insge­samt seien inner­halb von 24 Stunden 117 militä­ri­sche Objek­te zerstört worden, darun­ter sechs Komman­do­stel­len und drei Kampf­flug­zeu­ge, teilte der Sprecher des russi­schen Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums, Igor Konaschen­kow, am Samstag mit. Von unabhän­gi­ger Seite überprüf­bar waren diese Angaben nicht.

Humani­tä­re Aktion geplant

Frank­reich will mit der Türkei und Griechen­land eine humani­tä­re Aktion in Gang setzen, um kurzfris­tig Menschen aus der schwer umkämpf­ten ostukrai­ni­schen Hafen­stadt Mariu­pol zu retten. Das kündig­te Präsi­dent Emmanu­el Macron nach dem EU-Gipfel in Brüssel an.

Aus Großbri­tan­ni­en kommen neue Sanktio­nen gegen Perso­nen und Firmen in Russland. Und US-Präsi­dent Joe Biden will am Samstag bei seinem Besuch in Warschau eine Rede zum Ukrai­ne-Krieg halten.

Frank­reich plant Evaku­ie­rung in Mariupol

Bei der Planung für die inter­na­tio­na­le Rettungs­ak­ti­on für die Bürger von Mariu­pol gebe es bereits konkre­te Gesprä­che mit dem Bürger­meis­ter sowie eine Abstim­mung mit dem ukrai­ni­schen Präsi­den­ten Wolodym­yr Selen­skyj, sagte Macron in Brüssel. Eine Abspra­che sei nun auch mit Russland erfor­der­lich, dessen Truppen die Stadt seit Wochen belagern. Selen­skyj bezeich­ne­te die Lage in Mariu­pol als «absolut tragisch». Russi­sche Militärs erlaub­ten keine humani­tä­re Hilfe für die Bewoh­ner. «Sie benut­zen die Bewoh­ner von Mariu­pol besten­falls für ihre Propa­gan­dis­ten», sagte er in einer Video­an­spra­che. Bislang sei es gelun­gen, in dieser Woche etwas mehr als 26.000 Zivilis­ten aus der heftig umkämpf­ten Stadt zu bringen.

Ukrai­nes Regie­rungs­chef bittet um Hilfe

Der ukrai­ni­sche Regie­rungs­chef Denys Schmyhal hat alle Bürger­meis­ter weltweit um humani­tä­re Hilfe für sein Land gebeten. Gleich­zei­tig appel­lier­te er am Freitag­abend an alle inter­na­tio­na­len Partner, den späte­ren Wieder­auf­bau seines Landes zu unter­stüt­zen. «Zur Zeit zerstört Russland unsere Städte und Dörfer, wie es die Nazis vor 80 Jahren taten», sagte Schmyhal. «Unter­stüt­zen Sie die ukrai­ni­schen Städte mit humani­tä­rer Hilfe und Mitteln zum Wiederaufbau.»

Schmyhal hatte die Schäden für die ukrai­ni­sche Wirtschaft durch den Krieg Mitte März mit knapp 515 Milli­ar­den Euro bezif­fert. Allein die Schäden an der Infra­struk­tur belie­fen sich nach offizi­el­len ukrai­ni­schen Berech­nun­gen auf rund 108 Milli­ar­den Euro. Unabhän­gig überprü­fen ließen sich die Zahlen zunächst nicht.

Selen­skyj: Russland hat gewal­ti­ge Propaganda

Die russi­sche Führung hat nach Meinung des ukrai­ni­schen Präsi­den­ten Selen­skyj zig Milli­ar­den Dollar für Propa­gan­da ausge­ge­ben. «Sie wissen alle sehr genau, welch ein gewal­ti­ges staat­li­ches Propa­gan­da­sys­tem Russland aufge­baut hat», sagte Selen­skyj in einer Video­bot­schaft. «Vermut­lich hat noch niemand auf der Welt solche Unsum­men für Lügen ausge­ge­ben.» Aller­dings habe Moskau dabei nicht berück­sich­tigt, dass damit ein Ergeb­nis nicht garan­tiert sei.

Speku­la­tio­nen um Verbleib von Schoigu

Das russi­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um veröf­fent­lich­te nach Speku­la­tio­nen um den Verbleib von Ressort­chef Sergej Schoi­gu am Samstag ein Video von einer Sitzung der Militär­füh­rung. Dabei sagte Minis­ter Schoi­gu, dass die Rüstungs­auf­trä­ge trotz der westli­chen Sanktio­nen gegen Russland erfüllt würden. Zudem sagte er, dass die Ausrüs­tung der Streit­kräf­te mit Hochprä­zi­si­ons­waf­fen ungeach­tet der «militä­ri­schen Spezi­al-Opera­ti­on» in der Ukrai­ne weiter gehe.

Großbri­tan­ni­en verhängt weite­re Sanktionen

Die briti­sche Regie­rung hat weite­re 65 Einzel­per­so­nen und Unter­neh­men in Russland im Zusam­men­hang mit der russi­schen Invasi­on in die Ukrai­ne mit Sanktio­nen belegt. Darun­ter sei auch das russi­sche Rüstungs­un­ter­neh­men Kronstadt als Produ­zent der bewaff­ne­ten Orion- Drohne und anderer unbemann­ter Luftfahr­zeu­ge, heißt es in einem Update des briti­schen Verteidigungsministeriums.

Schwe­res Ringen um die Stadt Cherson

Die ukrai­ni­schen Streit­kräf­te kämpfen nach Angaben eines Vertre­ters des US-Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums darum, die wichti­ge Stadt Cherson im Süden von den Russen zurück­zu­er­obern. Das russi­sche Militär habe keine so feste Kontrol­le mehr über die Stadt wie zuvor, weswe­gen Cherson nun wieder als «umkämpf­tes Gebiet» zu bewer­ten sei.

Cherson am Beginn des Dnipro-Mündungs­del­tas sei eine strate­gisch bedeu­ten­de Hafen­stadt, sagte der Beamte. Falls es den Ukrai­nern gelin­gen sollte, die Stadt zurück­zu­er­obern, würde das den russi­schen Angriff auf die nahe umkämpf­te Großstadt Mykola­jiw erschwe­ren. Zudem würde es eine mögli­che Boden­of­fen­si­ve in Richtung der Hafen­stadt Odessa deutlich erschweren.

Ukrai­ne: Russi­scher Angriff auf Kiew möglich

Das ukrai­ni­sche Militär hält einen großan­ge­leg­ten Angriff russi­scher Truppen auf Kiew immer noch für möglich. Dazu ziehe der Gegner weiter­hin starke Kräfte zusam­men, sagte Ukrai­nes Heeres-Stabs­chef Olexan­der Gruse­witsch. Zudem würden nach Erkennt­nis­sen der Aufklä­rung in der Kauka­sus-Republik Dagestan spezi­el­le Einhei­ten für diesen Einsatz vorbe­rei­tet. Diese Angaben ließen sich nicht unabhän­gig überprü­fen. Zuletzt war es ukrai­ni­schen Truppen gelun­gen, in der Umgebung von Kiew mehre­re Stellun­gen und Ortschaf­ten zurückzuerobern.

Ukrai­ni­sches Luftwaf­fen-Haupt­quar­tier getroffen

Das Haupt­quar­tier der ukrai­ni­schen Luftwaf­fe in Winnyz­ja im Westen des Landes ist mit mehre­ren russi­schen Marsch­flug­kör­pern beschos­sen worden. Ein Teil der sechs Raketen sei im Anflug abgeschos­sen worden, die übrigen trafen das Gebäu­de, teilte die Luftwaf­fen­füh­rung auf ihrer Facebook-Seite mit. Dabei sei «erheb­li­cher Schaden» an der Infra­struk­tur entstan­den. Über eventu­el­le Opfer des Angriffs wurden keine Angaben gemacht.

Kiew warnt: Der Gegner hört mit

Das ukrai­ni­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um hat im russi­schen Angriffs­krieg vor vorschnel­len und unkon­trol­lier­ten Berich­ten über Waffen­lie­fe­run­gen oder militä­ri­sche Aktio­nen gewarnt. Diese würden nur der russi­schen Seite in die Hände spielen und ihr helfen, «Aktio­nen genau­er auszu­rich­ten», sagte die stell­ver­tre­ten­de Vertei­di­gungs­mi­nis­te­rin Hanna Maljar. Es sei bereits vorge­kom­men, dass «gut gemein­te oder aus Dankbar­keit veröf­fent­lich­te Berich­te» über Waffen­käu­fe oder ‑liefe­run­gen dazu geführt hätten, dass entwe­der Verträ­ge gekün­digt oder Liefe­run­gen verhin­dert worden seien. «Und daher versu­chen wir heute unter Kriegs­be­din­gun­gen zu verhin­dern, dass Infor­ma­tio­nen über Hilfe, die wir erhal­ten, durch­si­ckern», sagte sie.

Das wird heute wichtig

Am zweiten Tag seines Besuchs in Polen hält US-Präsi­dent Biden am Samstag in Warschau eine Rede zum russi­schen Angriffs­krieg auf die Ukrai­ne. Der Auftritt am Warschau­er Königs­schloss sei für den späten Nachmit­tag zwischen 17.00 und 18.00 Uhr geplant, hieß es aus der US-Botschaft in der polni­schen Haupt­stadt. In ganz Deutsch­land sind am Samstag Demons­tra­tio­nen gegen den Krieg geplant.