KIEW (dpa) — Der Wider­stand der Ukrai­ne gegen Russland hängt davon ab, dass es überall Satel­li­ten-Inter­net gibt. Doch nun will Starlink-Besit­zer Elon Musk seine Diens­te nicht mehr spenden. Der Überblick.

Die Ukrai­ne setzt das vor wenigen Tagen von Deutsch­land gelie­fer­te Flugab­wehr­wehr­sys­tem Iris‑T bereits im Süden des Landes ein. Das sagte der Sprecher der ukrai­ni­schen Luftwaf­fe, Jurij Ihnat, am Freitag im Fernse­hen. Die Ukrai­ne sei weltweit das erste Land, das über dieses hochmo­der­ne Flugab­wehr­sys­tem verfüge.

Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj sagte, nach den schwe­ren russi­schen Raketen­an­grif­fen vom Wochen­an­fang mache die Ukrai­ne Fortschrit­te bei der Repara­tur zerstör­ter Infra­struk­tur. 15 Objek­te seien bereits wieder instand­ge­setzt worden, sagte er, ohne Einzel­hei­ten zu nennen. «Alle anderen werden wir auch erneu­ern», versprach er in seiner Video­an­spra­che in Kiew. Selen­skyj besuch­te verwun­de­te Solda­ten im Kranken­haus. Außer­dem zeich­ne­te er Militär­an­ge­hö­ri­ge mit Orden aus. Am Samstag ist der 234. Tag seit Beginn der russi­schen Invasi­on im Nachbar­land vom 24. Februar.

Die Ukrai­ne repariert ihr Stromnetz

«In den meisten Regio­nen sind die techni­schen Möglich­kei­ten der Strom­ver­sor­gung wieder herge­stellt worden», sagte Selen­skyj. In anderen seien noch zeitwei­se Abschal­tun­gen zur Stabi­li­sie­rung des Gesamt­net­zes nötig. Der Präsi­dent rief seine Lands­leu­te zum Strom­spa­ren auf. «Auch das ist ein Beitrag zur Vertei­di­gung unseres Landes», sagte er.

Die russi­sche Armee hatte am Montag Dutzen­de Raketen auf Anlagen der ukrai­ni­schen Energie- und Wasser­ver­sor­gung abgefeu­ert und auch in das Zentrum von Großstäd­ten geschos­sen. Kreml­chef Wladi­mir Putin sagte am Freitag, von 29 ins Visier genom­me­nen Objek­ten seien 7 «nicht so beschä­digt worden, wie das vom Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um geplant war». Das werde man nachho­len, drohte er an.

Selen­skyj sieht Hoffnungs­lo­sig­keit in Russland

Zu dem Militär­fei­er­tag, dem Tag der Vertei­di­ger und Vertei­di­ge­rin­nen des Landes, dankte Selen­skyj allen, die die Ukrai­ne vertei­di­gen. Russland habe zwar noch Waffen zum Einsatz gegen das Nachbar­land, sagte er. «Sie haben immer noch die Möglich­keit, unsere Städte und alle Europä­er zu terro­ri­sie­ren, die Welt zu erpres­sen. Aber sie haben keine Chance. Und sie werden keine haben. Denn die Ukrai­ne bewegt sich vorwärts.» Angesichts der ukrai­ni­schen Gegen­of­fen­si­ven sah er Russland bereits in einer Atmosphä­re der Hoffnungs­lo­sig­keit und Nieder­la­ge gefangen.

Ukrai­ne bekommt weite­re Militär­hil­fe aus den USA

Die USA gewäh­ren der Ukrai­ne weite­re Militär­hil­fe, mit der das Land unter anderem Artil­le­rie­ge­schos­se, Panzer­ab­wehr-Waffen und Fahrzeu­ge bekom­men wird. Das Hilfs­pa­ket habe einen Wert von bis zu 725 Millio­nen Dollar (745,6 Millio­nen Euro), wie die US-Regie­rung in der Nacht zum Samstag mitteil­te. Seit Beginn des russi­schen Angriffs­krie­ges im Febru­ar hätten die USA damit rund 17,6 Milli­ar­den Dollar als Sicher­heits­un­ter­stüt­zung für die Ukrai­ne zugesagt.

Tech-Milli­ar­där Musk will Geld für Satel­li­ten-Inter­net sehen

Für den ukrai­ni­schen Wider­stand gegen Russland seit sieben­ein­halb Monaten ist die Nutzung des Satel­li­ten-Inter­net­diens­tes Starlink unver­zicht­bar. Wo es wegen zerstör­ter Infra­struk­tur keinen Zugang zu Mobil­funk und Inter­net mehr gibt, dient er sowohl Zivilis­ten als auch dem ukrai­ni­schen Militär als Kommunikationsmittel.

Nun droht Tech-Milli­ar­där Elon Musk damit, die Starlink-Kosten mit seiner Raumfahrt-Firma SpaceX nicht mehr zu tragen. SpaceX wolle keine Erstat­tung bishe­ri­ger Ausga­ben, schrieb Musk bei Twitter. Man könne aber «auch nicht das bestehen­de System unbefris­tet bezah­len UND Tausen­de weite­re Termi­nals schicken». Die Ukrai­ne koste SpaceX rund 20 Millio­nen Dollar (20,6 Millio­nen Euro) monatlich.

Die Ukrai­ne werde einen Weg finden, damit Starlink weiter in Betrieb bleibe, sagte Mycha­j­lo Podol­jak, ein Berater Selen­sky­js. Musk habe gehol­fen, «die kritischs­ten Momen­te des Krieges zu überle­ben». Der Sender CNN berich­te­te, SpaceX habe das US-Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um aufge­for­dert, die Kosten für die Ukrai­ne zu übernehmen.

Besse­re Strom­ver­sor­gung für AKW Saporischschja

In dem von russi­schen Truppen besetz­ten Kernkraft­werk Saporischschja in der Ukrai­ne hat sich die Strom­ver­sor­gung von außen verbes­sert. Das AKW sei wieder an eine Reser­ve­strom­lei­tung angeschlos­sen worden, teilte die Inter­na­tio­na­le Atomener­gie-Behör­de (IAEA) mit. Außer­dem sei es gelun­gen, die Diesel­vor­rä­te des Werks aufzu­sto­cken. Damit könnten die werkei­ge­nen Genera­to­ren im Notfall zehn Tage lang die Reakto­ren in Europas größtem Atomkraft­werk kühlen.

In den vergan­ge­nen Tagen hatten die Genera­to­ren zweimal einsprin­gen müssen, weil sowohl die letzte verblie­be­ne Haupt­lei­tung von außen wie die Reser­ve­lei­tung ausge­fal­len waren. Derzeit stehen alle sechs Reakto­ren still. Das Perso­nal berei­te sich darauf vor, zwei Reakto­ren wieder hochzu­fah­ren, teilte IAEA-General­di­rek­tor Rafael Grossi mit. Er versucht in Pendel­di­plo­ma­tie zwischen Russland und der Ukrai­ne, dass um das AKW eine Sicher­heits­zo­ne ohne Kämpfe einge­rich­tet wird.

Deutsche Flugab­wehr Iris‑T bereits im Einsatz

Der ukrai­ni­sche Luftwaf­fen­spre­cher Ihnat sagte nicht, wo genau das deutsche System Iris‑T im Einsatz sei; er sprach nur allge­mein von «südli­cher Richtung». Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Olexij Resni­kow hatte am Mittwoch bestä­tigt, dass das erste System Iris‑T angekom­men sei. Deutsch­land will Kiew zunächst vier der jeweils 140 Millio­nen Euro teuren Waffe zur Verfü­gung stellen, die Finan­zie­rung von drei weite­ren ist gesichert.

Jede Einheit besteht aus Radar­an­la­ge, Gefechts­stand und drei auf Lastwa­gen montier­ten Raketen­wer­fern. Iris‑T SLM kann auf Ziele bis 20 Kilome­ter Flughö­he und 40 Kilome­ter Entfer­nung feuern. Damit kann eine mittle­re Großstadt wie Nürnberg oder Hanno­ver geschützt werden. Nach den russi­schen Raketen­an­grif­fen hatten mehre­re Länder der Ukrai­ne Luftab­wehr­waf­fen zugesagt, auch die USA und Großbritannien.

Das wird am Samstag wichtig

Russland will den Lastwa­gen­ver­kehr über die beschä­dig­te Brücke zur annek­tier­ten Halbin­sel Krim am Samstag­abend wieder zulas­sen. Belade­ne Lkws müssten künftig aber vor der Auffahrt auf das strate­gisch wichti­ge Bauwerk kontrol­liert werden, sagte Vizere­gie­rungs­chef Marat Chusnullin.

Auf der 19 Kilome­ter langen Brücke hatte es eine Woche zuvor eine schwe­re Explo­si­on gegeben. Nach Darstel­lung russi­scher Behör­den explo­dier­te ein Lastwa­gen mit Spreng­stoff und setzte einen paral­lel auf der Brücke fahren­den Güter­zug in Brand. Moskau sieht darin einen vom ukrai­ni­schen Geheim­dienst organi­sier­ten Anschlag. Die Ukrai­ne hat sich nicht zur Urheber­schaft der Explo­si­on geäußert.