KIEW/MOSKAU/NEW YORK (dpa) — Selen­skyj nennt Russlands Zerstö­run­gen des ukrai­ni­schen Strom­net­zes beispiel­los. Moskau wirft Kiew derweil erneut den geplan­ten Einsatz einer «schmut­zi­gen Bombe» vor. Die News im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat die russi­schen Luftan­grif­fe als beispiel­lo­se Attacke auf die Energie­ver­sor­gung seines Landes bezeich­net. Er warnte vor bevor­ste­hen­den breit­ge­fä­cher­ten Strom­ab­schal­tun­gen im ganzen Land und rief die Bevöl­ke­rung zum Energie­spa­ren auf.

In Kiew empfing er den ersten afrika­ni­schen Staats­chef seit Kriegs­be­ginn und erhielt dabei gleich­zei­tig ein angeb­li­ches Verhand­lungs­an­ge­bot aus Moskau. Derweil hält der Kreml an seinen Vorwür­fen gegen die Ukrai­ne fest, die angeb­lich plane, eine radio­ak­tiv verseuch­te Bombe zu zünden, um Moskau zu diskre­di­tie­ren. Zur Stützung der These verwen­det Moskau dabei offen­bar auch falsches Bildmaterial.

Selen­skyj klagt über beispiel­lo­sen Terror gegen Energiesektor

«Russi­sche Terro­ris­ten haben so schwie­ri­ge Bedin­gun­gen für unsere Energie­ar­bei­ter geschaf­fen, dass niemand in Europa jemals zuvor so etwas gesehen oder erlebt hat», sagte Selen­skyj gestern in seiner tägli­chen Video­an­spra­che mit Blick auf die russi­schen Luftan­grif­fe. Darüber hinaus kriti­sier­te er die seinen Angaben nach ungenü­gen­de Umset­zung des Getreideabkommens.

Russland behin­de­re weiter­hin die Ausfuhr ukrai­ni­scher Lebens­mit­tel über den Seeweg. 175 Schif­fe ständen daher im Stau und warte­ten auf ihre Abfer­ti­gung. «Es ist offen­sicht­lich, dass Russland beabsich­tigt, die globa­le Nahrungs­mit­tel­kri­se erneut zu verschär­fen, um die Gefahr einer großen Hungers­not zurückzubringen».

Die Worte des 44-Jähri­gen richte­ten sich dabei wohl in erster Linie an die Regie­run­gen in Afrika, um die die Ukrai­ne verstärkt wirbt. «Es ist sehr wichtig, dass sie auf diesem Konti­nent, auf dem der Einfluss des Kreml tradi­tio­nell stark ist, die ukrai­ni­sche Positi­on hören und die volle Wahrheit darüber wissen, was wirklich passiert», beton­te er.

Zuvor hatte Selen­skyj mit dem Präsi­den­ten von Guinea-Bissau, Umaro Sisso­co Embaló, den ersten Staats­chef aus Afrika seit Ausbruch des Kriegs empfan­gen. Embaló erklär­te, er habe ein Gesprächs­an­ge­bot des russi­schen Präsi­den­ten Wladi­mir Putin mitge­bracht, den er tags zuvor im Kreml getrof­fen hatte. Moskau hat das Angebot aller­dings bisher nicht bestätigt.

Russland zeigt falsche Belege für Atomvor­wür­fe gegen Kiew

Mit offen­bar falschen Fotos versuch­te das russi­sche Außen­mi­nis­te­ri­um den Eindruck zu erwecken, dass es Bewei­se für den Bau einer «schmut­zi­gen» — also atomar verseuch­ten — Bombe in der Ukrai­ne habe. Eines der Bilder, das auf dem englisch­spra­chi­gen Twitter-Account des Minis­te­ri­ums auftauch­te, gehöre der slowe­ni­schen Agentur für radio­ak­ti­ve Abfäl­le und stamme aus dem Jahr 2010, berich­te­te die Inter­net­zei­tung «Ukrajins­ka Prawda».

Der russi­sche Vorwurf eines geplan­ten Einsat­zes einer radio­ak­ti­ven Bombe durch Kiew wird im Westen als mögli­cher Vorwand für eine weite­re Eskala­ti­on des Kriegs gedeu­tet. Kiew weist die Vorwür­fe zurück.

Indien zu Russland: Keine Seite sollte Atombom­be einsetzen

Ungeach­tet dessen hat Russland gestern seine Vorwür­fe über den geplan­ten Einsatz einer «schmut­zi­gen Bombe» durch Kiew erneu­ert. Russlands Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Sergej Schoi­gu telefo­nier­te ebenfalls gestern dazu mit seinen Kolle­gen in Peking und Delhi.

Indiens Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Rajnath Singh ermahn­te Schoi­gu derweil, dass keine Seite im Konflikt in der Ukrai­ne eine Atombom­be einset­zen dürfe, wie das Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um in Neu Delhi mitteilte.

Russland testet seine Nuklearstreitkräfte

Mit dem Abschuss von Inter­kon­ti­nen­tal­ra­ke­ten teste­te Russland die Einsatz­be­reit­schaft seiner strate­gi­schen Atomstreit­kräf­te. Das mehrtä­gi­ge Manöver war erwar­tet worden und löste deshalb trotz der inter­na­tio­na­len Spannun­gen wegen des russi­schen Angriffs­kriegs keine Besorg­nis bei westli­chen Militärs aus.

Es war bereits das zweite große Manöver dieser Art in diesem Jahr. Im Zuge seines Krieges in der Ukrai­ne hatte Putin die Atomwaf­fen als Warnung an die Nato, sich nicht einzu­mi­schen, auch in erhöh­te Alarm­be­reit­schaft versetzt. Die Nato übt derzeit ebenfalls in dem Manöver «Stead­fast Noon» die Vertei­di­gung des europäi­schen Bündnis­ge­biets mit Atomwaffen.

UN haben Hoffnung auf Verlän­ge­rung des Getreideabkommens

Nach Gesprä­chen in Moskau und Washing­ton haben die Verein­ten Natio­nen Hoffnung auf eine Verlän­ge­rung des Abkom­mens für den Export ukrai­ni­schen Getrei­des über das Schwar­ze Meer. «Wir sind sehr daran inter­es­siert, dass dies jetzt umgehend erneu­ert wird. Es ist wichtig für den Markt. Es ist wichtig für die Konti­nui­tät. Und ich bin immer noch relativ optimis­tisch, dass wir das schaf­fen werden», sagte der UN-Nothil­fe­ko­or­di­na­tor Martin Griffiths gestern in New York.

Ohne eine Erneue­rung würde das Abkom­men am 18. Novem­ber auslau­fen. Zuvor hatte Russland mehrfach damit gedroht, die wichti­ge Verein­ba­rung — unter der seit Ende Juli etwa neun Millio­nen Tonnen Getrei­de aus dem Kriegs­land verschifft wurden — platzen zu lassen.

Israels Präsi­dent: Gibt Geheim­nis­se, die wir nicht weiter­ge­ben können

Israels Staats­ober­haupt Izchak Herzog vertei­dig­te sein Land gegen Kritik, die Ukrai­ne nicht ausrei­chend zu unter­stüt­zen. «Wir verste­hen die enorme Not und den Schmerz des ukrai­ni­schen Volkes», sagte Herzog gestern dem US-Sender CNN. Es gebe Waffen, die man gar nicht expor­tie­ren könne, sagte Herzog.

«Es gibt Dinge, von denen wir nicht wollen, dass sie in die Hände unserer Feinde fallen. Es gibt Geheim­nis­se, die wir nicht weiter­ge­ben können.» Selen­skyj hatte Israel mehrfach um die Liefe­rung von Waffen geben, um gerade die Gefahr durch russi­sche Luftan­grif­fe mit irani­schen Kampf­droh­nen auszuschließen.

Weite­rer Gefan­ge­nen­aus­tausch absolviert

Die Ukrai­ne erreich­te die Heimkehr weite­rer zehn ihrer Solda­ten aus russi­scher Kriegs­ge­fan­gen­schaft. Ein Offizier und neun Solda­ten im Mannschafts­rang seien freige­las­sen worden, teilte der Chef des ukrai­ni­schen Präsi­di­al­am­tes, Andrij Jermak, auf Telegram mit.

Was heute wichtig wird

Kreml­chef Putin tritt bei der Plenar­sit­zung des Inter­na­tio­na­len Diskus­si­ons­clubs «Waldai» auf. Es wird eine ausführ­li­che Rede Putins erwar­tet, in der er wohl auch auf die aktuel­le Lage in der Ukrai­ne und die russi­schen Ziele einge­hen wird.