KIEW (dpa) — Kiew versucht, den inter­na­tio­na­len Druck auf Teheran wegen der Waffen­lie­fe­run­gen an Moskau zu erhöhen. Die EU will der Ukrai­ne mit neuen Milli­ar­den unter die Arme greifen. Die News im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Staats­chef Wolodym­yr Selen­skyj hat Teherans Waffen­lie­fe­run­gen an Russland als Beitrag zur Verlän­ge­rung des Kriegs­ge­sche­hens kriti­siert. «Der Iran unter­stützt das terro­ris­ti­sche Regime Russlands und hilft, den Krieg zu verlän­gern und daher auch die Bedro­hun­gen für die Welt zu verlän­gern, die durch den russi­schen Angriffs­krieg entstan­den sind», sagte Selen­skyj in seiner tägli­chen Video­an­spra­che. Ohne die Unter­stüt­zung Teherans für Moskau «wären wir schon näher an einem Frieden», sagte der ukrai­ni­sche Staatschef.

Ohne die Einmi­schung Teherans wäre auch eine Lösung für die weltwei­te Nahrungs­mit­tel­kri­se oder die Energie­kri­se greif­ba­rer, argumen­tier­te er weiter. «Wer auch immer Russland hilft, diesen Krieg zu verlän­gern, muss auch die Verant­wor­tung für die Konse­quen­zen dieses Kriegs überneh­men.» Teheran hat erst am Samstag einge­stan­den, Drohnen an Russland gelie­fert zu haben — sprach aber nur von einigen wenigen Exempla­ren. Selen­skyj bezich­tig­te Teheran darauf­hin der Lüge.

Geziel­te Angrif­fe auf Infrastruktur

Im Laufe des Tags seien von russi­scher Seite erneut irani­sche Angriffs­droh­nen einge­setzt worden. «Es gab Abschüs­se, aber leider auch Treffer», sagte Selen­skyj. Es sei erkenn­bar, dass der «terro­ris­ti­sche Staat», wie er Russland nannte, Kräfte und Mittel für neue Massen­an­grif­fe auf die Infra­struk­tur der Ukrai­ne bünde­le. Knapp 4,5 Millio­nen Ukrai­ner litten bereits unter Strom­aus­fäl­len. «Wir berei­ten uns darauf vor, zu antwor­ten», sagte Selenskyj.

Der russi­sche Präsi­dent Wladi­mir Putin lässt immer wieder gezielt Infra­struk­tur in der Ukrai­ne bombar­die­ren, auch in der Haupt­stadt Kiew. Ganze Stadt­tei­le haben stunden­wei­se kein Licht. Für den Montag wurden erneut massi­ve Strom­ab­schal­tun­gen in Kiew angekün­digt. Es werde schlim­mer als ursprüng­lich befürch­tet, schrieb der General­di­rek­tor des staat­li­chen Versor­gers Ukrener­go, Sergy Kowalen­ko, auf Facebook. Dies sei auf «höhere Gewalt» zurückzuführen.

Laut humani­tä­rem Völker­recht müssen eigent­lich «alle mögli­chen Maßnah­men» unter­nom­men werden, um das Leben von Zivilis­ten sowie grund­le­gen­de Infra­struk­tur wie Kraft­wer­ke oder Wasser­ver­sor­gung zu schützen.

Kämpfe bei südukrai­ni­scher Stadt Cherson dauern an

Schwe­re Kämpfe haben auch am Sonntag die Region um die südukrai­ni­sche Stadt Cherson erschüt­tert. Nach Darstel­lung des General­stabs der ukrai­ni­schen Streit­kräf­te wurde in der Ortschaft Kachow­ka ein Gebäu­de zerstört, in dem sich rund 200 russi­sche Solda­ten aufhiel­ten. Die Folgen dieses Angriffs würden von russi­scher Seite «sorgfäl­tig verschlei­ert», hieß es. Bei Raden­sk sei eine Kolon­ne gepan­zer­ter russi­scher Fahrzeu­ge zerstört worden. Die Angaben ließen sich nicht unabhän­gig prüfen.

Entlang des Flusses Dnipro began­nen die russi­schen Besat­zer nach Darstel­lung des ukrai­ni­schen Militärs, die Boote der dorti­gen Zivil­be­völ­ke­rung zu zerstö­ren. Zudem beschlag­nah­me das russi­sche Militär Motoren und Geräte aus den Booten. Damit versto­ße das russi­sche Militär eklatant gegen Geset­ze und die Regeln der Kriegs­füh­rung mit Blick auf die Zivil­be­völ­ke­rung, hieß es.

Die russi­schen Besat­zungs­trup­pen versu­chen schon seit Tagen, die Zivil­be­völ­ke­rung von Cherson zum Verlas­sen der Region zu bewegen. Die ukrai­ni­schen Streit­kräf­te wollen das Gebiet, das seit März unter russi­scher Kontrol­le steht, möglichst bald zurückerobern.

Selen­skyj und von der Leyen erörtern neues Hilfspaket

EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen hat Selen­skyj über Pläne für ein neues Hilfs­pa­ket für die Ukrai­ne in Höhe von bis zu 18 Milli­ar­den Euro infor­miert. Sie wolle das Paket, das in monat­li­che Tranchen von jeweils 1,5 Milli­ar­den Euro geglie­dert sein soll, noch in der kommen­den Woche in Brüssel vorle­gen, erklär­te die EU-Kommis­si­on zu dem Telefo­nat. Mit den vorteil­haf­ten Kredi­ten solle ein «erheb­li­cher Beitrag» zum Finanz­be­darf Kiews für 2023 geleis­tet werden.

Selen­skyj erklär­te über Twitter ledig­lich, er habe mit von der Leyen über finan­zi­el­le Unter­stüt­zung für das laufen­de und das kommen­de Jahr gespro­chen. Weite­res Thema sei die Bedeu­tung der Getrei­de­lie­fe­run­gen aus der Ukrai­ne über das Schwar­ze Meer zur Unter­stüt­zung der weltwei­ten Nahrungs­si­cher­heit gewesen.

Das von den Verein­ten Natio­nen und der Türkei vermit­tel­te Getrei­de­ab­kom­men wurde im Juli abgeschlos­sen. Darin erklär­te sich Russland bereit, die Blocka­de ukrai­ni­scher Seehä­fen für den Getrei­de­ex­port zu beenden. Im Gegen­zug forder­te es Erleich­te­run­gen für die eigene Ausfuhr von Dünge- und Lebens­mit­teln. Das Abkom­men gilt vorerst bis zum 19. Novem­ber. Russland und die Ukrai­ne sind beide große Getreideexporteure.