KIEW/MOSKAU (dpa) — Selen­skyj setzt neue Sanktio­nen in Kraft, Kanzler Scholz will weiter mit dem Kreml sprechen und die Forde­rung nach Kampf­flug­zeu­gen wird immer konkre­ter. Die Lage im Überblick.

Nach mehr als elf Monaten Krieg hat der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj neue Sanktio­nen in Kraft gesetzt. Betrof­fen seien 185 Unter­neh­men und Perso­nen, die Russland im Angriffs­krieg gegen sein Land unter­stütz­ten, sagte Selen­skyj am Samstag­abend. Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) setzt weiter auch auf Gesprä­che mit Kreml­chef Wladi­mir Putin. Er warnte mit Blick auf Waffen­lie­fe­run­gen vor einem «Überbie­tungs­wett­be­werb». Unter­des­sen zieht die Ukrai­ne einen Boykott der Olympi­schen Spiele 2024 in Paris in Betracht, falls dort Athle­ten aus Russland antre­ten dürfen.

In einer Video­bot­schaft kündig­te Selen­skyj Strafen gegen Firmen und Unter­neh­mer an, die im Auftrag des «Aggres­sor­staa­tes» Perso­nal und Militär­tech­nik per Bahn trans­por­tie­ren. Auch Firmen aus dem Nachbar­land Belarus, die Russland bei Trans­por­ten unter­stüt­zen, stehen auf der Liste. Russland hat das Nachbar­land am 24. Febru­ar vergan­ge­nen Jahres überfal­len. Seither ist Krieg.

Scholz setzt weiter auch auf Gesprä­che mit Russland

Scholz sagte dem «Tages­spie­gel» (Sonntag): «Ich werde auch wieder mit Putin telefo­nie­ren — weil es nötig ist, dass mitein­an­der gespro­chen wird.» Es sei an Putin, «diesen furcht­ba­ren unsin­ni­gen Krieg zu beenden, der schon Hundert­tau­sen­de das Leben gekos­tet hat». Wichtig sei, aufs «eigent­li­che Thema» zurück­zu­kom­men: «Wie kommt die Welt aus dieser schreck­li­chen Lage heraus? Die Voraus­set­zung dafür ist klar: der Rückzug russi­scher Truppen.» Aus Moskau hieß es dazu, es gebe derzeit keine konkre­ten Pläne für ein Telefo­nat. Kreml­spre­cher Dmitri Peskow bekräf­tig­te aber: «Putin bleibt offen für Kontakte.»

Mit Blick auf neue Forde­run­gen zur Liefe­rung von Kampf­jets an die Ukrai­ne warnte Scholz davor, «in einen ständi­gen Überbie­tungs­wett­be­werb einzu­stei­gen, wenn es um Waffen­sys­te­me geht». Die Frage der Kampf­flug­zeu­ge stelle sich gar nicht. Der Chef der Münch­ner Sicher­heits­kon­fe­renz, Chris­toph Heusgen, hinge­gen befür­wor­te­te in der ARD die Liefe­rung von Kampf­jets. Dafür kämen ameri­ka­ni­sche F16-Jets in Frage oder Flugzeu­ge sowje­ti­scher Bauart aus alten DDR-Bestän­den. Auslän­di­sche Kräfte dürften der Ukrai­ne gemäß dem Völker­recht Waffen liefern, auch Kampfflugzeuge.

Argen­ti­ni­en plant keine Waffen­lie­fe­rung an Ukraine

Der argen­ti­ni­sche Präsi­dent Alber­to Fernán­dez erteil­te beim Besuch von Scholz in Südame­ri­ka allen Liefe­run­gen eine Absage. «Argen­ti­ni­en und Latein­ame­ri­ka denken nicht daran, Waffen an die Ukrai­ne oder irgend­ein anderes Land in einem Konflikt zu schicken.» Scholz, der zu einem viertä­gi­gen Besuch in Argen­ti­ni­en, Chile und Brasi­li­en ist, hatte dem Medien­ver­bund Grupo de Diari­os Améri­ca zuvor gesagt, der Ukrai­ne-Krieg sei «keine rein europäi­sche Angelegenheit».

Ukrai­ne berät über Olympia-Boykott

Mit Nachdruck forder­te Selen­skyj einmal mehr, dass Russland nächs­tes Jahr nicht zu den Olympi­schen Spielen in Paris zugelas­sen wird. Am Freitag will das Natio­na­le Olympi­sche Komitee der Ukrai­ne über einen mögli­chen Boykott beraten.

Kämpfe gehen weiter — vor allem in Donezk

Vor allem im östli­chen Gebiet Donezk dauern die hefti­gen Kämpfe derweil an. Die berüch­tig­te russi­sche Söldner­grup­pe Wagner behaup­te­te, das Dorf Blagodat­ne nördlich von Bachmut erobert zu haben — was weder von der ukrai­ni­schen Seite noch vom Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um in Moskau bestä­tigt wurde. Letzte­res sprach am Sonntag ledig­lich von «Offen­siv­ope­ra­tio­nen» in Donezk.

Am Samstag­abend hatte das Minis­te­ri­um der Ukrai­ne den geziel­ten Beschuss eines Kranken­hau­ses in der Region Luhansk vorge­wor­fen. Das Kranken­haus in Nowoaj­dar sei am Morgen durch einen Mehrfach­ra­ke­ten­wer­fer des US-Typs Himars beschos­sen worden. Dabei seien 14 Menschen getötet und 24 Patien­ten und Klinik-Mitar­bei­ter verletzt worden. Die Region Luhansk ist weitge­hend von Russland besetzt. Die Angaben waren von unabhän­gi­ger Seite nicht zu überprüfen.