KIEW/MOSKAU (dpa) — Im Donbass stemmt sich das ukrai­ni­sche Militär weiter gegen die russi­schen Truppen. Präsi­dent Selen­skyj hofft auf weite­re Waffen — und lobt ein Gespräch mit Scholz und Macron. Die News im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hofft auf eine Entschei­dung für weite­re Waffen­lie­fe­run­gen an sein Land beim Treffen der sogenann­ten Ukrai­ne-Kontakt­grup­pe, das heute in Brüssel stattfindet.

«Wir arbei­ten daran, dass sich alle unsere Verhand­lun­gen in den Rüstungs­be­schlüs­sen unserer Partner spiegeln», sagte Selen­skyj gestern in seiner abend­li­chen Video­an­spra­che. Das betref­fe sowohl das von den USA angeführ­te sogenann­te Ramstein-Format als auch die Zeit bis zum Jahres­tag des Angriffs auf die Ukrai­ne am 24. Februar.

Dank an Scholz und Macron

Wenige Tage nach seinem Treffen mit Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) und Frank­reichs Präsi­den­ten Emmanu­el Macron nannte Selen­skyj das Gespräch am vergan­ge­nen Mittwoch in Paris «sehr inten­siv». «Wir haben zu dritt sehr offen mitein­an­der gespro­chen, und das hat es uns ermög­licht, ein gemein­sa­mes Verständ­nis für die Aussich­ten in diesem Krieg zu finden.»

Er danke Macron und Scholz für die geschlos­se­ne Unter­stüt­zung der europäi­schen Integra­ti­on der Ukrai­ne. «Wir haben eine gemein­sa­me Vision vom Weg zum Sieg», beton­te Selenskyj.

Baerbock: Führen keine Debat­te über Kampfjets

Vor den Beratun­gen der westli­chen Verbün­de­ten über weite­re Waffen­lie­fe­run­gen in die Ukrai­ne hat Außen­mi­nis­te­rin Annale­na Baerbock bekräf­tigt, dass die Bereit­stel­lung von Kampf­jets für die Bundes­re­gie­rung derzeit kein Thema sei. «Das ist keine Debat­te, die wir führen», wieder­hol­te die Grünen-Politi­ke­rin gestern bei einem Besuch in der finni­schen Haupt­stadt Helsinki.

Vertei­di­gungs­mi­nis­ter und Militärs westli­cher Staaten kommen heute in Brüssel zu einem weite­ren Treffen im Ramstein-Format zusam­men, benannt nach der US-Air-Base in Rhein­land-Pfalz als Ort mehre­rer Ukraine-Treffen.

Dagegen geht der ukrai­ni­sche Vize-Außen­mi­nis­ter Andrij Melnyk davon aus, dass Deutsch­land Kampf­jets an sein Land liefern wird und fordert eine rasche Entschei­dung darüber. «Auch deutsche Exper­ten sagen, Deutsch­land wird die Kampf­jets liefern, das ist nur die Frage der Zeit», sagte er gestern Abend in der ARD-Sendung «Hart aber fair». Aber je länger die Debat­te darüber dauere, desto schwie­ri­ger werde es für die Ukrai­ne, die von Russland besetz­ten Gebie­te zu befreien.

«Wir hoffen, dass die Deutschen, dass die Bundes­re­gie­rung keine roten Linien jetzt zieht (…), sondern darauf eingeht, was für uns wichtig ist», beton­te Melnyk und fügte hinzu: «Der Zeitfak­tor ist entschei­dend.» Die Ukrai­ne gehe davon aus, dass genau­so wie bei den Kampf­pan­zern, eine europäi­sche-tranat­lan­ti­sche Kampf­jet-Allianz geschmie­det werde.

Weiter Gefech­te

Insbe­son­de­re rund um die Stadt Bachmut im östli­chen Gebiet Donezk dauern die schwe­ren und äußerst bluti­gen Kämpfe an. Das Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um in Moskau bekräf­tig­te gestern, russi­sche Kämpfer hätten den Bachmuter Vorort Krasna Hora einge­nom­men. Am Vortag hatte bereits die russi­sche Privat­ar­mee Wagner die Einnah­me der Siedlung für sich beansprucht. Aus der Ukrai­ne gab es dafür bislang aller­dings keine Bestätigung.

Bei russi­schem Beschuss des Gebiets Cherson starben der ukrai­ni­schen Militär­ver­wal­tung zufol­ge eine Frau und ein Mann. Unabhän­gig zu prüfen waren die Angaben nicht.

Energie trotz russi­scher Angriffe

Am Diens­tag soll es in der Ukrai­ne den dritten Tag in Folge keine regio­na­len Strom­ver­brauchs­li­mits geben. Dem staat­li­chen Netzbe­trei­ber Ukren­er­ho zufol­ge sei dies darauf zurück­zu­füh­ren, dass alle unter ukrai­ni­scher Kontrol­le stehen­den neun Atomkraft­werks­blö­cke liefen.

Zusätz­lich seien ungenutz­te Blöcke von Wärme­kraft­wer­ken in Betrieb, und aufgrund gut gefüll­ter Flüsse würden auch die Wasser­kraft­wer­ke mehr Strom als gewöhn­lich liefern. Nach Angaben des Chefs des Kiewer Strom­an­bie­ters Yasno, Serhij Kowalen­ko, sind verein­zel­te Strom­ab­schal­tun­gen in der Haupt­stadt auf Netzeng­päs­se zurückzuführen.

Das russi­sche Militär hat seit Oktober mit geziel­ten Angrif­fen vor allem auf Umspann­wer­ke versucht, die Strom­ver­sor­gung zumin­dest von Eisen­bahn und Indus­trie zu schädi­gen. Dabei sind ukrai­ni­schen Angaben zufol­ge Hunder­te Raketen und Drohnen einge­setzt worden.

Baerbock stärkt Nato-Anwär­tern den Rücken

Außen­mi­nis­te­rin Baerbock dringt auf eine schnel­le Aufnah­me von Finnland und Schwe­den in die Nato. «Beim Nato-Gipfel in Madrid im letzten Sommer haben wir gemein­sam die Grund­la­ge für den Beitritt gelegt. Und wir erwar­ten natür­lich von allen Nato-Mitglie­dern, dass sie diesen Beschluss ohne weite­re Verzö­ge­rung umset­zen», sagte die Grünen-Politi­ke­rin gestern in Helsin­ki mit Blick auf die Blocka­de der Türkei. Auch Ungarn hat noch nicht sein Einver­ständ­nis gegeben. Der Erwei­te­rung müssen alle derzeit 30 Nato-Mitglie­der zustimmen.

Ukrai­ne-Oberbe­fehls­ha­ber spricht mit US-General

Vor Beratun­gen der westli­chen Verbün­de­ten über weite­re Waffen­lie­fe­run­gen an Kiew telefo­nier­te der ukrai­ni­sche Oberbe­fehls­ha­ber Walerij Saluschnyj mit US-General Chris­to­pher Cavoli. Er habe mit dem Oberbe­fehls­ha­ber der Nato-Streit­kräf­te in Europa über die Ausbil­dung ukrai­ni­scher Solda­ten im Ausland gespro­chen — und über die Lage an der Front, teilte Saluschnyj mit.

Ein Sieg der Ukrai­ne bedeu­te nicht nur die Befrei­ung der von Russland besetz­ten Gebie­te, sondern auch das Schaf­fen von Bedin­gun­gen, die es Moskau unmög­lich machen, die Ukrai­ne künftig noch einmal anzugrei­fen. Saluschnyj berät sich regel­mä­ßig mit führen­den westli­chen Militärs, dabei insbe­son­de­re mit US-General­stabs­chef Mark Milley.

Was heute wichtig wird

Die Vertei­di­gungs­mi­nis­ter der 30 Nato-Staaten treffen sich in Brüssel. Thema werden der Krieg in der Ukrai­ne und Anstren­gun­gen der Allianz zum Ausbau der Waffen- und Muniti­ons­be­stän­de sein. Zudem soll es nach den mutmaß­li­chen Sabota­ge­ak­ten gegen die Erdgas­lei­tun­gen Nord Stream 1 und 2 um zusätz­li­chen Schutz für kriti­sche Infra­struk­tur unter Wasser gehen.

Noch vor dem Treffen organi­sie­ren die USA am Vormit­tag Beratun­gen der Ukrai­ne-Kontakt­grup­pe. Über sie werden Waffen­lie­fe­run­gen an Kiew koordi­niert. Erwar­tet wird auch der ukrai­ni­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Oleksij Resnikow.