KIEW (dpa) — Im Abwehr­kampf gegen den russi­schen Krieg in der Ukrai­ne soll der Westen nach dem Willen von Präsi­dent Selen­skyj in Kiew noch mehr Druck auf Moskau ausüben. Die News im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat nach Russlands neuen Raketen­an­grif­fen auf die Energie­infra­struk­tur des Landes weite­re Sanktio­nen gegen Moskau gefor­dert. Es müsse mehr Druck auf Russland geben, sagte Selen­skyj in seiner am Donners­tag in Kiew verbrei­te­ten abend­li­chen Video­bot­schaft. Dabei kriti­sier­te er auch, dass durch einen Raketen­schlag das von Russland besetz­te Atomkraft­werk Saporischschja erneut zeitwei­lig vom Strom­netz abgekappt war. «Das ist eine kriti­sche Situa­ti­on», sagte er.

Russland könne deshalb in der atoma­ren Sphäre kein verläss­li­cher Partner mehr sein. «Das bedeu­tet, je schnel­ler Russlands Nukle­ar­in­dus­trie Ziel von Sanktio­nen ist, desto siche­rer wird die Welt sein. Einem Terror­staat kann nicht erlaubt werden, Atoman­la­gen irgend­wo in der Welt für Terror zu benut­zen», sagte Selen­skyj mit Blick auf Saporischschja. Die Atommacht Russland baut und betreibt in zahlrei­chen Ländern nuklea­re Kraftwerke.

Strom- und Heizungs­aus­fäl­le nach russi­schen Raketenangriffen

Der ukrai­ni­sche Staats­chef warf Russland einen Krieg gegen die Zivili­sa­ti­on vor. Er beklag­te, dass Moskau mit seinen Angrif­fen auf die zivile Infra­struk­tur am Donners­tag teilwei­se Ausfäl­le bei der Versor­gung mit Strom, Heizung und Wasser in einigen Regio­nen und Städten verur­sacht habe. Es seien auch sechs Menschen getötet worden, sagte Selen­skyj. Am schwie­rigs­ten sei die Lage in Charkiw, in der Region Schyto­myr westlich von Kiew.

Die halbe Stadt sei ohne Strom und auch teils ohne Wasser, sagte der Bürger­meis­ter von Schyto­myr, Serhij Suchom­lyn. In der Haupt­stadt Kiew hatte Bürger­meis­ter Vitali Klitsch­ko gesagt, dass überall in der Metro­po­le Strom vorhan­den sei, dass aber 30 Prozent der Wohnun­gen ohne Zentral­hei­zung auskom­men müssten. Die Arbeit an der Wieder­her­stel­lung der Heizung laufe.

«Es ist nicht einfach in Odessa, im Gebiet Dnipro­pe­trowsk, in Kiew und in Saporischschja. Repara­tur­ein­hei­ten, Ingenieu­re, lokale Behör­den, die zentra­len Dienst­stel­len — jeder wird so lange arbei­ten, bis die Energie­ver­sor­gung der Städte und Regio­nen wieder­her­ge­stellt ist», sagte Selen­skyj. «Egal, wie heimtü­ckisch Russlands Handlun­gen sind, unser Staat und die Menschen werden sich dennoch nicht in Ketten legen lassen. Weder Raketen noch russi­sche Abscheu­lich­kei­ten werden dabei helfen.»

Telefo­nat zwischen Selen­skyj und von der Leyen

Seit Mitte Oktober greift Russland mit Raketen von Bombern und von Kriegs­schif­fen sowie mit Drohnen immer wieder die Energie­an­la­gen in der Ukrai­ne an. Die Zerstö­run­gen der Infra­struk­tur führten in allen Landes­tei­len zu stunden- und tagewei­sen Ausfäl­len von Strom, Fernwär­me und Wasser. Aller­dings gelang es den Ukrai­nern immer wieder, das kaput­te Netz zu flicken. Die westli­chen Verbün­de­ten der Ukrai­ne hatten dem Land auch viele Strom­ge­ne­ra­to­ren geschickt, um eine Not- und Grund­ver­sor­gung sicherzustellen.

Selen­skyj lobte die Hilfe der Europäi­schen Union beim Kampf um die Energie­si­cher­heit der Ukrai­ne. Er infor­mier­te auch über ein Telefo­nat mit EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen, die der Ukrai­ne einmal mehr Unter­stüt­zung zugesi­chert habe. Demnach forder­te Selen­skyj bei dem Gespräch auch die Auswei­tung der Sanktio­nen gegen Russland. Zugleich beton­te er einmal mehr, dass er schon in diesem Jahr den Beginn der Beitritts­ver­hand­lun­gen für eine EU-Mitglied­schaft der Ukrai­ne erwar­te. Die EU hatte stets erklärt, dass die Ukrai­ne noch einen langen Weg vor sich habe.

Was heute wichtig wird

Im Osten der Ukrai­ne dauern die Kämpfe um die strate­gisch wichti­ge Stadt Bachmut im Gebiet Donezk an. Präsi­dent Selen­skyj will Bachmut als Festung halten, um zu verhin­dern, dass die Russen von dort aus noch tiefer in das Landes­in­ne­re vordringen.

US-Präsi­dent Joe Biden empfängt am Freitag (20.00 Uhr MEZ) EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin von der Leyen im Weißen Haus zu Gesprä­chen auch über die Unter­stüt­zung für die von Russland angegrif­fe­ne Ukraine.

Frank­reichs Staats­chef Emmanu­el Macron und der briti­sche Premier­mi­nis­ter Rishi Sunak wollen am Vormit­tag mit Mitglie­dern beider Regie­run­gen im Pariser Élysé­e­pa­last bei einem gemein­sa­men Gipfel ebenfalls über eine Verstär­kung der Koope­ra­ti­on bei Waffen­lie­fe­run­gen an die Ukrai­ne und der Ausbil­dung ukrai­ni­scher Solda­ten beraten.