KIEW (dpa) — 400 Tage schon vertei­digt sich die Ukrai­ne gegen den russi­schen Angriffs­krieg. Trotz tausend­fa­chen Tods und großer Zerstö­rung spricht Selen­skyj mit Stolz vom Helden­tum seines Landes. Die News im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat am 400. Tag des Kriegs gegen Russland eine nüchter­ne, aber dennoch positi­ve Bilanz gezogen. «400 Tage der Vertei­di­gung gegen eine umfas­sen­de Aggres­si­on, dies ist ein kolos­sa­ler Weg, den wir zurück­ge­legt haben», sagte er gestern in seiner abend­li­chen Video­an­spra­che. An einigen Front­ab­schnit­ten wurden hefti­ge Kämpfe ausgetragen.

Selen­skyj: 400 Tage des umfas­sen­den Widerstands

Die Ukrai­ne habe «die schlimms­ten Tage» des russi­schen Angriffs im Febru­ar des Vorjah­res überstan­den. «Wir haben auch diesen Winter überlebt», erinner­te Selen­skyj an die massi­ven russi­schen Luft- und Raketen­an­grif­fe gegen die Infra­struk­tur der Ukrai­ne. «Hinter diesen Worten steckt eine gewal­ti­ge Anstren­gung.» Die Ukrai­ne habe in den vergan­ge­nen Monaten mit der Rückerobe­rung großer Gebie­te ihren Helden­tum bewie­sen, sagte Selen­skyj. «Wir berei­ten unsere nächs­ten Schrit­te, unsere neuen Aktio­nen vor, wir berei­ten uns auf unseren baldi­gen Sieg vor.»

Selen­skyj verwies darauf, dass die Erfol­ge der Ukrai­ne auch mit Hilfe der westli­chen Partner möglich gewor­den seien. «Heute, am 400. Tag des Wider­stands, des umfas­sen­den Wider­stands, möchte ich allen in der Welt danken, die an der Seite der Ukrai­ne stehen», sagte er.

Kiew: Mehre­re gleich­zei­ti­ge russi­sche Angrif­fe abgewehrt

Die ukrai­ni­schen Truppen schlu­gen im Osten des Landes nach eigenen Angaben mehre­re gleich­zei­tig geführ­te russi­sche Angrif­fe an verschie­de­nen Front­ab­schnit­ten zurück. «Im Brenn­punkt» standen die Abschnit­te bei Kupjansk, Limansk, Bachmut, Awdijiw­ka und Marjinsk, wie der General­stab gestern in seinem Lagebe­richt mitteil­te. «Insge­samt wurden 47 Angrif­fe des Feindes abgewehrt.»

Einmal mehr stand die schwer umkämpf­te ostukrai­ni­sche Stadt Bachmut im Mittel­punkt des Gesche­hens. Am Abend wurde in der gesam­ten Ukrai­ne Luftalarm ausge­löst. In Kiew wurden die Bewoh­ner wegen bevor­ste­hen­der Angrif­fe mit sogenann­ten Kamika­ze-Drohnen aufge­for­dert, sich in Sicher­heit zu bringen. In Charkiw im Osten des Landes gab es Explo­sio­nen, aus mehre­ren Städten wurden Drohnen-Überflü­ge gemeldet.

Polen liefert keine Kampf­jets aus DDR-Bestän­den in die Ukraine

Polen will zunächst keine Kampf­jets aus frühe­ren DDR-Bestän­den in die Ukrai­ne liefern. Die vier Mig-29 sowje­ti­scher Bauart, deren Liefe­rung die polni­sche Regie­rung bereits vor zwei Wochen angekün­digt hat, stamm­ten nicht aus Deutsch­land, stell­te der Sicher­heits­be­ra­ter des polni­schen Präsi­den­ten Andrzej Duda, Jacek Siewie­ra, in einem Inter­view der Deutschen Presse-Agentur klar.

«Das sind keine deutschen Flugzeu­ge.» Damit steht fest, dass die Bundes­re­gie­rung der Liefe­rung auch nicht zustim­men muss. Im Jahr 2002 hatte Deutsch­land 23 Kampf­jets vom Typ Mig-29 an Polen verkauft. Die Luftwaf­fe habe heute noch etwa ein Dutzend davon, sagte Siewie­ra der dpa. «Und die werden zunächst im Diens­te der polni­schen Streit­kräf­te bleiben.»

Finnlands Weg in die Nato ist frei

Der Weg für Finnland in die Nato ist endgül­tig frei. Als letztes Nato-Mitglied stimm­te am späten Donners­tag­abend auch die Türkei für den Beitritt des nordi­schen Landes zu dem Vertei­di­gungs­bünd­nis — damit fehlt es jetzt nur noch an Forma­li­tä­ten, ehe Finnland in Kürze schon 31. Nato-Mitglied werden kann. 28 der 30 derzei­ti­gen Nato-Mitglie­der hatten schon vor länge­rer Zeit dafür gestimmt, Ungarn am Montag. Unter dem Eindruck des russi­schen Angriffs­kriegs in der Ukrai­ne hatte sich Finnland im vergan­ge­nen Mai gemein­sam mit Schwe­den entschlos­sen, die Mitglied­schaft in der Nato zu beantra­gen. Finnland hat zu Russland eine rund 1340 Kilome­ter lange Grenze.

US-Militär: Mehr als 7000 Ukrai­ner in vergan­ge­nen Monaten ausgebildet

Seit dem Beginn des russi­schen Angriffs­krie­ges gegen die Ukrai­ne bilde­ten die USA nach eigenen Angaben mehr als 7000 Mitglie­der der ukrai­ni­schen Streit­kräf­te aus. Das Training sei an verschie­de­nen Stand­or­ten im In- und Ausland erfolgt, darun­ter in Deutsch­land, sagte der Sprecher des US-Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums, Pat Ryder.

Erst in den vergan­ge­nen Tagen hätten 65 Ukrai­ner im Bundes­staat Oklaho­ma ihre Ausbil­dung am Flugab­wehr­sys­tem Patri­ot abgeschlos­sen und seien nun wieder in Europa. Das Patri­ot-System zählt zu den moderns­ten Flugab­wehr­sys­te­men der Welt. Ryder beton­te, die Ausbil­dung der ukrai­ni­schen Streit­kräf­te sei eine inter­na­tio­na­le Anstren­gung. Derzeit würden mehr als 11.000 Ukrai­ner in 26 Ländern trainiert.

Spiona­ge­vor­wurf: Russi­scher Geheim­dienst nimmt US-Journa­lis­ten fest

Wegen angeb­li­cher Spiona­ge für die USA erließ ein Gericht in Moskau gegen einen auch zu Russlands Krieg gegen die Ukrai­ne recher­chie­ren­den Journa­lis­ten Haftbe­fehl. Der Repor­ter der renom­mier­ten US-Zeitung «Wall Street Journal» sei zunächst bis 29. Mai in Unter­su­chungs­haft, teilte das Gericht gestern mit. Dem 1991 gebore­nen Evan Gersh­ko­vich drohen bei einer Verur­tei­lung bis zu 20 Jahre Haft. Die Zeitung wies die Vorwür­fe gegen ihren Mitar­bei­ter zurück. Die Straf­jus­tiz in Russland gilt als politisch gesteu­ert, die meisten Ankla­gen enden mit einem Schuldspruch.

USA: Russland versucht an neue Waffen aus Nordko­rea zu kommen

Russland bemüht sich nach Angaben der US-Regie­rung weiter­hin um Waffen und Muniti­on aus Nordko­rea. «Uns liegen neue Infor­ma­tio­nen vor, wonach Russland aktiv versucht, zusätz­li­che Muniti­on von Nordko­rea zu erwer­ben», sagte der Kommu­ni­ka­ti­ons­di­rek­tor des Natio­na­len Sicher­heits­ra­tes der USA, John Kirby. Er beton­te, die USA würden alles dafür tun, Russland daran zu hindern, militä­ri­sche Ausrüs­tung aus Nordko­rea und jedem anderen Land, das Russlands Krieg in der Ukrai­ne unter­stüt­ze, zu erwerben.

Mann erhält sieben Jahre Haft für Posts gegen Krieg

Ein Gericht in Moskau hat einen 63-Jähri­gen für zwei Anti-Kriegs-Posts in sozia­len Netzwer­ken zu sieben Jahren Lager­haft verur­teilt. Er hatte im März des Vorjah­res in zwei Kommen­ta­ren die Angrif­fe russi­scher Militärs gegen die ukrai­ni­sche Haupt­stadt Kiew und die Hafen­stadt Mariu­pol verur­teilt, berich­te­te gestern das russi­sche Medium «Meduza», das aus Lettland arbei­tet. Das Gericht habe ihn für schul­dig befun­den, «Fakes» über die russi­sche Armee verbrei­tet zu haben.

Berich­te: Dokumen­te zeigen russi­sche Pläne für Cyberangriffe

Russland hat nach Recher­chen mehre­rer inter­na­tio­na­ler Medien großan­ge­leg­te Cyber­an­grif­fe mit Hilfe priva­ter Software­fir­men vorbe­rei­tet. Aus vertrau­li­chen Dokumen­ten soll hervor­ge­hen, dass die Moskau­er IT-Firma NTC Vulkan Werkzeu­ge entwi­ckel­te, mit denen staat­li­che Hacker Cyber­an­grif­fe planen, Inter­net­ver­kehr filtern sowie Propa­gan­da und Desin­for­ma­ti­on verbrei­ten könnten, wie die Recher­che-Gruppe, darun­ter die «Süddeut­sche Zeitung», «Der Spiegel» und das ZDF, berichtet.

Das wird heute wichtig

Auch am heuti­gen Freitag dürfte die seit Monaten schwer umkämpf­te ostukrai­ni­sche Stadt Bachmut im Mittel­punkt des Gesche­hens stehen.