Die Kämpfe und Angrif­fe in der Ukrai­ne gehen weiter. Zu den Gesprä­chen mit Russland äußer­te sich der ukrai­ni­sche Präsi­dent nun vorsich­tig optimis­tisch. Die Entwick­lun­gen im Überblick.

Ein Ende der Kämpfe in der Ukrai­ne ist weiter nicht in Sicht. Aus mehre­ren Städten der Ukrai­ne wurde in der Nacht Alarm gemel­det. Die Verhand­lun­gen zwischen Vertre­tern Russlands und der Ukrai­ne über ein Ende des Krieges wurden vertagt, sie sollen heute fortge­setzt werden.

Selen­skyj vorsich­tig optimistisch

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat sich zu den Gesprä­chen mit Russland vorsich­tig optimis­tisch geäußert. Die Verhand­lungs­po­si­tio­nen hörten sich realis­ti­scher an, sagte er in einer Video­bot­schaft. Bis die Ukrai­ne zufrie­den sein könne, dauere es aber noch. «Wir alle wollen so schnell wie möglich Frieden und Sieg», meinte der Präsi­dent. «Aber es braucht Mühe und Geduld. Es muss noch gekämpft und gearbei­tet werden.» Jeder Krieg ende mit einer Verein­ba­rung. «Die Treffen werden fortgesetzt.»

Beide Seiten verhan­del­ten zu Wochen­be­ginn in einer Video­schal­te. Am Diens­tag­abend erklär­te Präsi­den­ten­be­ra­ter Mycha­j­lo Podol­jak, die Gesprä­che würden an diesem Mittwoch fortge­setzt. Die Ukrai­ne fordert ein Ende des Krieges und einen Abzug der russi­schen Truppen. Moskau verlangt unter anderem, dass Kiew die annek­tier­te Schwarz­meer-Halbin­sel Krim als russisch sowie die ukrai­ni­schen Separa­tis­ten­ge­bie­te als unabhän­gi­ge Staaten anerkennt.

Ukrai­ne: Russi­sche Armee hat bis zu 40 Prozent der Einhei­ten verloren

Die russi­sche Armee soll nach Angaben des ukrai­ni­schen General­stabs bereits bis zu 40 Prozent der Einhei­ten verlo­ren haben, die seit dem Einmarsch am 24. Febru­ar an Kämpfen betei­ligt waren. Diese Truppen seien entwe­der vollstän­dig zerschla­gen worden oder hätten ihre Kampf­kraft verlo­ren, teilte der General­stab in Kiew in der Nacht zu Mittwoch in einem Lagebe­richt mit. Eine konkre­te Zahl nannte er nicht. Die Angaben können nicht unabhän­gig geprüft werden.

Die schlimms­te Situa­ti­on herrsche weiter in der Gegend um die umkämpf­te Hafen­stadt Mariu­pol, hieß es. Hier versu­che die russi­sche Armee, die Stadt am westli­chen und östli­chen Rand zu blockie­ren. Sie erlei­de dabei aber erheb­li­che Verlus­te. Am Diens­tag konnten sich nach Behör­den­an­ga­ben etwa 20.000 Menschen aus der von russi­schen Truppen einge­schlos­se­nen Stadt am Asowschen Meer in Sicher­heit bringen.

Insge­samt hätten sich am Diens­tag landes­weit fast 30.000 Zivilis­ten aus umkämpf­ten Städten und Dörfern zurück­zie­hen können, sagte Selen­skyj. Eine Kolon­ne mit Hilfs­gü­tern für Mariu­pol werde von russi­schen Solda­ten jedoch weiter­hin blockiert. In der Region Odessa sei die Küste von russi­schen Schif­fen beschos­sen worden, teilte der Berater des Innen­mi­nis­te­ri­ums, Anton Herascht­schen­ko, mit. Es habe aber keinen Landungs­ver­such gegeben.

EU-Regie­rungs­chefs in Kiew

Die Regie­rungs­chefs von Polen, Tsche­chi­en und Slowe­ni­en haben Selen­skyj bei einem Treffen im umkämpf­ten Kiew Solida­ri­tät und Unter­stüt­zung zugesagt. «Hier, im vom Krieg zerris­se­nen Kiew, wird Geschich­te geschrie­ben», beton­te der polni­sche Minis­ter­prä­si­dent Mateusz Morawi­ecki. «Hier kämpft die Freiheit gegen die Welt der Tyran­nei. Hier hängt die Zukunft von uns allen in der Schwe­be», teilte er per Twitter mit.

Selen­skyj bezeich­ne­te den Besuch nach ukrai­ni­schen Medien­be­rich­ten als großen und mutigen Schritt. In einer Zeit, in der viele auslän­di­sche Botschaf­ten wegen des russi­schen Einmarschs die Ukrai­ne verlas­sen hätten, würden «diese Führer unabhän­gi­ger europäi­scher Staaten» zeigen, dass sie keine Angst hätten.

Die EU-Politi­ker waren mit einem Zug nach Kiew gereist. Der Besuch war nach Darstel­lung eines polni­schen Regie­rungs­spre­chers unter strengs­ter Geheim­hal­tung in Abspra­che mit EU und Nato geplant worden. Die ukrai­ni­sche Haupt­stadt wird immer wieder beschos­sen. Es galt als möglich, dass die drei Politi­ker schon kurz nach dem Treffen mit Selen­skyj wieder zurückreisten.

Das wird am Mittwoch wichtig

In der Nato wird eine signi­fi­kan­te und dauer­haf­te Verstär­kung der Ostflan­ke erwogen. Bei einem Vertei­di­gungs­mi­nis­ter­tref­fen am heuti­gen Mittwoch solle eine Diskus­si­on über die länger­fris­ti­ge Stärkung der Sicher­heit in allen Berei­chen begon­nen werden, erklär­te General­se­kre­tär Jens Stoltenberg.

Erstmals seit der Invasi­on wird ein inter­na­tio­na­les Gericht ein Urteil über den Angriff fällen. Das höchs­te Gericht der Verein­ten Natio­nen in Den Haag entschei­det heute über die Dring­lich­keits­kla­ge der Ukrai­ne gegen den Nachbarstaat.

Der Europa­rat berei­tet wegen des Ukrai­ne-Kriegs einen Ausschluss Russlands vor. Die Parla­men­ta­ri­sche Versamm­lung des Europa­rats stimm­te nach einer Dring­lich­keits­sit­zung am Diens­tag­abend in Straß­burg für einen Ausschluss Russlands. Zur Vorbe­rei­tung des Ausschlus­ses will das Minis­ter­ko­mi­tee an diesem Mittwoch zu einer Sonder­sit­zung zusammenkommen.

Auch die inter­na­tio­na­len Bemühun­gen für ein Ende der Kämpfe gehen weiter: Der türki­sche Außen­mi­nis­ter Mevlüt Cavuso­glu reist nach Moskau, der polni­sche Präsi­dent Andrzej Duda in die Türkei. Der ukrai­ni­schen Präsi­den­ten Wolodym­yr Selen­skyj selbst hält vor dem US-Kongress eine Rede per Videoübertragung.