KIEW (dpa) — «Wir müssen sie brechen»: Selen­skyj zufol­ge fügt die Ukrai­ne russi­schen Truppen jeden Tag Verlus­te bei. Die russi­sche Verwal­tung will Kontrol­leu­re im AKW Saporischschja erlau­ben. News im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat dazu aufge­ru­fen, rasch mit dem Wieder­auf­bau des Landes zu begin­nen und nicht bis zu einem Ende des russi­schen Angriffs­kriegs zu warten.

Allein in den Gebie­ten, aus denen russi­sche Truppen wieder vertrie­ben worden seien, gebe es Zehntau­sen­de zerstör­te Häuser. Unter­des­sen wurde in der Nacht zum Diens­tag in fast der gesam­ten Ukrai­ne erneut Luftalarm ausge­löst. Aus dem nordöst­li­chen Gebiet Sumy wurde Beschuss mit Raketen und Grana­ten gemel­det, der mehre­re Menschen verletzt habe.

Selen­skyj: Schon jetzt für Energie im Winter sorgen

Die Ukrai­ne müsse sich schon jetzt auf den Winter vorbe­rei­ten, unter anderem um die Energie­ver­sor­gung zu sichern, sagte Selen­skyj in seiner tägli­chen Video­an­spra­che. Große Teile der Wirtschaft seien von Kämpfen und russi­schen Angrif­fen lahmge­legt worden. Tausen­de Unter­neh­men stünden still. Zugleich müsse es beim Wieder­auf­bau um mehr gehen als nur darum, zerstör­te Wände wieder hochzu­zie­hen: «Die Ukrai­ne muss das freies­te, moderns­te und sichers­te Land in Europa werden.»

In Lugano in der Schweiz läuft gerade eine erste große Konfe­renz zum Wieder­auf­bau der Ukrai­ne. Der ukrai­ni­sche Regie­rungs­chef Denys Schmyhal schätz­te dort, dass hierfür mindes­tens 750 Milli­ar­den Dollar (knapp 720 Milli­ar­den Euro) notwen­dig seien.

Selen­skyj: «Wir müssen sie brechen»

Selen­skyj äußer­te sich nur kurz zum Verlauf der Kampf­hand­lun­gen im Osten des Landes, wo ukrai­ni­sche Truppen am Wochen­en­de die Stadt Lyssytschansk aufge­ben mussten. Die russi­schen Streit­kräf­te haben damit das Gebiet Luhansk größten­teils unter ihre Kontrol­le gebracht — was als eines ihrer zentra­len Kriegs­zie­le galt.

Die ukrai­ni­schen Streit­kräf­te fügten dem russi­schen Militär jeden Tag Verlus­te bei, sagte Selen­skyj. «Wir müssen sie brechen.» Das werde zwar Zeit und «übermensch­li­che Anstren­gun­gen» erfor­dern, es gebe aber keine Alter­na­ti­ve, um die Zukunft der Ukrai­ne zu sichern. Selen­skyj zeigte sich überzeugt, dass besetz­te Gebie­te zurück­er­obert würden.

Ukrai­ni­scher General­stab: Kämpfe gehen im Gebiet Donezk weiter

In der Ostukrai­ne verla­ger­te sich nach dem ukrai­ni­schen Rückzug aus Lyssytschansk der Schwer­punkt der Kämpfe ins benach­bar­te Gebiet Donezk. An der Grenze zur Region Luhansk seien bei Biloho­riw­ka und Werch­n­jo­kam­jans­ke erfolg­reich russi­sche Angrif­fe abgewehrt worden, teilte der ukrai­ni­sche General­stab auf Facebook mit. Umkämpft sei ebenso das Wärme­kraft­werk Wuhle­hirsk westlich des bereits von prorus­si­schen Separa­tis­ten erober­ten Switlodarsk.

Gebiets­ge­win­ne hätten die russi­schen Truppen hinge­gen nördlich von Slowjansk bei Masaniw­ka erzielt. Darüber hinaus seien ukrai­ni­sche Positio­nen an weiten Teilen der Front mit Artil­le­rie, Raketen­wer­fern und Mörsern beschos­sen worden. Die russi­sche Luftwaf­fe habe zudem Stellun­gen ukrai­ni­scher Einhei­ten bombardiert.

Selen­sky­js Berater Olexij Aresto­wytsch zeigte sich zuver­sicht­lich, dass ukrai­ni­sche Truppen nach der Aufga­be von Lyssytschansk die Vertei­di­gungs­li­ni­en an anderen Front­ab­schnit­ten stabi­li­sie­ren können. Insge­samt könne man jedoch sagen, dass Russlands Militär das Gebiet Luhansk erobert habe, räumte er bei Youtube ein.

Verwal­tung im Gebiet Cherson nach russi­schem Muster

Russland verstärkt derweil die Anstren­gun­gen, seine Kontrol­le über besetz­te ukrai­ni­sche Gebie­te zu zemen­tie­ren. So sollen in der südli­chen Region Cherson nach der Einfüh­rung des Rubel als Währung und der Ausga­be russi­scher Pässe auch Verwal­tungs­struk­tu­ren nach russi­schem Muster aufge­baut werden.

Ziel sei eine Integra­ti­on in die Russi­sche Födera­ti­on, beton­te der Vize-Chef der russi­schen Militär­ver­wal­tung, Kirill Stremoussow, beim Nachrich­ten­dienst Telegram. Am Diens­tag solle eine neue Regio­nal­re­gie­rung die Arbeit aufnehmen.

Bereit für IAEA-Kontrol­le in AKW Saporischschja

Die von Russland einge­setz­te Verwal­tung hat sich offen für den Besuch von Vertre­tern der Atomener­gie­be­hör­de IAEA im Atomkraft­werk Saporischschja gezeigt, das auf besetz­tem Gebiet liegt. «Wir sind absolut bereit, IAEA-Exper­ten auf das Objekt zu lassen», sagte der Chef der Besat­zungs­ver­wal­tung, Jewge­ni Baliz­ki, der staat­li­chen russi­schen Nachrich­ten­agen­tur Tass.

Ein Brand in einem Trainings­ge­bäu­de des größten Atomkraft­werks Europas während eines russi­schen Angriffs Anfang März hatte inter­na­tio­nal große Besorg­nis ausge­löst. Baliz­ki beton­te, dass die Besat­zungs­be­hör­den die Anlage nach IAEA-Vorga­ben nicht komplett unter ihre Kontrol­le stellen könnten, sondern gemein­sam mit der Ukrai­ne betrei­ben müssten.

Scholz berät mit Macron über weite­ren Ukraine-Kurs

Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) traf sich zu Beratun­gen mit Frank­reichs Präsi­dent Emmanu­el Macron in Paris. Wichtigs­tes Thema war die deutsch-franzö­si­sche Abstim­mung über das weite­re Vorge­hen im Ukrai­ne-Krieg und die weite­re Unter­stüt­zung für das Land, wie der Élysé­e­pa­last am Montag­abend mitteil­te. In dem Zusam­men­hang ging es demnach auch um Schrit­te zur europäi­schen Unabhän­gig­keit in den Berei­chen Energie, Vertei­di­gung und strate­gi­sche Rohstof­fe. Scholz und Macron waren im vergan­ge­nen Monat gemein­sam zu einem Besuch in der ukrai­ni­schen Haupt­stadt Kiew gewesen.

Das wird am Diens­tag wichtig

In Lugano in der Schweiz endet die Konfe­renz zum Wieder­auf­bau der Ukrai­ne. Selen­skyj versprach «maxima­le Trans­pa­renz» bei allen Projek­ten angesichts von Sorgen über Korrup­ti­on in seinem Land.

Im Haupt­quar­tier der Nato in Brüssel sollen am Vormit­tag die zur Aufnah­me von Schwe­den und Finnland notwen­di­gen Beitritts­pro­to­kol­le unter­zeich­net werden. An der Zeremo­nie sind Vertre­ter aller 30 Mitglied­staa­ten betei­ligt. Aufgrund des folgen­den Ratifi­zie­rungs­pro­zes­ses in den Bündnis­staa­ten könnte es Schät­zun­gen zufol­ge noch sechs bis acht Monate dauern, bis Finnland und Schwe­den tatsäch­lich in die Militär­al­li­anz aufge­nom­men werden können.