KIEW/BERLIN/WASHINGTON (dpa) — Die Ukrai­ne wirft Russland weite­re Raketen­an­grif­fe vor. Unter­des­sen sorgen Melde­auf­la­gen für Wehrpflich­ti­ge in Kiew für Ärger. Ein Überblick zum Gesche­hen in der Nacht und ein Ausblick auf den Tag.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat seinen Appell zur Liefe­rung moder­ner Raketen­ab­wehr­sys­te­me im Krieg gegen Russland bekräf­tigt. Die Führung in Kiew werde nicht einen Tag in ihren Bemühun­gen nachlas­sen, eine ausrei­chen­de Zahl dieser Waffen zu erhal­ten, sagte er am Diens­tag in einer Video­bot­schaft. Aus ukrai­ni­schen Orten wurde unter­des­sen von erneu­ten Raketen­an­grif­fen berich­tet. Der Mittwoch ist für die Ukrai­ne der 133. Kriegs­tag seit Beginn der russi­schen Invasi­on Ende Februar.

Schutz vor Raketen­an­grif­fen hängt von Partner­staa­ten ab

Selen­skyj sagte, Russland habe erneut Ziele im Land attackiert. Dabei sei ein Teil der Raketen von ukrai­ni­schen Luftab­wehr­kräf­ten abgeschos­sen worden. Schutz vor Raketen­an­grif­fen noch in diesem Jahr zu schaf­fen, sei eine extre­me Heraus­for­de­rung für den Staat. «Aber das Erfül­len dieser Aufga­be hängt nicht nur von uns ab, sondern auch vom Verständ­nis unserer Grund­be­dürf­nis­se durch unsere Partner.»

Kiew: Hohe Verlus­te für russi­sche Truppen im Donbass

Die ukrai­ni­schen Truppen haben nach eigenen Angaben einen Angriff des russi­schen Militärs im Gebiet Donbass im Osten der Ukrai­ne zurück­ge­schla­gen. «Die ukrai­ni­schen Kämpfer haben dem Feind bei einem versuch­ten Angriff im Umkreis der Ortschaf­ten Werch­n­jo­kam­kan­ka, Biloho­riw­ka und Hryho­riw­ka erheb­li­che Verlus­te zugefügt. Die Okkupan­ten haben sich zurück­ge­zo­gen», teilte der General­stab in Kiew am Mittwoch mit. Die Ortschaf­ten liegen 10 bis 15 Kilome­ter westlich der einsti­gen Großstadt Lyssytschansk, die Russlands Truppen am Wochen­en­de erobert haben.

Auch südlich davon im Raum Bachmut sei es gelun­gen, den russi­schen Vormarsch zu stoppen und bei den Angrei­fern für «Ausfäl­le» zu sorgen, hieß es in dem Bericht.

Selen­skyj kriti­siert Armeeführung

Nach hefti­ger Kritik an Melde­auf­la­gen für Wehrpflich­ti­ge rüffel­te Selen­skyj die Militär­füh­rung. Auf der nächs­ten Sitzung des General­stabs sollen ihm Vertei­di­gungs­mi­nis­ter, General­stabs­chef und Armee­ober­be­fehls­ha­ber detail­liert Bericht erstat­ten, forder­te der 44-Jähri­ge. «Ich verspre­che dem Volk, die Sache zu klären, und bitte weiter den General­stab, derar­ti­ge Entschei­dun­gen nicht ohne mich zu treffen.» Zuvor hatten Armee­ober­be­fehls­ha­ber Walerij Saluschnyj und der General­stab mitge­teilt, dass wehrpflich­ti­ge Ukrai­ner für das Verlas­sen des Melde­orts eine Erlaub­nis benöti­gen. Nach Kritik in sozia­len Netzwer­ken hieß es, dass dies nur für das Verlas­sen des Regie­rungs­be­zirks notwen­dig sei. Grund­la­ge sei ein Gesetz von 1992.

Ukrai­ne will der OECD beitreten

Die Ukrai­ne will der Indus­trie­län­der­or­ga­ni­sa­ti­on OECD beitre­ten. Er habe im Namen des Landes einen entspre­chen­den Antrag gestellt, teilte Minis­ter­prä­si­dent Denys Schmyhal am Diens­tag per Nachrich­ten­dienst Telegram mit. Die Mitglied­schaft der Ukrai­ne in der Organi­sa­ti­on für wirtschaft­li­che Zusam­men­ar­beit und Entwick­lung (OECD) sei «einer der Eckpfei­ler des erfolg­rei­chen Wieder­auf­baus und der Entwick­lung» der Ukrai­ne, teilte er mit. Schon vor dem Krieg galt die Ukrai­ne gemes­sen am Pro-Kopf-Einkom­men als eines der ärmsten Länder Europas.

Rubel bricht ein

Nach einer monate­lang andau­ern­den Aufwer­tung ist der russi­sche Rubel an der Moskau­er Börse deutlich einge­bro­chen. Gegen­über dem Dollar und dem Euro verlor die russi­sche Landes­wäh­rung am Diens­tag rund zehn Prozent. Auf die drei vergan­ge­nen Handels­ta­ge hochge­rech­net lag der Verlust nach Angaben der Nachrich­ten­agen­tur RBC sogar bei rund 20 Prozent. Am Ende des Börsen­tags koste­te der Dollar mehr als 61 Rubel, der Euro mehr als 63 Rubel. Im Tages­ver­lauf lagen die Leitwäh­run­gen zeitwei­se sogar bei mehr als 62 bezie­hungs­wei­se 64 Rubel. Das ist der höchs­te Stand seit Anfang Mai. Aller­dings ist der Rubel damit immer noch deutlich teurer als vor Kriegs­be­ginn im Februar.

Botschaf­ter Melnyk wehrt sich gegen Vorwürfe

Der ukrai­ni­sche Botschaf­ter Andrij Melnyk hat nach tagelan­gem Schwei­gen den Vorwurf zurück­ge­wie­sen, er habe mit seinen Äußerun­gen über den ukrai­ni­schen Natio­na­lis­ten Stepan Bande­ra den Holocaust verharm­lost. «Jeder, der mich kennt, weiß: immer habe ich den Holocaust auf das Schärfs­te verur­teilt», schrieb Melnyk am Diens­tag auf Twitter. Die Vorwür­fe gegen ihn seien «absurd». Die «Bild» und die «Süddeut­sche Zeitung» berich­te­ten unter Berufung auf ukrai­ni­sche Quellen, Melnyk solle abberu­fen werden und ins Außen­mi­nis­te­ri­um nach Kiew wechseln. Noch im Herbst könnte der 46-Jähri­ge stell­ver­tre­ten­der Außen­mi­nis­ter werden, schrieb die «Bild».

Inhaf­tier­te Basket­bal­le­rin Griner schreibt an Biden

Die in Moskau inhaf­tier­te Basket­bal­le­rin Britt­ney Griner hat US-Präsi­dent Joe Biden persön­lich um Hilfe gebeten. Das Umfeld der 31-Jähri­gen verbrei­te­te Auszü­ge eines Schrei­bens am Montag (Ortszeit), als in den USA der Natio­nal­fei­er­tag began­gen wurde. Das Weiße Haus bestä­tig­te den Eingang des Briefes. Griner befin­det sich wegen des Vorwurfs des Drogen­be­sit­zes seit dem 17. Febru­ar in russi­schem Gewahr­sam, ihr Prozess begann am vorigen Freitag. Die Unter­su­chungs­haft wurde zuletzt bis zum 20. Dezem­ber verlängert.

Das wird am Mittwoch wichtig

Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) stellt sich im Bundes­tag den Fragen der Abgeord­ne­ten. Es dürfte unter anderem um den Ukrai­ne-Krieg und seine Auswir­kun­gen auf Deutsch­land gehen, also auch um Infla­ti­on und Gasknapp­heit. In einer Online-Presse­kon­fe­renz mit Bundes­ent­wick­lungs­mi­nis­te­rin Svenja Schul­ze (SPD) geht es um die Frage, was Städte­part­ner­schaf­ten zur Unter­stüt­zung der Ukrai­ne beitra­gen können.