MOSKAU/KIEW (dpa) — Putin schwört das linien­treue Parla­ment in Moskau auf einen harten Konflikt mit dem Westen ein. Die Ukrai­ne hofft auf weite­re Waffen von ihren Verbün­de­ten. Die Gescheh­nis­se der Nacht im Überblick:

Russlands Präsi­dent Wladi­mir Putin hat den Westen zeitgleich zum Außen­mi­nis­ter­tref­fen der G20 mit Blick auf den Ukrai­ne-Krieg vor einer direk­ten militä­ri­schen Konfron­ta­ti­on gewarnt.

«Heute hören wir, dass sie uns auf dem Schlacht­feld schla­gen wollen. Was soll man dazu sagen? Sollen sie es nur versu­chen», sagte er im Kreml in Moskau bei einem Treffen mit den Chefs der Parla­ments­frak­tio­nen. Russland habe in der Ukrai­ne noch nicht einmal richtig angefan­gen, meinte er. Im indone­si­schen Bali sollte an diesem Freitag das Treffen der Außen­mi­nis­ter der 20 großen Indus­trie­na­tio­nen und Schwel­len­län­der fortge­setzt werden.

Unter­des­sen rief der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj den Westen mit Nachdruck zu weite­ren Waffen­lie­fe­run­gen auf. Der Freitag ist für die Ukrai­ne der 135. Kriegs­tag seit Beginn der russi­schen Invasion.

Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) bekräf­tig­te, die Ukrai­ne so lange wie nötig zu unter­stüt­zen. «Wir werden so lange solida­risch sein — das ist jeden­falls mein Wunsch — wie das notwen­dig ist, damit die Ukrai­ne sich vertei­di­gen kann gegen den furcht­ba­ren und bruta­len russi­schen Angriff», sagte er am Donners­tag­abend im ZDF. Die Forde­rung von CDU und CSU, der Ukrai­ne 200 Trans­port­pan­zer vom Typ Fuchs zu liefern, fand in der Nacht zum Freitag indes keine Mehrheit im Bundestag.

Kiew wider­spricht Putin scharf

Kreml­chef Putin warf dem Westen erneut vor, «bis zum letzten Ukrai­ner» kämpfen zu wollen. «Das ist eine Tragö­die für das ukrai­ni­sche Volk.» Der ukrai­ni­sche Präsi­den­ten­be­ra­ter Mycha­j­lo Podol­jak wies dies scharf zurück. Putins Mantra vom «Krieg bis zum letzten Ukrai­ner» sei ein weite­rer Beweis für den von Russland geplan­ten «Völker­mord» an den Ukrai­nern, schrieb Podol­jak bei Twitter. Putin greife zu «primi­ti­ver Propaganda».

Selen­skyj bittet um weite­re Waffenlieferungen

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Selen­skyj verlang­te vom Westen weite­re Waffen­lie­fe­run­gen im Krieg gegen Russland. «Je größer die Vertei­di­gungs­hil­fe für die Ukrai­ne jetzt ist, desto eher wird der Krieg mit unserem Sieg enden und desto gerin­ger werden die Verlus­te aller Länder der Welt sein», sagte er in einer Video­bot­schaft. Die Partner hätten genaue Infor­ma­tio­nen über den Bedarf der Ukrai­ne. «Das gilt sowohl für Luftver­tei­di­gung, als auch für moder­ne Artillerie.»

Keine Parla­ments­mehr­heit für Liefe­rung von 200 Fuchs-Panzern

Die Forde­rung von CDU und CSU, der Ukrai­ne kurzfris­tig 200 Trans­port­pan­zer vom Typ Fuchs zu liefern, fand derweil keine Mehrheit im Bundes­tag. Das Parla­ment stimm­te in der Nacht zum Freitag gegen einen entspre­chen­den Entschlie­ßungs­an­trag der Unions­frak­ti­on. Vertei­di­gungs­mi­nis­te­rin Chris­ti­ne Lambrecht (SPD) hatte bereits im Vorfeld der Abstim­mung vor einem «Ausplün­dern» der Bundes­wehr gewarnt. «Wir unter­stüt­zen die Ukrai­ne mit allem, was möglich und verant­wort­bar ist. Aber wir müssen die Vertei­di­gungs­fä­hig­keit Deutsch­lands gewähr­leis­ten», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Zuvor hatte der Bundes­tag Maßnah­men zur beschleu­nig­ten Beschaf­fung beschlos­sen, um die Ausrüs­tung der Bundes­wehr rasch zu verbes­sern. Das am Donners­tag­abend verab­schie­de­te Gesetz ermög­licht es für zunächst dreiein­halb Jahre, Aufträ­ge schnel­ler zu verge­ben. So können verschie­de­ne Aufträ­ge gemein­sam erteilt und Gemein­schafts­pro­jek­te mit anderen EU-Staaten einfa­cher reali­siert werden.

Tote und Verletz­te bei Beschuss

Bei Beschuss von Orten im Kriegs­ge­biet Ostukrai­ne wurden erneut Menschen verletzt oder getötet. In der Region Charkiw sprachen die Behör­den am Donners­tag von drei Toten und fünf Verwun­de­ten durch russi­sche Angrif­fe. In den Orten Krama­torsk und Awdijiw­ka in der Region Donezk starben den Behör­den zufol­ge zwei Menschen, acht wurden verletzt. Russi­sche Angrif­fe hätten nur zivile Ziele getrof­fen, erklär­te der Gouver­neur des Gebiets, Pawlo Kyryl­en­ko. Die prorus­si­schen Separa­tis­ten in der Region Donezk sprachen von einem Toten und elf Verletz­ten durch ukrai­ni­schen Beschuss. Berich­te aus den Kampf­ge­bie­ten können nicht unabhän­gig geprüft werden.

Seit Russland die weitge­hen­de Kontrol­le über die ostukrai­ni­sche Region Luhansk übernom­men hat, hat sich der Schwer­punkt der Kämpfe ins benach­bar­te Donezk verla­gert. Im Visier der russi­schen Armee sind demnach beson­ders die Städte Krama­torsk und Slowjansk. Putin sagte bei dem Treffen mit den Duma-Frakti­ons­chefs, dass alle Ziele der «Militär­ope­ra­ti­on» erreicht würden — «ohne Zweifel».

Johnson sichert briti­sche Unter­stüt­zung zu

Nach seinem angekün­dig­ten Rückzug als briti­scher Premier­mi­nis­ter sicher­te Boris Johnson Präsi­dent Selen­skyj die ungebro­che­ne Unter­stüt­zung des Verei­nig­ten König­reichs zu. Wie eine Regie­rungs­spre­che­rin sagte, habe Johnson im Telefo­nat versi­chert, dass Großbri­tan­ni­en so lange wie nötig wichti­ge «Defen­siv­hil­fe» leisten werde. Selen­skyj dankte Johnson für dessen «kompro­miss­lo­se Unter­stüt­zung» seit Beginn des russi­schen Angriffs­kriegs im Februar.

G20-Gastge­be­rin Marsu­di ruft zum Frieden auf

Die indone­si­sche Außen­mi­nis­te­rin Retno Marsu­di rief zum Auftakt der Beratun­gen der G20-Außen­mi­nis­ter auf der Insel Bali zum Ende des russi­schen Angriffs­krie­ges in der Ukrai­ne auf. «Unsere Verant­wor­tung ist es, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Und Brücken zu bauen und nicht Mauern», sagte die Politi­ke­rin. Kurz zuvor hatte sie den russi­schen Außen­mi­nis­ter Sergej Lawrow bei seiner Ankunft im Luxus­ho­tel Mulia im Badeort Nusa Dua zurück­hal­tend begrüßt.

Das wird am Freitag wichtig

Der Krieg in der Ukrai­ne dürfte zu den wichtigs­ten Themen beim Treffen der G20-Außen­mi­nis­ter auf Bali gehören. Erstmals seit Kriegs­be­ginn ist Russlands Außen­mi­nis­ter Lawrow bei einer solchen Konfe­renz dabei. Der Ukrai­ne-Krieg und auch die Energie­kri­se werden ebenfalls den Bundes­rat beschäf­ti­gen. So will die Länder­kam­mer angesichts der Drosse­lung russi­scher Gaslie­fe­run­gen über den verstärk­ten Einsatz von Kohle­kraft­wer­ken für die Strom­pro­duk­ti­on beraten. Der Bundes­tag entschei­det zudem an diesem Freitag über die deutsche Zustim­mung zum Nato-Betritt von Schwe­den und Finnland. Der Schritt Schwe­dens und Finnlands ist eine unmit­tel­ba­re Reakti­on auf den russi­schen Angriffs­krieg gegen die Ukraine.