KIEW (dpa) — Nach dem Entset­zen über Butscha spricht der ukrai­ni­sche Präsi­dent Selen­skyj nun von weite­ren russi­schen Gräuel­ta­ten. EU-Kommis­sion­che­fin Von der Leyen fährt nach Kiew. Die aktuel­len Entwicklungen:

EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen ist auf dem Weg nach Kiew. Sie will dort den ukrai­ni­schen Präsi­den­ten Wolodym­yr Selen­skyj treffen.

Selen­skyj warf russi­schen Truppen Gräuel­ta­ten gegen Zivilis­ten in weite­ren ukrai­ni­schen Städten vor. In Deutsch­land sollen Kriegs­flücht­lin­ge aus der Ukrai­ne vom 1. Juni an staat­li­che Grund­si­che­rung erhal­ten, also die gleichen Leistun­gen wie etwa Hartz-IV-Empfänger.

Von der Leyen brach in der Nacht zum Freitag mit dem Zug von Südost­po­len in die ukrai­ni­sche Haupt­stadt auf. Die ehema­li­ge deutsche Vertei­di­gungs­mi­nis­te­rin ist die erste westli­che Spitzen­po­li­ti­ke­rin, die seit Bekannt­wer­den der Kriegs­gräu­el im Kiewer Vorort Butscha die Ukrai­ne besucht.

Als Reakti­on auf das Massa­ker an Zivilis­ten in Butscha beschlos­sen die EU-Mitglieds­staa­ten am Donners­tag weite­re Sanktio­nen gegen Russland. Darun­ter sind ein Import­ver­bot für Kohle aus Russland sowie neue Beschrän­kun­gen für den Handel und ein weitge­hen­des Einlauf­ver­bot für russi­sche Schif­fe in EU-Häfen.

Kiew: «Es braucht härte­re Sanktionen»

Selen­skyj begrüß­te die Sanktio­nen, sagte aber zugleich, sie reich­ten noch nicht aus, um Russland aufzu­hal­ten und den Krieg zu beenden. «Es braucht mehr Sanktio­nen. Es braucht härte­re Sanktio­nen.» Zugleich forder­te Selen­skyj Waffen für sein Land, «mit denen wir auf dem Schlacht­feld gewin­nen können». Das werde die stärks­te Sankti­on gegen Russland sein, sagte er in seiner tägli­chen Videobotschaft.

Selen­skyj: Borod­jan­ka «noch schreck­li­cher» als Butscha

Selen­skyj sprach von weite­ren Gräuel­ta­ten russi­scher Truppen in der Ukrai­ne. In der Klein­stadt Borod­jan­ka bei Kiew, wo Aufräum­ar­bei­ten liefen, sei es «viel schreck­li­cher» als in Butscha. Dort seien «noch mehr Opfer» russi­scher Einhei­ten. Selen­skyj stell­te zudem die Frage, was passie­ren werde, wenn die Welt erfah­re, was russi­sche Einhei­ten in der schwer umkämpf­ten Hafen­stadt Mariu­pol angerich­tet hätten. Dort sei auf «fast jeder Straße» das, was die Welt nach dem Abzug der russi­schen Truppen in Butscha und anderen Orten um Kiew gesehen habe.

Schäden in Region Odessa nach Raketenangriff

Bei einem Raketen­an­griff durch russi­sche Streit­kräf­te wurden nach ukrai­ni­schen Angaben Infra­struk­tur­ein­rich­tun­gen in der Region Odessa im Süden des Landes getrof­fen. Der Raketen­an­griff sei vom Meer aus gestar­tet worden, berich­te­te die Inter­net­zei­tung «Ukrajins­ka Prawda» unter Berufung auf den Stadt­rat von Odessa. Die Angaben konnten nicht unabhän­gig geprüft werden.

Ukrai­ne: Mehr als 4500 Menschen in Sicher­heit gebracht

Nach ukrai­ni­schen Angaben wurden am Donners­tag mehr als 4500 Menschen aus umkämpf­ten Gebie­ten in Sicher­heit gebracht. Rund 1200 stamm­ten aus der von russi­schen Truppen belager­ten Hafen­stadt Mariu­pol, weite­re rund 2000 aus mehre­ren Städten im Gebiet Saporischschja, teilte Vizere­gie­rungs­chefin Iryna Werescht­schuk mit. Aus dem Gebiet Luhansk im Osten des Landes seien aus den Städten Lissitschansk, Sjewjer­odo­nezk, Rubisch­ne und Kremin­na zudem weite­re rund 1400 Menschen evaku­iert worden. Die Ukrai­ne rechnet mit einer neuen russi­schen Offen­si­ve im Osten des Landes.

Austra­li­en fliegt Bushmas­ter-Panzer­fahr­zeu­ge in die Ukraine

Austra­li­en fliegt von der Ukrai­ne erbete­ne Bushmas­ter-Panzer­fahr­zeu­ge in die Ukrai­ne. Die 20 vielsei­tig verwend­ba­ren Truppen­trans­por­ter, die Austra­li­en unter anderem in Afgha­ni­stan einge­setzt hatte, sollen ihre zehn Insas­sen vor Landmi­nen und anderen Spreng­kör­pern schüt­zen. Selen­skyj hatte in der vergan­ge­nen Woche bei einer Anspra­che an das austra­li­sche Parla­ment konkret um eine Liefe­rung von Bushmas­tern gebeten.

Pink Floyd kommt nach fast 30 Jahren für Ukrai­ne-Song zusammen

Die briti­sche Rockband Pink Floyd hat zu ihren ersten gemein­sa­men Aufnah­men seit fast 30 Jahren zusam­men­ge­kom­men, um einen Solida­ri­täts­song für die Ukrai­ne aufzu­neh­men. In den am Freitag erschie­ne­nen Titel «Hey Hey Rise Up» ist Gesang des ukrai­ni­schen Sängers Andrij Chlywn­juk der Band Boombox einge­flos­sen, der sich derzeit in Kiew von einer Granat­split­ter­ver­let­zung erholt. Zuvor nahmen die Pink-Floyd-Musiker zuletzt für ihr 1994 erschie­ne­nes Album «The Divisi­on Bell» gemein­sam Musik auf.

Protest-Parolen auf Sowjet-Ehren­mal in Berlin

Auf das Sowje­ti­sche Ehren­mal in Berlin-Treptow wurden Parolen gegen den Krieg in der Ukrai­ne und gegen den russi­schen Präsi­den­ten Wladi­mir Putin gesprüht. Ein Sprecher der Berli­ner Polizei bestä­tig­te die Schmie­re­rei­en am Donners­tag­abend. Nähere Angaben machte er nicht. Wie «Der Tages­spie­gel» und die Zeitung «Neues Deutsch­land» berich­te­ten, wurden einige Teile der Gedenk­stät­te mit Parolen wie «Death to all Russi­ans» (Tod allen Russen), «Ukrai­ni­an Blood on Russi­an Hands» (Ukrai­ni­sches Blut an russi­schen Händen) oder «Putin = Stalin» besprüht. Die Schrift­zü­ge seien umgehend unkennt­lich gemacht worden, sagte ein Polizei­spre­cher dem «Tages­spie­gel».

Japan will Kohle-Impor­te aus Russland reduzieren

Japan will im Einklang mit dem Westen weite­re Sanktio­nen gegen Russland ergrei­fen. Man wolle Impor­te russi­scher Kohle «schritt­wei­se reduzie­ren» und darauf abzie­len, Kohle-Einfuh­ren aus Russland letzt­lich ganz zu vermei­den, sagte Koichi Hagiu­da, Minis­ter für Wirtschaft, Handel und Indus­trie. Minis­ter­prä­si­dent Fumio Kishi­da hatte zuvor unter Verweis auf Berich­te über russi­sche Gräuel­ta­ten erstmals von Kriegs­ver­bre­chen gesprochen.

Das wird am Freitag wichtig

Die meiste Aufmerk­sam­keit dürfte der Solida­ri­täts­be­such von Ursula von der Leyen in Kiew bekom­men. Sie wird unter anderem vom EU-Außen­be­auf­trag­ten Josep Borrell beglei­tet. Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) reist nach London. Bei seinem Antritts­be­such beim briti­schen Premier­mi­nis­ter Boris Johnson dürfte auch der Krieg Russlands gegen die Ukrai­ne im Mittel­punkt stehen. Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er trifft in Finnland Präsi­dent Sauli Niinistö und Minis­ter­prä­si­den­tin Sanna Marin.