BERLIN (dpa) — Diese Woche wird ereig­nis­reich in Bezug auf Corona: die einrich­tungs­be­zo­ge­ne Impfpflicht naht, die meisten Beschrän­kun­gen sollen fallen. Doch nun wachsen Zweifel am einge­schla­ge­nen Weg.

Wenige Tage vor dem Auslau­fen der meisten Corona-Beschrän­kun­gen gibt es weiter Kritik an der Pande­mie-Politik der Bundes­re­gie­rung. «Die Positi­on des Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ters ist zutiefst wider­sprüch­lich», sagte der Vorstand der Stiftung Patien­ten­schutz, Eugen Brysch, dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND).

«Wenn das Gesetz so verab­schie­det wird, wie es vom Bundes­ka­bi­nett einge­bracht wurde, macht es alle Arbeit der letzten zwei Jahre obsolet», sagte Brysch über die geplan­te Änderung des Infektionsschutzgesetzes.

Inzidenz erreicht neuen Höchststand

Die bundes­wei­te Sieben-Tage-Inzidenz erreicht am heuti­gen Montag nach Angaben des Robert Koch-Insti­tuts (RKI) erneut einen Höchst­wert. Das RKI gab den Wert der Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­ner und Woche mit 1543,0 an. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 1526,8 gelegen. Vor einer Woche lag die bundes­wei­te Inzidenz bei 1259,2 (Vormo­nat: 1459,8).

Stich­tag 20. März

Am Mittwoch sollen erstmals im Bundes­tag Änderun­gen am Infek­ti­ons­schutz­ge­setz beraten werden; die meisten bundes­wei­ten Corona-Aufla­gen sollen zum 20. März entfal­len. Bereits zwei Tage später soll im Plenum über den umstrit­te­nen Entwurf von Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) und Justiz­mi­nis­ter Marco Busch­mann (FDP) entschie­den werden. Lauter­bach und Busch­mann schla­gen einen deutlich verrin­ger­ten Basis­schutz für ganz Deutsch­land vor.

Bundes­weit möglich sein sollen demnach nur noch Masken­pflich­ten in Pflege­hei­men, Klini­ken und Nahver­kehr — und Testpflich­ten in Heimen und Schulen. Bundes­weit bleiben soll auch die Masken­pflicht in Zug und Flugzeug. Die Länder sollen aber weite­re Corona-Aufla­gen für jeweils auszu­ru­fen­de Hotspots beschlie­ßen können. Angesichts der rasan­ten Ausbrei­tung des Virus in den vergan­ge­nen Tagen wird an diesem Kurs jedoch von vielen gezweifelt.

Der Grünen-Gesund­heits­po­li­ti­ker Janosch Dahmen will sich nun für eine Änderung des Regie­rungs­ent­wurfs einset­zen. «Ich werbe sehr dafür, den Gesetz­ent­wurf zur Reform des Infek­ti­ons­schutz­ge­set­zes noch einmal anzupas­sen und die Masken­pflicht in Innen­räu­men als Basis­schutz­maß­nah­me beizu­be­hal­ten», sagte Dahmen dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND/Montag). Brysch sprach sich ebenfalls für eine Nachbes­se­rung bei der Masken­pflicht aus, aber auch für einen Rechts­an­spruch auf regel­mä­ßi­ge Corona-Tests für Pflege­be­dürf­ti­ge außer­halb statio­nä­rer Einrich­tun­gen und deren Angehörige.

SPD-Chefin Saskia Esken sprach sich ebenfalls für einen ausrei­chen­den Basis­schutz aus — mit Masken in Geschäf­ten. «Das Frühjahr kommt, doch Corona bleibt uns offen­bar erhal­ten», sagte Esken der dpa in Berlin. «Auch im neuen Infek­ti­ons­schutz­ge­setz brauchen wir deshalb einen ausrei­chen­den Basis­schutz, der überall gleicher­ma­ßen gilt», so die SPD-Chefin. «Dazu gehören Maske und 3G im öffent­li­chen Fern- und Nahver­kehr ebenso wie die Maske im Einzel­han­del. Die Länder müssen auf lokale Infek­ti­ons­ge­sche­hen mit weiter­ge­hen­den Maßnah­men reagie­ren können.»

FDP: «Kombi­na­ti­on genau richtig»

Die FDP vertei­dig­te hinge­gen das Vorge­hen. Der Wegfall der meisten Corona-Beschrän­kun­gen am 20. März sei ein großer Erfolg nach zwei Jahren Pande­mie, sagte der designier­te FDP-General­se­kre­tär Bijan Djir-Sarai der «Rheini­schen Post». Gleich­zei­tig blieben die Länder handlungs­fä­hig, sollte sich die Corona-Lage wieder drastisch verschär­fen. «Diese Kombi­na­ti­on aus verant­wor­tungs­vol­lem Handeln und dem Ende der Freiheits­ein­schrän­kun­gen ist genau richtig», beton­te er.

In einer Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz wollen die Länder mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Donners­tag die Lage beraten. Ebenfalls an dem Tag wird im Bundes­tag erstmals über Anträ­ge zu einer allge­mei­nen Impfpflicht diskutiert.

Die sogenann­te einrich­tungs­be­zo­ge­ne Corona-Impfpflicht startet bereits in dieser Woche. Beschäf­tig­te in Pflege­hei­men und Klini­ken müssen bis Diens­tag Nachwei­se als Geimpf­te oder Genese­ne vorle­gen — oder ein Attest, dass sie nicht geimpft werden können. Weiter soll künftig ein gerin­ge­rer Corona-Arbeits­schutz gelten. Dazu will das Kabinett am Mittwoch eine Verord­nung des Sozial­mi­nis­te­ri­ums beschlie­ßen. Künftig sollen die Arbeit­ge­ber weitge­hend selbst bestim­men können, wie sie das Risiko einschät­zen und welche Aufla­gen im Betrieb noch gelten sollen.