Schon lange bevor am Diens­tag die Entschei­dung fällt, deutet sich an: Der Lockdown in Deutsch­land wird wohl verlän­gert. Manche Länder wollen aber Ausnahmen.

Wenige Tage vor neuen Bund-Länder-Gesprä­chen läuft alles auf eine Verlän­ge­rung des Lockdowns in Deutsch­land hinaus. Offen ist aller­dings, bis wann die Beschrän­kun­gen ausge­wei­tet werden — und was mit Schulen und Kitas passiert.

Hier könnten die Länder nach den Gesprä­chen mit Kanzle­rin Angela Merkel (CDU) am Diens­tag unter­schied­li­che Linien fahren. Das deutet sich nach Infor­ma­tio­nen der Deutschen Presse-Agentur nach einer Schalt­kon­fe­renz der Staats­kanz­lei-Chefs vom Samstag an.

Bayerns Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder (CSU) forder­te eine Lockdown-Verlän­ge­rung um weite­re drei Wochen bis Ende Januar. «Vorschnel­le Locke­run­gen würden uns wieder weit zurück­wer­fen», sagte er der «Bild am Sonntag». Erst Mitte Januar wisse man wirklich, wie sich Weihnach­ten und Silves­ter auf die Infek­ti­ons­zah­len ausge­wirkt hätten. «Wir müssen konse­quent bleiben und dürfen nicht wieder zu früh aufge­ben», sagte Söder.

Auch andere stark von Corona betrof­fe­ne Bundes­län­der plädier­ten in der Telefon­kon­fe­renz für eine Verlän­ge­rung bis Monats­en­de, während weniger betrof­fe­ne Länder einer neuen Entschei­dung schon nach zwei Wochen zuneig­ten. Die Regie­rungs­chefs von Hamburg, Nieder­sach­sen, Sachsen-Anhalt, Thürin­gen und Rhein­land-Pfalz, Peter Tschent­scher (SPD), Stephan Weil (SPD), Reiner Hasel­off (CDU), Bodo Ramelow (Linke) und Malu Dreyer (SPD), gehen ebenfalls davon aus, dass die stren­gen Regeln weiter gelten müssen. Sie nannten in Inter­views aber keine Zeitspanne.

Tschent­scher will zudem über die derzeit geschlos­se­nen Schulen disku­tie­ren. Dieses Thema ist beson­ders strit­tig. Der Hambur­ger Bürger­meis­ter sagte der «Welt am Sonntag», er erwar­te vom Bund Infor­ma­tio­nen, «auf welcher wissen­schaft­li­chen Grund­la­ge bezie­hungs­wei­se Daten­grund­la­ge er eine weite­re pauscha­le Schlie­ßung von Kitas und Schulen fordert und wie er sich vorstellt, dass damit die wesent­li­chen Funktio­nen der Grund­ver­sor­gung und medizi­ni­schen Behand­lungs­ka­pa­zi­tä­ten aufrecht­erhal­ten werden sollen».

Die Kultur­mi­nis­ter der Länder beraten bereits am Montag über die Lage, einen Tag vor den Minis­ter­prä­si­den­ten. Sie halten vor allem die baldi­ge Öffnung der Kitas und Grund­schu­len für vorran­gig. Söder dagegen warnte vor einer «überstürz­ten Öffnung von Schulen und Kitas». «Es wäre angesichts der hohen Infek­ti­ons­zah­len verant­wor­tungs­los, Lehrer und Schüler einfach wieder komplett in die Schulen zu schicken», sagte er. Gerade nach den Ferien sei die Gefahr von Anste­ckun­gen hoch.

In der Telefon­kon­fe­renz plädier­ten Länder mit hohen Fallzah­len dafür, die Schulen vorerst geschlos­sen zu halten, Länder mit gerin­ge­ren Zahlen für eine frühe­re Öffnung mit Wechsel- oder Distanz­un­ter­richt höherer Klassen. Einzel­ne Länder regten auch ein Vorzie­hen der Winter­fe­ri­en an, die in manchen Ländern zwischen dem 1. und 15. Febru­ar beginnen.

Auch der Vorsit­zen­de des Weltärz­te­bun­des, Frank Ulrich Montgo­me­ry, plädier­te für eine Verlän­ge­rung des Lockdowns. Bund und Länder sollten um volle vier Wochen nachle­gen, sagte er der «Rheini­schen Post». Das würde einen Lockdown bis zum 2. Febru­ar bedeu­ten. «Und ich bin überhaupt nicht sicher, dass dann Schluss ist», sagte Montgomery.

Der Verbands­vor­sit­zen­de vertei­dig­te auch das Vorge­hen des Bundes und der EU bei der Bestel­lung der Impfstof­fe. «Niemand wusste, welcher Impfstoff zuerst über die Zielli­nie der Zulas­sung gehen würde», sagte er. Alle Vorwür­fe jetzt seien «der billi­ge Versuch, politi­schen Honig aus dem Impfstoff­man­gel zu saugen».

Führen­de Politi­ker aus der Opposi­ti­on und von der SPD hatten kriti­siert, die Bundes­re­gie­rung habe sich mit der EU zu spät und wenig um die Beschaf­fung von Impfstoff geküm­mert. Vor allem die SPD griff dabei auch Gesund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) an. Dieser vertei­dig­te sich mit dem Hinweis, dass es zu Impfbe­ginn zwar wenig Impfstoff gebe, er die Liefer­men­gen aber genau so angekün­digt habe, wie sie nun auch kämen.

Andere Unions­po­li­ti­ker stell­ten sich wie der Berli­ner Virolo­ge Chris­ti­an Drosten hinter den Minis­ter und die EU. Doch auch Branden­burgs Minis­ter­prä­si­dent Dietmar Woidke (SPD) warnte vor wohlfei­ler Kritik an der Impfstoff-Bestel­lung. «Besser­wis­se­rei hilft uns heute gar nichts», sagte er dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutschland.

Söder dagegen griff die EU-Kommis­si­on an, die europa­weit für die Beschaf­fung zustän­dig war. Sie habe zu wenig bestellt und auf die falschen Herstel­ler gesetzt. «Es ist schwer zu erklä­ren, dass ein sehr guter Impfstoff in Deutsch­land entwi­ckelt, aber woanders schnel­ler verimpft wird», sagte er mit Blick auf die Mainzer Firma Biontech.