TERSCHELLING (dpa) — Erste positi­ve Meldun­gen vom brennen­den Fracht­schiff vor der Küste der Nieder­lan­de: Das Feuer schwächt sich ab. Doch keine Entwar­nung. Zuviel ist unklar. Sogar die Ladung: Es sind wohl weitaus mehr E‑Autos an Bord.

Seit Tagen liegt der brennen­de Frach­ter «Fremant­le Highway» vor der nieder­län­di­schen Küste und ein Ende des Dramas ist nicht in Sicht. «Wir berei­ten uns noch immer auf alle Szena­ri­en vor», sagte der Sprecher der zustän­di­gen natio­na­len Wasser­be­hör­de, Matth­ijs Tax, der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Dazu gehört auch der schlimms­te Fall: Ein Ausein­an­der­bre­chen oder Kentern des Frach­ters, der mit rund 3800 Autos beladen ist.

Die Folge wäre eine Umwelt­ka­ta­stro­phe in der Nordsee und dem nahen Watten­meer. Und nun wurde bekannt, dass weitaus mehr E‑Autos auf dem Frach­ter sind: 498 und nicht 25, wie bisher gesagt worden war. Das teilte das Charter­un­ter­neh­men K‑Line mit.

Es ist unklar, was das für die Entwick­lung des Feuers tief unten auf den Autodecks des 200 Meter langen Stahl­ko­los­ses bedeu­tet. Denn die Batte­rien der E‑Autos sind schwie­ri­ger zu löschen. Mögli­cher­wei­se war auch ein E‑Auto der Brand­herd, aber das ist noch nicht bestätigt.

Für Entwar­nung ist es noch zu früh

Doch es gibt auch kleine Licht­bli­cke: Der Brand habe nachge­las­sen, und die Tempe­ra­tur am Schiff sei gesun­ken, sagte eine Spreche­rin der Küsten­wa­che. Für eine Entwar­nung ist es zu früh. Denn noch immer können die Bergungs­spe­zia­lis­ten nicht an Bord.

Das aber ist die Voraus­set­zung für das ideale Szena­rio, sagte der Sprecher der Behör­de Tax. «Sie müssen kontrol­lie­ren, wie stabil das Schiff ist, und den Frach­ter dann an einen Schlep­per koppeln». Dann könnte er an einen siche­ren Ort geschleppt werden.» Das heißt weitab von der Küste, im Norden auf offener See. Sollten dann Öl, Diesel oder andere Schad­stof­fe ausströ­men, wären zumin­dest nicht direkt die Inseln und das Watten­meer betroffen.

Das Schiff liegt momen­tan stabil

Das Feuer war in der Nacht zum Mittwoch auf dem Autodeck des unter der Flagge von Panama fahren­den Schif­fes ausge­bro­chen. Es war unter­wegs von Bremer­ha­ven nach Singa­pur und lag zu dem Zeitpunkt etwa 30 Kilome­ter nördlich der Watten­meer­in­sel Ameland. Die Besat­zung war evaku­iert worden. Dabei war ein Mensch ums Leben gekommen.

Am Donners­tag drifte das brennen­de Schiff nach Westen bis auf die Höhe von Terschel­ling ab, vor der Insel liegt es jetzt etwa 17 Kilome­ter im Norden. Es liege stabil, sagte die Küsten­wa­che. Wind- und Strömungs­vor­her­sa­gen seien günstig, dass diese Positi­on gehal­ten werden könne.

Vom Flugzeug aus machte die Küsten­wa­che Aufnah­men und kontrol­lier­te die Tempe­ra­tur. Auf dem Schlep­per «Guardi­an», gleich beim Frach­ter, wartet inzwi­schen das Exper­ten­team des Bergungs­un­ter­neh­mens. Sobald die Tempe­ra­tur es zulässt, wollen sie an Bord gehen. Auch die «Arca» liegt parat, ein Spezi­al­schiff für die Räumung von Öl.

Nur wie lange hält die Stahl­wand des Schif­fes der Hitze stand? «Das kann man nicht vorher­sa­gen», sagte der Sprecher der Behör­de Tax. Zur Zeit werden die Seiten­wän­de nicht mehr gekühlt, da zu viel Meerwas­ser ins Schiff gelangt sei. Dadurch könne der Frach­ter insta­bil werden.

Warnung vor einer Umweltkatastrophe

Das wäre der schlimms­te Fall: Das Schiff bricht ausein­an­der, bekommt Schlag­sei­te, kentert und sinkt. Schät­zungs­wei­se 1,6 Millio­nen Liter Schwer­öl würden ausströ­men, Schwer­me­tal­le, die fast 4000 Autos. Öl und Schad­stof­fe könnten sich auch auf die nahe gelege­nen einzig­ar­ti­gen Vogel­brut­ge­bie­te und die Küsten ausbreiten.

Die Bewoh­ner machen sich Sorgen. Denn die Inseln leben von Touris­mus. «Die große Angst ist das Öl», sagte stell­ver­tre­tend für viele, Piet van Tuinen von Ameland der Zeitung «Leeuwar­der Courant». «Wenn das auf den Strand kommt, haben wir ein gigan­ti­sches Problem.» Die Vorher­sa­gen für Wind und Strömung sind aber günstig. Im Notfall würden Schad­stof­fe nach Norden ins offene Meer strömen.

Die Einsatz­kräf­te hoffen auch, dass sie endlich an Bord gezielt den Brand bekämp­fen können. Doch auch das ist schwie­rig, sagte der Leiter der Spezi­al­ein­satz­grup­pe Schiffs­si­che­rung der Hambur­ger Feuer­wehr, Dirk Flocke, der Deutschen Presse-Agentur. Auf Schif­fen habe man es mit Metal­len zu tun, engen Gängen, Schad­stof­fen. Das Löschen von Autotrans­por­tern sei beson­ders proble­ma­tisch. Die Decks seien dicht an dicht vollge­stellt. Da könne man mit einem Schlauch nicht zum Brand­herd vordringen.

Von Annet­te Birschel, dpa