ZHANGJIAKOU (dpa) — Ein großes Ziel ist erreicht: Die deutschen Langläu­fe­rin­nen gewin­nen in China mit Staffel-Silber die langersehn­te Olympia-Medail­le. Es war sogar mehr drin. Aber das störte niemanden.

Das ganze Langlauf-Team brüll­te Sofie Krehl auf den letzten Metern im Skista­di­on von Zhang­jia­kou ins Ziel. Dort schmis­sen sich Kathe­ri­ne Sauer­brey, Katha­ri­na Hennig und Victo­ria Carl jubelnd auf die komplett erschöpf­te 26-Jährige.

Nach einem denkwür­di­gen Staffel-Rennen über 4 x 5 Kilome­ter hatte Krehl den völlig überra­schen­den olympi­schen Silber-Coup des deutschen Quartetts bei den Winter­spie­len in China perfekt gemacht — 18,2 Sekun­den hinter Olympia­sie­ger Russland und 2,5 Sekun­den vor dem heran­stür­men­den Bronze-Gewin­ner Schweden.

«Ich glaube, das ist das, was den Langlauf ausmacht», sagte Teamchef Peter Schli­cken­rie­der, dem zwischen­zeit­lich die Stimme stock­te und der mit den Tränen kämpf­te. «Das Ding auf der letzten Rille, mit dem letzten Quänt­chen Kraft über die Zielli­nie zu retten, das ist Langlauf-Krimi pur.»

Lang ersehn­ter Erfolg

Ihm und den gebeu­tel­ten deutschen Langläu­fe­rin­nen und Langläu­fern bescher­te das Team damit den lang ersehn­ten Erfolg nach etlichen Tiefs. «Die Mädels haben heute ein großes Ausru­fe­zei­chen gesetzt für eine große starke Mannschaft», sagte Schli­cken­rie­der, der sich Deutsch­land-Flaggen auf seine Wangen geklebt hatte.

Lange Zeit schien im Rennen sogar Gold möglich zu sein. Doch Krehl hatte auf den letzten Kilome­tern gegen die Russin Weroni­ka Stepano­wa keine Chance mehr und war darauf bedacht, gegen die Schwe­din­nen und Norwe­ge­rin­nen den Silber-Platz zu vertei­di­gen. «Ich hatte beina­he Todes­angst», sagte Krehl über ihre Gefühle.

Die verpass­te noch größe­re Sensa­ti­on tat der ausge­las­se­nen Stimmung bei den vier Deutschen aber keinen Abbruch. Bei der Venue Cerem­o­ny tanzten sie mit ihren Skiern in der Hand auf dem Podest. Als sie das Podium verlie­ßen, erklang der Song «Don’t Stop Belie­vin’» («Hör nicht auf zu glauben») — ein passen­der Titel.

Größter Erfolg der Karriere

Denn so recht hatte niemand vor den Winter­spie­len daran geglaubt, dass acht Jahre nach Staffel-Bronze mit Nicole Fessel, Stefa­nie Böhler, Claudia Nystad und Denise Herrmann in Sotschi wieder eine Medail­le möglich wäre. Doch die ersten Auftrit­te der Loipen-Asse in China ließen Hoffnung aufkom­men. Auf ihrer Parade­stre­cke über zehn Kilome­ter in der klassi­schen Technik war Hennig Fünfte gewor­den, Sauer­brey hatte Platz elf belegt. Im Sprint hatten Carl als Zehnte und Krehl als Elfte ebenfalls überzeugt.

«Ich hatte ein sehr gutes Gefühl. Das hatte ich auch schon gestern», berich­te­te Hennig. «Ich wusste, dass wir schon lange nicht mehr so kompakt aufge­stellt waren.» Die Chance auf eine Medail­le sei realis­ti­scher gewesen als in den Rennen davor. «Aber natür­lich war da auch ein Batzen Nervo­si­tät dabei», gestand die Oberwie­sen­tha­le­rin ein. «Ich bin stolz, dass wir das heute so gerockt haben heute.»

Für sie und ihre drei Teamkol­le­gin­nen war es der mit Abstand größte Erfolg ihrer bishe­ri­gen Karrie­re — und jede hatte dazu beigetra­gen. Start­läu­fe­rin Sauer­brey übergab nur knapp hinter Russland auf Platz zwei an Hennig. Diese behaup­te­te sich gegen die starke Natalia Neprja­je­wa und übergab mit 4,3 Sekun­den Vorsprung an Victo­ria Carl. Die 26-Jähri­ge vertei­dig­te die Führung und wechsel­te auf Schluss­läu­fe­rin Krehl, die Platz zwei ins Ziel brachte.

Der Erfolg soll als Mutma­cher für den Teamsprint am Mittwoch dienen. «Wir werden wieder kämpfen wie die Schwei­ne», sagte Hennig. «Und dann werden wir sehen, was dabei herauskommt.»

Von Thomas Eßer und Claas Hennig, dpa