Nach einjäh­ri­ger Hänge­par­tie hat die CDU ihre Führungs­fra­ge geklärt. Es bedurf­te einer Stich­wahl, bis feststand: NRW-Regie­rungs­chef Laschet führt künftig die Partei. Eine wichti­ge Perso­na­lie bleibt aber vorerst ungeklärt.

Nordrhein-Westfa­lens Minis­ter­prä­si­dent Armin Laschet ist neuer CDU-Vorsit­zen­der. Der 59-Jähri­ge setzte sich am Samstag beim digita­len Bundes­par­tei­tag in einer Stich­wahl gegen den frühe­ren Unions­frak­ti­ons­chef Fried­rich Merz durch.

Auf Laschet entfie­len 521 der abgege­be­nen 991 Delegier­ten­stim­men, auf Merz 466. Der dritte Kandi­dat für die Nachfol­ge von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karren­bau­er, der Außen­po­li­ti­ker Norbert Röttgen, war im ersten Wahlgang ausgeschieden.

Mit der Wahl beende­te die CDU eine fast einjäh­ri­ge Hänge­par­tie, nachdem Kramp-Karren­bau­er im Febru­ar 2020 ihren Verzicht auf eine erneu­te Kandi­da­tur erklärt hatte. Offen bleibt, wer die Union als Kanzler­kan­di­dat in die Bundes­tags­wahl führen wird.

Das Ergeb­nis der Online-Abstim­mung muss nun noch formal durch eine Brief­wahl bestä­tigt werden, um rechts­si­cher zu sein. Auf dem Wahlzet­tel der 1001 Delegier­ten wird aber nur noch der Name Laschet stehen. Das Ergeb­nis soll am 22. Januar bekannt gegeben werden. Im ersten Durch­gang hatte Merz 385 Stimmen erhal­ten, Laschet 380 und Röttgen 224.

Laschet sagte nach seiner Wahl, er werde alles dafür tun, dass die CDU die bevor­ste­hen­den Landtags­wah­len erfolg­reich bestehe und nach der Bundes­tags­wahl «die Union den nächs­ten Kanzler stellt». Bundes­kanz­le­rin Angela Merkel (CDU) gratu­lier­te dem neuen Partei­chef auf Twitter und schrieb: «Ich freue auf unsere Zusam­men­ar­beit.» Kramp-Karren­bau­er rief auf Twitter zur Geschlos­sen­heit auf: «Und jetzt alle zusam­men für unsere Union und unser Land.» Ebenfalls auf Twitter schrieb der CSU-Vorsit­zen­de Markus Söder: «Freue mich auf unsere Zusam­men­ar­beit! Gemein­sam werden wir die Erfolgs­ge­schich­te der Union fortschreiben.»

Zu stell­ver­tre­ten­den Vorsit­zen­den wurden anschlie­ßend Volker Bouffier (806 Ja-Stimmen), Julia Klöck­ner (787), Silvia Breher (777), Thomas Strobl (670) und Jens Spahn (589) gewählt. Der Gesund­heits­mi­nis­ter rückt neu in den Kreis auf. Er hatte vor der Vorsit­zen­den­wahl eine Frage­run­de mit den drei Bewer­bern für ein Plädoy­er für Laschet genutzt. Dies wurde ihm in der Partei teilwei­se als unsport­li­ches Verhal­ten angekrei­det. Laschet und Spahn hatten erklärt, als Team anzutreten.

Laschet hatte in seiner strecken­wei­se emotio­na­len Bewer­bungs­re­de seine Erfah­rung als Regie­rungs­chef ins Feld geführt. «Man muss das Handwerks­zeug einer Politik der Mitte beherr­schen», sagte er. Er verwies auf die Verhand­lun­gen zum Kohle­aus­stieg oder den Kampf gegen Krimi­na­li­tät in NRW.

Laschet würdig­te die Verdiens­te Merkels. Das Ansehen der Kanzle­rin lasse sich in einem Wort zusam­men­fas­sen: Vertrau­en. Die CDU werde aber nicht für die Verdiens­te der Vergan­gen­heit gewählt. Nötig sei ein «Moder­ni­sie­rungs­jahr­zehnt». Laschet beton­te: «Die CDU muss wieder zur Ideen­schmie­de und zum Ort der Diskus­si­on werden.» Die Partei sei keine «One-Man-Show». Es spiege­le sich nicht mehr die ganze Breite der Gesell­schaft in der Partei wider, sagte Laschet. «Die CDU und das Deutsch­land, die ich vor Augen habe, braucht keinen CEO, keinen Vorstands­vor­sit­zen­den, sondern einen Mannschafts­ka­pi­tän, der führt und zusam­men­führt.» Zur Frage der Kanzler­kan­di­da­tur der Union äußer­te sich Laschet nicht.

Dagegen beanspruch­te Merz diese in seiner Bewer­bungs­re­de für den Fall seiner Wahl zum Partei­chef indirekt für sich. Sein Anspruch sei «Führung dieser Partei, aber auch Führung unseres Landes», sagte der 65-Jähri­ge. «Wir sind als deutsche Christ­de­mo­kra­ten fest entschlos­sen, diese nächs­te deutsche Bundes­re­gie­rung auch wieder zu führen.» Merz machte deutlich, dass er sich eine schwarz-grüne Bundes­re­gie­rung vorstel­len kann. Er wies auf die von Volker Bouffier (CDU) geführ­te schwarz-grüne Koali­ti­on in Hessen hin und sagte: «So etwas geht. Und das geht nicht nur, wenn man selbst beson­ders grün ist. Es geht beson­ders und es geht besser, wenn man in eine solche Koali­ti­on eigene Überzeu­gun­gen, eigene Meinun­gen, eigene Stand­or­te einbringt.»

Der im ersten Wahlgang unter­le­ge­ne Röttgen warb für eine Erneue­rung der CDU. Die Partei müsse wieder der Ort sein, wo Zukunfts­fra­gen disku­tiert werden und Antwor­ten gefun­den werden, sagte er in seiner Bewer­bungs­re­de. «Es geht eigent­lich nur um eins: Zukunfts­kom­pe­tenz.» Die CDU werde nur Volks­par­tei bleiben, wenn sie sich verän­de­re. Sie müsse weibli­cher und jünger werden und so digital wie auf dem Partei­tag. «Volks­par­tei und Partei der Mitte muss man immer wieder neu werden.» Er traue sich zu, neue Wähle­rin­nen und Wähler für die CDU zu gewinnen.

Glück­wün­sche zur Wahl bekam Laschet auch von der politi­schen Konkur­renz. Die SPD-Vorsit­zen­de Saskia Esken wünsch­te ihm gutes Gelin­gen beim Zusam­men­füh­ren der CDU. «In der Koali­ti­on steht mit der Bewäl­ti­gung von Corona eine Heraus­for­de­rung an, die keinen weite­ren inner­par­tei­li­chen Wettbe­werb der Konser­va­ti­ven verträgt.» FDP-Chef Chris­ti­an Lindner twitter­te: «Auf so gute Zusam­men­ar­beit und so sport­li­chen Wettbe­werb als Bundes­vor­sit­zen­de wie wir beides als NRW-Landes­vor­sit­zen­de früher schon hatten.»

Die Grünen-Vorsit­zen­den Annale­na Baerbock und Robert Habeck erklär­ten: «Wir freuen uns auf einen spannen­den politi­schen Wettbe­werb um die Frage, welche Kraft unser Land mutig, entschlos­sen und mit neuem Schwung aus der Krise in dieses entschei­den­de Jahrzehnt führt.»

Deutlich kriti­scher äußer­te sich die Linken-Vosit­zen­de Katja Kipping: «Mit Laschet hat die CDU nun einen neuen Partei­vor­sit­zen­den, aber noch lange keinen Kanzler­kan­di­da­ten. Egal, wer dann das Rennen um CDU-Kanzler­kan­di­da­tur gewinnt, die CDU wird nicht bereit sein, die Weichen so stellen, dass wir gerecht aus der Krise kommen.» Der AfD-Bundes­vor­sit­zen­de Jörg Meuthen schrieb in einer Mittei­lung: «Schlech­te Nachrich­ten für Deutsch­land: Jetzt wird weitergemerkelt!»

Wegen der Corona-Krise fand der CDU-Wahlpar­tei­tag erstmals rein digital statt. In Deutsch­land hat es zwar bereits digita­le Partei­ta­ge gegeben, etwa bei den Grünen und der CSU, dort fanden aber keine Wahlen statt. Nach der Wahl des neuen Vorsit­zen­den sollte bis auf General­se­kre­tär Paul Ziemi­ak auch die ganze CDU-Führungs­spit­ze online neu gewählt werden.

Im Partei­tags­stu­dio auf dem Berli­ner Messe­ge­län­de waren wegen der Corona-Pande­mie nur der engste Führungs­zir­kel um Kramp-Karren­bau­er und Ziemi­ak sowie die Bewer­ber für den Vorsitz anwesend. Delegier­te, Gäste und Journa­lis­ten waren nicht zugelassen.