BERLIN (dpa) — «Legali­sie­rung ist der Königs­weg»: Der Gesund­heits­mi­nis­ter wirbt für Regie­rungs­plä­ne, Canna­bis zu entkri­mi­na­li­sie­ren. Ärzte­ver­tre­ter warnen dagegen vor «irrepa­ra­ble Hirnschä­den» bei jungen Menschen.

Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach hat die Pläne der Ampel-Koali­ti­on zur Freiga­be von Canna­bis gegen Kritik vertei­digt. «Die Legali­sie­rung ist der Königs­weg, den Schwarz­markt auszu­trock­nen», sagte der SPD-Politi­ker in den ARD-«Tagesthemen». «Es geht uns ja darum, die Gesund­heits­ge­fähr­dun­gen durch Canna­bis zu reduzie­ren.» Die Legali­sie­rung sei eine Möglich­keit, den Konsum zu beschrän­ken und den Jugend­schutz zu verbes­sern, argumen­tier­te Lauterbach.

Der Präsi­dent des Berufs­ver­bands der Kinder- und Jugend­ärz­te, Thomas Fisch­bach, warnte dagegen vor dem Vorha­ben der Regie­rung. «Uns als Kinder- und Jugend­ärz­ten wäre es lieber, wenn die Canna­bis-Legali­sie­rung nicht kommt», sagte er der «Rheini­schen Post».

«Sollte die Bundes­re­gie­rung aber eine Lösung für die europa­recht­li­chen Hürden finden, braucht es zwingend Nachbes­se­run­gen der vorge­leg­ten Pläne.»

Ärzte warnen vor Hirnschäden

Fisch­bach kriti­sier­te unter anderem, es sei noch keine Lösung erkenn­bar, wie die Weiter­ga­be von legal erwor­be­nem Canna­bis an Jugend­li­che unter 18 unter­bun­den werden könne. «Mit einer Legali­sie­rung würde das viel häufi­ger passie­ren, mit drama­ti­schen Folgen für die Gesund­heit der Jugend­li­chen», so der Ärzte­ver­tre­ter. Das mensch­li­che Hirn sei bis zum 25. Lebens­jahr noch nicht vollstän­dig ausgereift.

«Regel­mä­ßi­ger Canna­bis­kon­sum kann bei Jugend­li­chen und jungen Erwach­se­nen irrepa­ra­ble Hirnschä­den verur­sa­chen, bis hin zu einer dauer­haf­ten Einschrän­kung der intel­lek­tu­el­len Leistungs­fä­hig­keit und der sozia­len Kompetenz.»

Lauter­bach sagte mit Blick auf die aktuel­le Politik, der Jugend­schutz und auch der Schutz der Menschen zwischen 18 und 25 Jahren habe nicht geklappt. «25 Prozent in der Alters­grup­pe 18 bis 25 haben im letzten Jahr gekifft.» Aktuell sei der Handel überhaupt nicht reguliert — «das heißt, Sie haben jetzt Dosie­run­gen, die sehr, sehr schäd­lich sind. (…) Sie haben zum Teil Beimen­gun­gen, die Jugend­li­che gezielt abhän­gig machen sollen.»

Wenn man die Abgabe kontrol­lie­re, «dann glaube ich wird es uns auch gelin­gen, dafür zu sorgen, dass wir mehr Jugend­schutz haben», zeigte sich Lauter­bach überzeugt. Auf die Frage, wie die Weiter­ga­be an Minder­jäh­ri­ge verhin­dert werden könne, räumte er jedoch ein, dass es immer «Restri­si­ken» gebe.

In der Sendung «RTL Direkt» sagte Lauter­bach, dass es gleich­zei­tig Aufklä­rungs­kam­pa­gnen geben soll: «Wir wenden uns an die Kinder, an die Jugend­li­chen und erklä­ren, wieso der frühe Konsum so schäd­lich ist, insbe­son­de­re wenn das Gehirn noch wächst, kann der Konsum schaden.»

Canna­bis-Legali­sie­rung: Was die Regie­rung vorhat

Das Bundes­ka­bi­nett hatte gestern Eckpunk­te Lauter­bachs für eine Legali­sie­rung beschlos­sen. Canna­bis und der Wirkstoff Tetra­hy­dro­can­na­bi­nol (THC) sollen demnach künftig recht­lich nicht mehr als Betäu­bungs­mit­tel einge­stuft werden.

Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm «Genus­scan­na­bis» sollen straf­frei, priva­ter Eigen­an­bau in begrenz­tem Umfang erlaubt und ein Verkauf an Erwach­se­ne in «lizen­zier­ten Fachge­schäf­ten» und mögli­cher­wei­se auch Apothe­ken möglich werden. Ein Gesetz will Lauter­bach nur auf den Weg bringen, wenn die Pläne einer europa- und völker­recht­li­chen Prüfung in Brüssel standhalten.

Aus der Union kam schar­fe Kritik an den Plänen. Aber auch etwa die Bundes­ärz­te­kam­mer lehnte sie ab und warnte vor einer Bagatel­li­sie­rung von gesund­heit­li­chen Gefah­ren des Cannabis-Konsums.

Polizei­ver­te­ter grund­sätz­lich für Entkriminalisierung

Der Bund Deutscher Krimi­nal­be­am­ter (BDK) befür­wor­tet nach Angaben des Vorsit­zen­den Dirk Peglow grund­sätz­lich «eine Entkri­mi­na­li­sie­rung von Konsu­men­tin­nen und Konsu­men­ten aller Betäu­bungs­mit­tel». Bei den Eckpunk­ten zur Canna­bis-Legali­sie­rung seien aber noch viele Fragen offen, sagte er den Zeitun­gen der Funke-Mediengruppe.

«Wenn Kolle­gin­nen und Kolle­gen zum Beispiel bei einer Kontrol­le Canna­bis finden, woher wissen sie, ob das legal gekauft wurde?», fragte Peglow. «Was ist, wenn Eltern Canna­bis-Pflan­zen im Haus haben — wie wird sicher­ge­stellt, dass Kinder und Jugend­li­che dazu keinen Zugang haben? Wie wird generell Jugend­schutz garantiert?»

Illega­le Händler würden sich zuneh­mend auf Jugend­li­che als Kunden konzen­trie­ren, wenn Erwach­se­ne legal kaufen könnten, warnte der BDK-Vorsit­zen­de. «Das sind Dinge, die geklärt werden müssen, bevor ein Gesetz verab­schie­det wird.»