Tom Brady hat den Super Bowl jetzt häufi­ger gewon­nen als jede Mannschaft in der Geschich­te der NFL. Beim 31:9 gegen die Chiefs zeigt der Quarter­back der Bucca­neers seine Quali­tät und gibt danach ein Verspre­chen, das manche als Drohung verste­hen könnten.

TAMPA (dpa) — Innig küsste Football-Legen­de Tom Brady Ehefrau Gisele Bündchen und reckte im Konfet­ti­re­gen mit Tochter Vivian seine siebte Super-Bowl-Trophäe empor.

Fünf Mal wertvolls­ter Spieler im Finale, dazu ältes­ter Champi­on der Geschich­te — trotz aller Rekor­de im größten Einzel­sport­event der Welt hat der Quarter­back-Super­star aber auch mit 43 Jahren noch lange nicht genug. «Wir kommen zurück», rief der erfolg­reichs­te Spieler in der Histo­rie des Ameri­can Footballs nach dem 31:9 der Tampa Bay Bucca­neers gegen die Kansas City Chiefs. Für seine Fans war der Moment mit der Vince Lombar­di Trophy in der Hand ein Verspre­chen — für alle anderen in der Natio­nal Football League musste es wie eine Drohung wirken.

Denn: Wenn auch Patrick Mahomes und die Chiefs Brady auf dem Weg zu immer neuen Gipfeln seiner längst holly­wood-reifen Karrie­re nicht aufhal­ten können, wer soll es dann bitte schön schaf­fen? Trotz seines Status als Rekord­mann war Brady mit den Bucca­neers ja als Außen­sei­ter in den 55. Super Bowl gegan­gen. Zu souve­rän wirkte Titel­ver­tei­di­ger Kansas City, zu modern und varia­bel schien der 18 Jahre jünge­re Mahomes vor dem fünften direk­ten Duell der beiden Spielmacher.

Und dann? Erziel­ten die Chiefs keinen einzi­gen Touch­down, leiste­ten sich unfass­ba­re Fehler und kassier­ten die deutlichs­te Nieder­la­ge in der Ära Mahomes. «Die waren einfach besser als wir. Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll», kommen­tier­te Mahomes mit roten Augen.

Brady dagegen nutzte alle Geschen­ke der Chiefs aus, warf schon in der ersten Halbzeit drei Touch­down-Pässe und führte die Bucca­neers vor 25.000 Zuschau­ern im corona-bedingt nur teilwei­se gefüll­ten Raymon James Stadi­um zu einer histo­ri­schen Premie­re in der Super-Bowl-Ära: Noch nie hatte ein Team den wichtigs­ten Titel im US-Sport im eigenen Stadi­on gewon­nen. «Wenn du so weit kommst, musst du den Job auch erledi­gen. Das haben wir gemacht», sagte Brady. «Das war ein großar­ti­ges Jahr. Ein großar­ti­ges Jahr.»

Sport­ler aus aller Welt gratu­lier­ten, darun­ter NBA-Star LeBron James, Formel-1-Weltmeis­ter Lewis Hamil­ton und Tennis-Ikone Roger Federer, der meinte: «Alter ist nur eine Zahl.» Mit nun sieben Titeln hat Brady mehr als Micha­el Jordan in der NBA-Ära bei den Chica­go Bulls gewin­nen konnte — und mehr als jedes einzel­ne Team in der NFL.

Große Freude hatte Brady auch am Zusam­men­spiel mit seinem Kumpel Rob Gronkow­ski. Bei den New England Patri­ots holten der Tight End und er gemein­sam schon drei Meister­schaf­ten, für Brady kam Gronk, wie der lebens­fro­he Sport­ler von allen genannt wird, aus dem Ruhestand zurück — und fing nun zwei Touch­down­päs­se im Super Bowl. «Gronk ist ein unglaub­li­cher Spieler, Mitspie­ler, Talent», sagte Brady. «Seit er hier ist, hat er alles auf die richti­ge Art und Weise gemacht.»

Allein die Anwesen­heit der Bucca­neers im nur vor der Pause spannen­den Final­spiel der Natio­nal Football League war ja bemer­kens­wert. Brady wechsel­te nach 20 Jahren im Trikot der Patri­ots erst im vergan­ge­nen Sommer nach Flori­da. Die Bucs hatten zwar 2003 schon einmal den Super Bowl gewon­nen, waren vor dieser Saison aber die Mannschaft mit der schlech­tes­ten Siegquo­te aller Teams in einer der großen US-Ligen im Football, Basket­ball, Eisho­ckey oder Baseball. Wegen der Pande­mie gab es zudem kein Trainings­la­ger in der Vorbe­rei­tung, keine Testspie­le — Bradys Beginn im Trikot der Bucs war ein Kaltstart.

Die Ära Brady würde mit vielen Schram­men und unehren­haft zu Ende gehen — das war die vorherr­schen­de Meinung unter den vielen Exper­ten. Abstim­mungs­schwie­rig­kei­ten mit seinen Mitspie­lern führten dann auch zu peinli­chen Fehlpäs­sen und Nieder­la­gen. Beim 24:27 im Novem­ber mussten sich die Bucs von den Chiefs lange vorfüh­ren lassen.

Die Nieder­la­ge in der Haupt­run­de markier­te für die Bucs aller­dings auch einen Wende­punkt. Seither hat das Team alle Spiele gewon­nen. Brady hatte aus den Bucca­neers bis zum Super Bowl eine Truppe gemacht, die Gewin­nen für möglich, für wahrschein­lich hielt. «Alles, was es gebraucht hat, war einen Mann», beschrieb Bucs-Coach Bruce Arians (68), der nun ältes­te Meister­trai­ner der NFL-Histo­rie, den enormen Einfluss Bradys auf die Menta­li­tät der ganzen Organisation.

Mindes­tens ein weite­res Jahr haben die Bucca­neers nun noch mit Brady, dessen Vertrag auch für die kommen­de Saison gilt. Aller­dings kündig­te er schon vor dem Super Bowl an, dass auch mit 45 Jahren noch nicht Schluss sein muss. Dieses Alter hatte er lange als Ziel genannt. Im Rentner­pa­ra­dies Flori­da gefällt es ihm aber offen­bar so gut, dass er sich eine Fortset­zung vorstel­len kann. Dass er, um Titel zu gewin­nen, seinen ehema­li­gen Patri­ots-Trainer Bill Belichick nicht unbedingt braucht, wie oft unter­stellt wurde, hat er bewie­sen. «Du bist eine Legen­de», sagte Mahomes noch auf dem Spielfeld.