DORTMUND (dpa) — Die Corona-Pande­mie belas­tet seit zwei Jahren auch den Schul­un­ter­richt. Einer Studie zufol­ge leidet die Lesefä­hig­keit darun­ter — bei Viert­kläss­lern in Deutsch­land habe sie sich massiv verschlechtert.

Während der Corona-Pande­mie haben die Lesefä­hig­kei­ten von Viert­kläss­lern in Deutsch­land nach einer neuen Studie gravie­rend abgenommen.

Unter insge­samt fast 4300 getes­te­ten Grund­schü­lern wiesen Kinder der vierten Klassen 2021 nach gut einem Jahr pande­mie­be­ding­ter Einschrän­kun­gen eine «substan­zi­ell gerin­ge­re» Lesekom­pe­tenz auf als Viert­kläss­ler 2016. Dies geht aus einer am Diens­tag veröf­fent­lich­ten reprä­sen­ta­ti­ven Studie des Insti­tuts für Schul­ent­wick­lungs­for­schung der Univer­si­tät Dortmund (IFS) hervor. Im Durch­schnitt fehle den Kindern ein halbes Schuljahr.

Beson­ders kriti­scher Zeitpunkt

Lesekom­pe­tenz — flüssi­ges und sinnerfas­sen­des Lesen — wird zentral in der Grund­schu­le erwor­ben. Sie gilt als Schlüs­sel­qua­li­fi­ka­ti­on für den Bildungs­weg. «Die Ergeb­nis­se sind alarmie­rend», heißt es in der Unter­su­chung. Die vierten Klassen sind wegen des bevor­ste­hen­den Wechsels an die weiter­füh­ren­den Schulen ein beson­ders kriti­scher Zeitpunkt.

Nach häufi­gen Wechseln zwischen Distanz- und Präsenz­ler­nen und Unter­richts­aus­fäl­len stell­te das Forscher­team Leistungs­ab­fäl­le durch­gän­gig bei allen Gruppen unter den Viert­kläss­lern fest. Demnach sank der Anteil der starken und sehr starken Leser von 44 Prozent (2016) auf 37 Prozent. 28 Prozent können nur schwach oder sehr schwach lesen — fünf Jahre zuvor waren das mit 22 Prozent deutlich weniger.

Mädchen schnei­den vor Jungen ab

Mädchen lesen im Mittel weiter­hin besser als Jungen. Bei beiden seien die negati­ven Effek­te der Pande­mie in etwa dem gleichen Ausmaß festge­stellt worden, heißt es. Zwischen Kindern mit und ohne Migra­ti­ons­hin­ter­grund wurde der ohnehin bestehen­de erheb­li­che Unter­schied tenden­zi­ell noch größer. Und Viert­kläss­ler mit ungüns­ti­gen Lernbe­din­gun­gen — kein eigener Schreib­tisch, kein zuver­läs­si­ges Inter­net — verlie­ren den Angaben zufol­ge noch stärker als Kinder mit günsti­gen Bedingungen.

Für die Studie waren Daten von insge­samt 4290 Viert­kläss­lern an 111 Schulen aus ganz Deutsch­land ausge­wer­tet worden. Davon hatten 2208 Schüler 2016 den standar­di­sier­ten Lesekom­pe­tenz­test IGLU bearbei­tet. Im Frühsom­mer 2021, nach gut einem Jahr Lernen unter pande­mie­be­ding­ten Einschrän­kun­gen, waren es 2082 Viert­kläss­ler, die mit dem Test der Inter­na­tio­na­len Grund­schul-Lese-Unter­su­chung (IGLU) unter­sucht wurden. Es handelt sich nach IFS-Angaben um die ersten wissen­schaft­lich reprä­sen­ta­ti­ven Daten zum Stand der Lesekom­pe­tenz von Viert­kläss­lern vor und während der Pandemie.