Wie kommt der Fußball — in den Bundes­li­gen und dann bei der EM auch in Deutsch­land — durch die Pande­mie? Das Profi­ge­schäft verlangt in den nächs­ten Wochen noch mehr Diszi­plin. Sonst droht Ungemach.

FRANKFURT/M. (dpa) — Je näher das Saison­ende rückt und je angespann­ter die Corona-Lage wieder wird, desto größer das Zittern im Profifußball.

Die Quaran­tä­ne-Fälle Karls­ru­her SC und SV Sandhau­sen in der 2. Liga dürften allen eine letzte Warnung sein, die Hygie­ne­maß­nah­men restrik­tiv anzuwen­den. Sonst könnte die Deutsche Fußball Liga und der ganze Betrieb in größte Schwie­rig­kei­ten geraten, die Saison wie geplant abzuwi­ckeln. Immer mehr in den Mittel­punkt rückt die Zuschau­er­de­bat­te um die EM mit dem Stand­ort München.

Die DFL setzte erstmal jeweils zwei Partien von Karls­ru­he und Sandhau­sen ab, da sich beide Teams nach Corona-Fällen in eine 14-tägige häusli­che Isola­ti­on begeben mussten. Dem KSC droht sogar ein Nachspiel: Der stell­ver­tre­ten­de Leiter des Gesund­heits­am­tes Karls­ru­he, Ulrich Wagner, erklär­te im SWR die Entschei­dung der Behör­de so: «Es war relativ einfach zu sagen, dass es Termi­ne gegeben hat, an denen das ganze Team teilge­nom­men hat — und auch in einer Form, in der man sagen muss: ohne Schutz.»

Die DFL hatte die 36 Profi­clubs längst noch einmal zur strik­ten Einhal­tung der Regeln aufge­for­dert und diese Woche verpflich­ten­de Trainings­la­ger-Quaran­tä­nen für alle Mannschaft ausdrück­lich nicht ausge­schlos­sen. Verstö­ße wie die von Borus­sia Dortmund, deren Profis im Mannschafts­bus ohne Abstand und ohne Mund-Nasen-Schutz gefei­ert hatten, bestraf­te die DFL bisher mit Geldbu­ßen. Bei nachweis­lich massi­vem Fehlver­hal­ten und wenn es keine Nachhol­spiel­mög­lich­kei­ten gibt, könnte die DFL nach dpa-Infor­ma­tio­nen auch ganz andere Banda­gen anlegen — und die ausge­fal­le­nen Partien theore­tisch zuunguns­ten des Vereins werten.

Denn bei weite­ren Spiel­ab­sa­gen würde die Termin­not immer größer. Nach dem Saison­ende folgt ab dem 24. Mai die Woche mit Relega­ti­ons­spie­len und den Europa­po­kal-Finals, ehe am 31. Mai die Abstel­lungs­pflicht für die EM (11. Juni bis 11. Juli) beginnt.

Immer schwie­ri­ger wird die Zuschau­er­fra­ge bei der Europa­meis­ter­schaft: Die spani­sche Stadt Bilbao droht als Spiel­ort wegzu­fal­len. Angesichts der Bedin­gun­gen der Regio­nal­re­gie­rung des Basken­lan­des seien Spiele vor Publi­kum in Bilbao undenk­bar, teilte der spani­sche Verband RFEF mit. Die sieben Forde­run­gen der Behör­den seien bis Juni «unmög­lich zu erfül­len», hieß es.

Offen ist, ob die Europäi­sche Fußball-Union darauf bestehen wird, dass EM-Spiele an den geplan­ten zwölf Spiel­or­ten vor Fans statt­fin­den müssen. UEFA-Präsi­dent Aleksan­der Ceferin hatte am Mittwoch bei Sky gesagt, man müsse sich ansehen, wie die Gesund­heits­si­tua­ti­on ausse­he. «Wenn es die Situa­ti­on erlaubt, erwar­ten wir Zuschau­er», beton­te er.

EM-Spiele in München hält UEFA-Präsi­dent Aleksan­der Ceferin nach einem Treffen mit Bayerns Minis­ter­prä­si­den­ten Markus Söder (CSU) auch unter den schwie­ri­gen Bedin­gun­gen für möglich. «Und ich bin mir auch sicher, dass der Minis­ter­prä­si­dent bemüht ist, dass die EM hier statt­fin­den wird», sagte der Slowe­ne im Pay-TV-Sender Sky.

«Im Moment kann ich mir das ehrlich gesagt nicht vorstel­len mit großar­ti­gen Zuschau­er­zah­len zu operie­ren, es dauert ja nicht mehr lange», sagte Söder wieder­um im Inter­view der RTL/ntv-Redak­ti­on. Wegen der Infek­ti­ons­la­ge in Deutsch­land sind derzeit aber keine Sport­ver­an­stal­tun­gen mit Fans erlaubt.

Hygie­ne-Exper­te Flori­an Kainzin­ger hält Spiele in München mit begrenz­ter Besucher­zahl für möglich. «Wir werden keinen Einstieg von Null auf Hundert finden. Voraus­ge­setzt wir haben zu diesem Zeitpunkt keine drohen­de Überlas­tung unserer Kranken­häu­ser, wäre es ein sinnvol­ler Ansatz bei den EM-Zuschau­ern, sich erstmal auf lokales Publi­kum zu begren­zen und keinen Global-Touris­mus auszu­lö­sen. So ähnlich wie das Tokio bei den Olympi­schen Spielen machen will», sagte der Gesund­heits­öko­nom am Donners­tag der Deutschen Presse-Agentur.

Der 38-Jähri­ge ist Mitglied der «Task Force Sportmedizin/Sonderspielbetrieb im Profi­fuß­ball», war beim Hygie­ne­kon­zept für die Basket­ball-Bundes­li­ga feder­füh­rend und koordi­niert eine Initia­ti­ve der großen deutschen Sport­ver­bän­de und Kultur­ver­an­stal­ter zur Rückkehr von Zuschauern.

«Es geht unter anderem um die Frage: Können Geimpf­te auch ohne Tests rein — was ich sehr unter­stüt­ze. Dazu kommt ja, dass wir bis Sommer nochmal etwa 20 bis 30 weite­re Prozent in der Bevöl­ke­rung geimpft haben werden», sagte Kainzin­ger weiter.

München hatte mitge­teilt, «weiter­hin mit verschie­de­nen Szena­ri­en, was mögli­che Zuschau­er im Stadi­on betrifft», zu planen. Im Stadi­on des FC Bayern sollen die drei Gruppen­spie­le der deutschen Natio­nal­mann­schaft gegen Weltmeis­ter Frank­reich (15. Juni), Europa­meis­ter Portu­gal (19. Juni) und Ungarn (23. Juni) sowie ein Viertel­fi­na­le (2. Juli) ausge­rich­tet werden.

Von Ulrike John, dpa