RAVENSBURG (dpa/lsw) — Eine Stadt will ihre Klinik priva­ti­sie­ren und aus den roten Zahlen holen. Am Ende stehen Schul­den von rund 18 Millio­nen Euro. Mit der Einstel­lung des Verfah­rens gegen einen Ex-Kämme­rer bleibt der Skandal für die Verant­wort­li­chen nun wohl ohne straf­recht­li­che Folgen.

Der vorerst letzte Prozess nach dem Finanz­skan­dal um eine Klinik in Oberschwa­ben ist am Ravens­bur­ger Landge­richt ohne Urteil zu Ende gegan­gen. Staats­an­walt­schaft und Vertei­di­gung hätten sich auf Vorschlag des Gerichts hin auf eine Einstel­lung des Verfah­rens gegen den ehema­li­gen Kämme­rer der Stadt Weingar­ten geeinigt, sagte der Vorsit­zen­de Richter Veiko Böhm bei der Verhand­lung am Montag. Damit bleibt dem amtie­ren­den Oberbür­ger­meis­ter Markus Ewald (partei­los) eine Aussa­ge als Zeuge vor Gericht erspart.

Im Mittel­punkt des Verfah­rens stand die Frage, ob der Ex-Kämme­rer durch sein Verhal­ten rund um die Priva­ti­sie­rung der Klinik «14 Nothel­fer» im Jahr 2007 der Stadt vorsätz­lich gescha­det hatte. Die Staats­an­walt­schaft hatte ihm unter anderem vorge­wor­fen, er habe den Oberbür­ger­meis­ter nicht recht­zei­tig über die Beibe­hal­tung einer Sonder­kas­se infor­miert, über welche die priva­ti­sier­te Klinik weiter Zugriff auf Geld der Stadt hatte. Bis zum Jahr 2013 häufte das defizi­tä­re Kranken­haus Schul­den von rund 18 Millio­nen Euro an.

Die Staats­an­walt­schaft hatte den pensio­nier­ten Verwal­tungs­be­am­ten wegen Untreue in einem beson­ders schwe­ren Fall angeklagt. Bei einer Verur­tei­lung auf dieser Grund­la­ge hätten dem heute 74-Jähri­gen bis zu zehn Jahre Haft gedroht.

Doch schon zum Prozess­auf­takt hatte Vorsit­zen­der Richter Böhm für eine Einstel­lung des Verfah­rens gegen Aufla­gen gewor­ben. Die Vorgän­ge zwischen 2007 und 2014 heute aufzu­klä­ren, werde schwie­rig. Einiges könne zudem während des monate­lan­gen Verfah­rens verjäh­ren. Böhm beton­te auch, dem Ex-Kämme­rer Vorsatz nachzu­wei­sen, schei­ne «sehr fragwür­dig angesichts der Akten­la­ge». Die Staats­an­walt­schaft hatte sich auf den Vorschlag zunächst aber nicht eingelassen.

Erst bei der Verhand­lung am Montag folgte nach nicht-öffent­li­chen Beratun­gen die Kehrt­wen­de: Die Staats­an­walt­schaft Ravens­burg stimm­te letzt­lich sogar einer Einstel­lung des Verfah­rens ohne Aufla­gen zu.

Eine Spreche­rin der Behör­de sagte am Montag, man habe anfangs «eine zumin­dest teilwei­se Durch­füh­rung der Beweis­auf­nah­me» für nötig gehal­ten. Dabei sei die Staats­an­walt­schaft aber zu der Ansicht gelangt, dass sich dem Ex-Kämme­rer wohl kein Vorsatz nachwei­sen lasse. Die Einstel­lung des Verfah­rens sei deshalb «sachge­recht». Die Vertei­di­gung sprach von einem «vernünf­ti­gen Ergebnis».

Dem Oberbür­ger­meis­ter der Stadt Weingar­ten, Markus Ewald (partei­los), blieb damit eine Aussa­ge als Zeuge vor Gericht ebenso erspart wie dem Ex-Geschäfts­füh­rer der Klinik und dem CDU-Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ten Axel Müller als ehema­li­gem Mitglied des Kranken­haus-Aufsichts­ra­tes. Gegen Ewald und den Ex-Klinik-Geschäfts­füh­rer war wegen des Finanz­skan­dals in den vergan­ge­nen Jahren zwischen­zeit­lich ermit­telt worden, zu einer Verur­tei­lung kam es in beiden Fällen aber nicht.

Damit ist das nach Angaben der Ravens­bur­ger Staats­an­walt­schaft letzte aktuel­le Verfah­ren der Behör­de zur Aufar­bei­tung der Vorgän­ge um die Priva­ti­sie­rung der Klinik in Weingar­ten beendet. Oberbür­ger­meis­ter Ewald beton­te am Montag, die Einstel­lung des Verfah­rens sei der «Abschluss dieses neun Jahre alten Projekts». Bewer­ten wolle er dies nicht: «Ich war ja beim Prozess nicht dabei.»