RAVENSBURG – Der Obermeis­ter der Elektro-Innung Ravens­burg, Armin Jöchle, begrüß­te am Freitag­abend die Mitglie­der im erst in diesem Jahr neu eröff­ne­ten Hotel Kaiser­hof in Ravens­burg zur diesjäh­ri­gen festli­chen Herbstversammlung.

„Trotz einer gegen­wär­tig noch halbwegs stabi­len Branchen­kon­junk­tur auf hohem Niveau, aktuell starker Auftrags­la­ge, ziehen so langsam düste­re Wolken am Himmel auf, obgleich wir die Auswir­kun­gen der Corona-Pande­mie noch immer spüren“, so begann Armin Jöchle seine Begrüßung. 

Neben der Pande­mie muss sich die Branche jetzt noch mit den geopo­li­ti­schen Konflikt­her­den, und die mitten in Europa, beschäf­ti­gen. Die Folgen sind, dass die Energie­prei­se in die Decke schie­ßen, der Ruf nach regene­ra­ti­ver Energie­ge­win­nung noch lauter wird und vor allem wächst der Drang sich von Öl- und Gasim­por­ten unabhän­gi­ger zu machen.

Dazu steigen paral­lel die Zinsen in einem Tempo, dass man so schon lange nicht mehr gesehen hat. Inzwi­schen müssen Bauher­ren rund viermal so viel berap­pen, als noch zum Jahres­wech­sel. Die Materi­al­prei­se steigen dynamisch, ganz zu schwei­gen von den brüchi­gen Liefer­ket­ten. Darüber hinaus steigt die Infla­ti­ons­ra­te auf immer schwin­del­erre­gen­de­re Höhen, aktuell liegt sie schon bei rund 10 Prozent. Rahmen­be­din­gun­gen also, die nicht unbedingt Gutes verheißen.

„Zum Glück sind wir im E‑Handwerk in der richti­gen Branche unter­wegs und ich bin zuver­sicht­lich, dass wir auch diese Krise erfolg­reich meistern werden“, so die Einschät­zung des Obermeisters.

Als Festred­ner des Abends begrüß­te Jöchle dann den Haupt­ge­schäfts­füh­rer des Baden-Württem­ber­gi­schen Handwerks­ta­ges Peter Haas.

In seinem Vortrag „Handwerk Baden-Württem­berg – wie golden ist der Boden wirklich“, ging Haas auf die aktuel­le Lage der Branche ein und gab einen Ausblick auf die Zukunft.

„Das Elektro-Handwerk liegt mir ganz beson­ders am Herzen, weil es sehr engagiert und gut organi­siert ist“, so begann Haas seine Ausführungen.

Auf der positi­ven Seite steht, dass es ohne Handwerk keine Digita­li­sie­rung, keinen Klima­schutz und keine Energie­wen­de gibt. Auch bei seiner sponta­nen Frage an die Gäste, wie golden der Boden für das Handwerk noch ist, gab es spontan per Handzei­chen eine deutli­che Mehrheit für eine positi­ve Einschätzung.

„Es kommt darauf an“, so darauf die Antwort von Peter Haas. Weil es im Handwerk keinen Lockdown gab, konnte man die Corona-Krise gut überle­ben, Klima­schutz und Energie­wen­de nahmen weiter Fahrt auf. Das war aller­dings nur bis zum 24. Febru­ar dieses Jahrs der Fall.

Seit acht Monaten ist das alles eine andere Sache, die alle Menschen und alle Betrie­be gleicher­ma­ßen betrifft. Krieg, hohe Energie­prei­se und Infla­ti­on sind schlim­mer als Corona.

Die Schat­ten­sei­ten sind, Wirtschafts­kri­se mit einer sich abzeich­nen­den Rezes­si­on und der Fachkräf­te­man­gel. Die Bauge­neh­mi­gun­gen sind seit August mit neun Prozent im Minus, die Firmen-Insol­ven­zen steigen massiv auf plus 34 Prozent gegen­über dem Vorjahr und es gibt weniger Auftrags­ein­gän­ge. Nur noch 59 Prozent der Betrie­be schät­zen ihre wirtschaft­li­che Lage als gut ein, vor Corona waren dies noch 75 Prozent.

In der aktuel­len Lage ist es für Peter Haas eine Frage der Haltung. „Wenn Schat­ten ist, dann muss man das Licht anmachen“, so sein eindring­li­cher Appell für die aktuel­le Lage.

In Bezug auf den Fachkräf­te­man­gel sieht Haas das Elektro-Handwerk mit aktuell vielen neuen Ausbil­dungs­ver­trä­gen gut aufgestellt.

Als Lobby­ist für das Handwerk, angesichts sieben Mal mehr Studie­ren­den als Handwerks Azubis in Baden-Württem­berg, sieht Peter Haas dringen­den Handlungs­be­darf für eine Bildungs­wen­de. „Es ist Zeit für grund­sätz­li­che Änderun­gen, wie Schule auf den Beruf vorbe­rei­tet“, so sein Anlie­gen. Mittels Lehrer­fort­bil­dun­gen muss man künftig das Handwerk bei Lehrern und Eltern von den negati­ven Klischees befrei­en und insbe­son­de­re an den Gymna­si­en mehr Berufs­ori­en­tie­rung anbieten. 

Trotz Licht- und Schat­ten­sei­ten blickt Haas aber positiv in die Zukunft. „Krisen kommen, Krisen gehen, das Handwerk bleibt. Es heißt nicht umsonst, dass man es meistert“, so sein Schluss­wort an die Gäste.

Verdien­te Mitglie­der der Innung wurden im Anschluss von den Ehren­ober­meis­tern Wilhelm Stotz und Albert Volkwein geehrt. Sabine Breit­in­ger, Harald Reder und Thomas Giray erhiel­ten die Ehren­na­del in Bronze. Eberhard Schön und Walter Amann erhiel­ten eine Ehren­ur­kun­de der Handwerks­kam­mer Ulm. 

Paolo Di Fonzo die Ehren­na­deln in Platin des Fachver­bands Elektro- und Infor­ma­ti­ons­tech­nik Baden-Württem­berg und eine Ehren­ur­kun­de der Handwerks­kam­mer Ulm. Er ist seit 1986 Arbeit­ge­ber­bei­sit­zer sowie seit 01.09.2002 Vorsit­zen­der der Gesellenprüfungskommission.
Beim anschlie­ßen­den gemein­sa­men Abend­essen wurde dann noch ein reger Austausch zwischen den anwesen­den Betrie­ben gepflegt.