Noch ist die Stimmungs­la­ge rund um die Fußball-Natio­nal­mann­schaft angespannt. Vor dem Nations-League-Spiel gegen die Ukrai­ne vermei­det der Bundes­trai­ner daher den Blick weit nach vorne. Erst soll mit Hilfe des wieder verein­ten Turbo-Trios ein wichti­ger Sieg gelingen.

«Ein Sieg am Samstag, das ist der einzi­ge Schritt, den ich machen will», sagte der Bundes­trai­ner vor der Partie gegen die Ukrai­ne (20.45 Uhr/ZDF). Mit Rekord­mann Manuel Neuer und der Power seines wieder verein­ten Turbo-Sturms mit Leroy Sané, Serge Gnabry und Leipzig-Rückkeh­rer Timo Werner soll der Fußball-Natio­nal­mann­schaft nach den schwie­ri­gen Wochen vor allem ein Konso­li­die­rungs­schritt gelin­gen. Erst dann will sich Löw dem erhoff­ten Showdown am Diens­tag in Sevil­la gegen Spani­en widmen.

Löw weiß genau, dass ein Ausrut­scher gegen die gerne unter­schätz­ten Ukrai­ner nach dem 1:0 im Test gegen Tsche­chi­en die Großwet­ter­la­ge um das DFB-Team gleich wieder massiv verschlech­tern würde. Die von ihm schon sieben Monate vor dem Turnier­start ausge­ru­fe­ne EM-Vorbe­rei­tung soll auf keinen Fall mit einem Fehltritt begin­nen. «Die Mannschaft muss an die Grenzen gehen, gute Lösun­gen parat haben, wenn wir das Spiel auf unsere Seite ziehen wollen», mahnte und forder­te Löw.

Als hilfreich wird sich die gute Laune erwei­sen, die Werner nach vier Tagen bei der Freun­din in Dresden am Freitag versprüh­te. Wie ein zweiter «Sommer­ur­laub» habe sich das angefühlt, berich­te­te der ehema­li­ge RB-Stürmer und jetzi­ge Chelsea-Angrei­fer bei der ersten Rückkehr nach Leipzig. «Wenn man an einem Wettbe­werb teilnimmt, will man gewin­nen und Erster werden. Das bringt jedem Einzel­nen in der Vita nicht den großen Schritt, aber es ist ein Erfolg, der die Mannschaft zusam­men­schweißt», sagte der 24-Jährige.

Erstmals seit zwei Jahren beim 2:2 zum Abschluss der ersten Aufla­ge der Nations League gegen die Nieder­lan­de wird Werner wieder beim Anpfiff mit den Münch­nern Gnabry und Sané den DFB-Angriff bilden. Im fußball­trü­ben Novem­ber 2018 war die Blitz-Forma­ti­on Löws erster mutiger Schritt zu einem grund­le­gen­den Umbruch nach dem WM-Desas­ter. «Sie sind alle weit vorne, was Geschwin­dig­keit betrifft», sagte Löw. «Wenn sie die richtig einset­zen, sind sie brand­ge­fähr­lich», sagte der DFB-Chefcoach über das nach Verlet­zun­gen nun wieder verein­te Trio.

Werner findet die Konstel­la­ti­on mit dem Bayern-Duo ideal. Die neuere Ausrich­tung auf ein schnel­les Umschalt­spiel sei eine Taktik, «in die wir drei gut reinpas­sen», meinte er. Ob nun Turbo- oder Moped-Sturm der passen­de Spitz­na­me ist, sei ihm dabei egal. «Ich weiß nicht, ob wir Mopeds sind. Auf jeden Fall sind wir sehr schnell!»

In der Abwehr kann Löw mit seinem Defen­siv-Chef Niklas Süle planen. Nach seiner Corona-Quaran­tä­ne ist der 25-Jähri­ge wieder fit. «Er hat die hohe Belas­tung gut überstan­den», berich­te­te Löw nach Gesprä­chen mit Vereins­coach Hansi Flick und den Medizi­nern sowie positi­ven Trainings­ein­drü­cken in München und am Donners­tag­abend in Leipzig.

Das schnel­le Süle-Comeback ist für den Bundes­trai­ner wichtig. Mit Matthi­as Ginter und Antonio Rüdiger kann er gegen die Ukrai­ne seine gewünsch­te Ideal-Forma­ti­on für eine Dreier­ket­te einem echten EM-Test unter­zie­hen. Alle drei müssen aber Obacht geben: Weite­re Gelbe Karten würden eine Sperre gegen Spani­en nach sich ziehen.

Torwart Neuer sichert sich in Leipzig einen Eintrag in die DFB-Geschichts­bü­cher. Mit seinem 95. Länder­spiel zieht er mit Rekord­mann Sepp Maier gleich. «Rekord-Natio­nal­tor­hü­ter im Torhü­ter­land Deutsch­land — das ist eine beson­de­re Leistung», rühmte Löw seinen Kapitän. Auch der einge­hol­te Maier sieht die beson­de­ren Fähig­kei­ten seines Nachfol­gers. «Manuel Neuer wird bestimmt über 120 Länder­spie­le bestrei­ten», sagte der Weltmeis­ter von 1974.

Auch wenn Löw über den mögli­chen Gruppen­sieg in der Nations League noch nicht sprechen will sind die sport­li­chen Aussich­ten in dem Wettbe­werb im Gegen­satz zur Premie­ren-Veran­stal­tung vor zwei Jahren bestens. Siege gegen die Ukrai­ne und Spani­en bräch­ten in jedem Fall das Ticket für das Final-Four-Turnier im Oktober 2021. Noch führen die Spani­er die Gruppe mit sieben Zählern vor Deutsch­land und der Ukrai­ne (je 6) an. Die Schweiz ist (2) abgeschla­gen. «Wir wollen die Gruppe gewin­nen und bei der EM so weit kommen wie möglich», sagte Werner. Löw wird ihn für so viel Optimis­mus sicher nicht abbügeln.

Die voraus­sicht­li­chen Aufstellungen:

Deutsch­land: Neuer (Bayern München/34 Jahre/94 Länder­spie­le) — Ginter (Borus­sia Mönchengladbach/26/33), Süle (Bayern München/25/27), Rüdiger (FC Chelsea/27/36) — Henrichs (RB Leipzig/23/4), Goretz­ka (Bayern München/25/27), Gündo­gan (Manches­ter City/30/40), Max (PSV Eindhoven/27/1) — Gnabry (Bayern München/25/15), Werner (FC Chelsea/24/33), Sané (Bayern München/24/23)

Ukrai­ne: Pjatow (Schacht­jar Donezk/36/95) — Konoplja (Desna Tschernihiw/21/2), Matwi­jen­ko (Schacht­jar Donezk/24/29), Kriwtsow (Schacht­jar Donezk/29/19), Michailt­schen­ko (RSC Anderlecht/23/4) — Sintschen­ko (Manches­ter City/23/34), Makaren­ko (KV Kortrijk/29/8), Kowalen­ko (Schacht­jor Donezk/24/30) — Subkow (Feren­cvá­ros Budapest/24/3), Jaremt­schuk (KAA Gent/24/18), Jarmo­len­ko (West Ham United/31/92)

Schieds­rich­ter: Hategan (Rumäni­en)