Frank­reichs Staats­chef Macron zieht wegen der zweiten Corona-Welle die Notbrem­se. Die Franzo­sen müssen wieder neue Einschrän­kun­gen hinneh­men — und können sich nicht mehr frei bewegen. Gelingt im Novem­ber eine Trendumkehr?

Der 42-Jähri­ge machte deutlich, dass die Beschrän­kun­gen weniger streng sind als im Frühjahr, als das öffent­li­che Leben des Landes weitge­hend lahmge­legt wurde. So sollen die Schulen geöff­net bleiben. Bars, Restau­rants und «nicht unent­behr­li­che Geschäf­te» müssen jedoch schlie­ßen. Die im Frühjahr üblichen Ausgangs­be­schei­ni­gun­gen für Bürger sollen wieder­kom­men. Auch Reisen in andere Regio­nen des Landes sind nicht ohne Weite­res möglich — für die Rückkehr aus den Herbst­fe­ri­en soll es am Wochen­en­de aber Ausnah­men geben.

Die Menschen sollen weiter arbei­ten können, dabei hat die Heimar­beit Priori­tät. Die Maßnah­men sind zunächst bis zum 1. Dezem­ber befris­tet. «Bleiben Sie so weit wie möglich zu Hause. Respek­tie­ren Sie die Regeln», appel­lier­te Macron an seine Lands­leu­te. Er benutz­te im Franzö­si­schen den Ausdruck «confi­ne­ment», was man auch mit Lockdown übersetzt werden kann.

Macron machte deutlich, dass die Lage drama­tisch ist. «Wir werden von der Beschleu­ni­gung der Epide­mie überrollt», sagte er. Die Entwick­lung trifft auch andere europäi­sche Länder. Er kündig­te für Donners­tag eine Debat­te und eine Abstim­mung im Parla­ment an.

Die neuen Einschrän­kun­gen treffen die rund 67 Millio­nen Franzo­sen nicht unerwar­tet. Regie­rungs­spre­cher Gabri­el Attal hatte bereits vor der Rede des Staats­chefs eine «neue Etappe» in Aussicht gestellt. «Die zweite Welle ist da», sagte der Sprecher nach einer Kabinetts­sit­zung. Es müsse alles getan werden, um nicht von dieser Welle überrollt zu werden. Macron beriet zudem zwei Mal inner­halb von zwei Tagen in einem natio­na­len Sicher­heits­rat über die Corona-Lage.

Bisher gilt eine nächt­li­che Ausgangs­sper­re für rund zwei Drittel der Einwoh­ner, also rund 46 Millio­nen Menschen. Die Corona-Lage verschlech­tert sich in dem Land seit Wochen drama­tisch. Zuletzt wurden inner­halb von 24 Stunden über 36.400 Neuin­fek­tio­nen gezählt.

Die Anzahl der mit dem Corona­vi­rus in Verbin­dung gebrach­ten Todes­fäl­le stieg deutlich — am Diens­tag­abend melde­ten die Behör­den 523. Damit wurde wieder das hohe Niveau vom April erreicht. Am Mittwoch­abend sprachen die Behör­den von 244 Toten, die Gesamt­zahl liegt nun bei fast 35.800.

Sprecher Attal sagte, auf den Inten­siv­sta­tio­nen der Kranken­häu­ser drohe in zwei Wochen eine ähnli­che Lage wie beim Höhepunkt der ersten Epide­mie-Welle im Frühjahr. Damals zählten die Ausgangs­be­schrän­kun­gen in Frank­reich zu den strengs­ten in Europa, Schulen waren geschlossen.

Der Staats­chef hatte sich erst vor zwei Wochen an die Bürger gewandt. Er kündig­te damals nächt­li­che Ausgangs­sper­ren für Paris und weite­re Ballungs­räu­me an.

Später dehnte die Mitte-Regie­rung von Premier­mi­nis­ter Jean Castex die Beschrän­kun­gen auf 54 Dépar­te­ments und das Übersee­ge­biet Franzö­sisch-Polyne­si­en aus. Aus der Opposi­ti­on kam Kritik am Krisen­ma­nage­ment der Regie­rung. Er habe den Eindruck einer «ständi­gen Impro­vi­sa­ti­on», schrieb der einfluss­rei­che konser­va­ti­ve Abgeord­ne­te Éric Ciotti auf den Kurznach­rich­ten­dienst Twitter.